Telemedizin-Projekt in der Apotheke |
Alexander Müller |
29.03.2025 07:54 Uhr |
Videosprechstunde in der Apotheke – in Berlin startet ein Pilotprojekt. / © PZ / Privat
Die Medios-Apotheke von Anike Oleski will ein solches Modell in der Praxis testen und hat am gestrigen Freitag mit mehreren Partnern ein Pilotprojekt gestartet: Die Technik liefert der Telemedizin-Anbieter Arztkonsultation, der nach eigenen Angaben schon mehr als 1,9 Millionen Videosprechstunden durchgeführt und über 8000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer hat. Die Anbindung zur Telematikinfrastruktur liefert der Anbieter eHealth-Connect, der auch bei der Entwicklung von E-Rezept-Lösungen beteiligt war. Das kleine »Behandlungszimmer« kommt von Medivise. Diese »Gesundheitsbox« kann auch in Notfallambulanzen eingesetzt werden und dort die Patientensteuerung erleichtern.
Beim Pilotprojekt in der Apotheke muss der Versicherte zunächst seine Elektronische Gesundheitskarte (EGK) stecken und in der Onlinepraxis einchecken. Anhand seiner Angaben wird überprüft, ob es sich überhaupt um einen für die Telemedizin geeigneten Fall handelt. Ansonsten kann das vorab geschulte Apothekenteam den Patienten gleich an eine Praxis oder Notfallstelle verweisen.
Kommt eine Videosprechstunde in Frage, geht es in die räumlich getrennte Gesundheitsbox und der Kontakt zum Arzt oder zur Ärztin wird hergestellt. Dabei kann es sich um eine Praxis aus dem Umfeld handeln oder der Pool eines MVZ mit entsprechendem Angebot wird angezapft. Für den Patienten ist es wie eine offene Sprechstunde in einer Gemeinschaftspraxis. Weil alle Daten schon vorab eingegeben und sortiert sind, sei das eigentliche Behandlungsgespräch strukturierter und im Durchschnitt konzentrierter als in einer Praxis vor Ort, berichtet Jan Zeggel vom Anbieter Arztkonsultation.
Je nach Verlauf des Behandlungsgesprächs kann die Ärztin oder der Arzt direkt ein E-Rezept auf den Fachdienst hochladen, das sofort in der Apotheke eingelöst werden kann. Im direkten Dialog der Heilberufe kann sogar die Verfügbarkeit schon abgeklärt und bei der Verordnung berücksichtigt werden. Überhaupt können Apothekerinnen und Apotheker vor Ort den Patienten im Prozess begleiten, sofern dieser das wünscht.
Die Medios-Apotheke im Zentrum Berlins hat einen besonderen Anwendungsfall für die Videosprechstunde: Die Apotheke hat 24 Stunden am Tag geöffnet und entsprechend oft Kunden außerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen. Doch auch im ländlichen Raum mit dem rasant fortschreitenden Ärztemangel könnte der Bedarf für solche assistierte Telemedizin-Angebote hoch sein.
Die angehenden Koalitionäre von Union und SPD scheinen auch in diese Richtung zu denken: »Die Vor-Ort-Apotheken sind häufig erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung«, schreiben die Unterhändler der AG Gesundheit in ihr Ergebnispaper. Und an anderer Stelle: »Zudem schaffen wir die flächendeckende Möglichkeit einer strukturierten Ersteinschätzung über digitale Wege in Verbindung mit Telemedizin.« Und abschließend heißt es im Absatz über Apotheken: »Den Apothekerberuf entwickeln wir zu einem Heilberuf weiter.«
Den berufspolitischen Segen hat das Pilotprojekt der Medios-Apotheke gestern auch schon bekommen. ABDA-Vizepräsidentin Ina Lucas war bei der Präsentation dabei und unterstützt die Idee. Die Kolleginnen und Kollegen in den Apotheken seien prädestiniert, die Patientensteuerung zu übernehmen und mit der eigenen Expertise notfalls im Gesundheitssystem zu »eskalieren«. Gleichzeitig ließen sich viele Bagatellfälle schnell und unkompliziert versorgen, was zu einer enormen Entlastung führen werde.
Zusätzlicher Aufwand entsteht dagegen in der Apotheke. Apothekerin Oleski nimmt das zunächst in Kauf – aus Überzeugung für das Projekt. Doch natürlich hofft die Inhaberin darauf, dass die assistierte Telemedizin bald angemessen vergütet wird.
Die Entscheidung könnte schon am kommenden Montag fallen. Denn bis zum 31. März sollen sich der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) und der Deutsche Apothekerverband (DAV) über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Vergütungsregelungen für assistierte Telemedizin in Apotheken einigen.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) würde offenbar gern schnell mit der Umsetzung beginnen. »So können dann etwa Patientinnen und Patienten in Apotheken zu ambulanten telemedizinischen Leistungen beraten und bei der Inanspruchnahme angeleitet werden. Außerdem können dann Patientinnen und Patienten in den Apotheken bei der Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben während einer ärztlichen telemedizinischen Leistung unterstützt werden«, heißt es aus dem BMG.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.