Teildienst-Lösung gegen Notdienst-Problem |
Melanie Höhn |
12.02.2025 12:30 Uhr |
Inzwischen muss jede Apotheke in Gelsenkirchen 15 Notdienste im Jahr ableisten, das ist mehr als einer im Monat. / © IMAGO/Michael Gstettenbauer
Die Zahl der Apotheken hat sich in Gelsenkirchen in den vergangenen 15 Jahren um ein Drittel verringert – das bedeutet auch, dass immer weniger Apotheken die regelmäßigen Notdienste schultern müssen. Inzwischen muss jede Apotheke dort 15 Notdienste im Jahr ableisten, also mehr als einer im Monat. »Das ist zu viel«, sagte Christian Schreiner, Inhaber der Buerschen Falken-Apotheke, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ).
Werktags würde die Apotheke normalerweise bis etwa 23 Uhr um die 20 Kundinnen und Kunden verzeichnen, in der Zeit bis 9 Uhr seien es dann um die sechs. Doch es gebe auch Notdienste mit Anfragen zu Medikamenten in dreistelliger Höhe. Immer öfter seien die Nachfragen jedoch keine Notfälle. »Seit ein paar Jahren werden unsere Notdienste zunehmend als erweiterte Öffnungszeiten missverstanden«, so Schreiner. Nachts gebe es beispielsweise Anfragen zu Nasenspray oder zu Impfberatungen. »Ich erinnere mich an einen Extremfall, bei dem jemand um 1.30 Uhr ein Badethermometer kaufen wollte. Und dann gibt es auch noch Diskussionen über die Notdienstgebühr von 2,50 Euro«.
Schreiner fühlt sich als Lückenbüßer, weil viele Notdienst-Kunden sich sonst über Online-Apotheken versorgen würden, die die lukrativen Regelversorgungs-Aufträge bekommen. Definitiv sei inzwischen das wirtschaftliche Risiko bei niedergelassenen Apothekerinnen und Apothekern zu groß und die Arbeit nicht mehr rentabel.
Seine Idee zur Änderung des Notdienstplans ist eine Teildienst-Lösung: Nicht alle Apotheken in mehreren Städten müssten rund um die Uhr Notdienst anbieten, sondern nur nur einige, die vorher festgelegt werden. »Die übrigen Notdienst-Apotheken könnten etwa nur bis 22 oder 23 Uhr öffnen«, erklärte Schreiner der WAZ.
Doch Sebastian Sokolowski, Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, schätzt diese Vorschläge als unwahrscheinlich ein. 15 Notdienste im Jahr sind seiner Meinung nach »zumutbar«. Es gelte jedoch die Vorgabe, dass der Abstand zur nächsten Notdienst-Apotheke vom geografischen Mittelpunkt einer Stadt nur acht Kilometer betragen dürfe. Zudem müsse das »Bedürfnis nach Arbeitsentlastung« gegenüber der vorgeschriebenen Versorgung mit Arzneimitteln abgewogen werden. Er fürchtet, dass mit einer Teildienst-Lösung weitere Wege auf Patientinnen und Patienten zukommen – vor allem Familien ohne Auto hätten dann ein Problem, die vergleichsweise oft Apotheken-Notdienste in Anspruch nehmen müssten.
Auf Nachfrage der PZ erklärte Sokolowski, dass die Kammer seit 2012 eine IT-gestützte Gesamtplanung durchführe, die seit Inkrafttreten die Gesamtzahl der Notdienste deutlich reduziert habe – von 45.000 auf 25.000 pro Jahr. »Auch wenn die Belastung je Apotheke aufgrund der sinkenden Apothekenzahlen Jahr für Jahr wieder leicht ansteigt, liegt die Belastung immer noch deutlich niedriger als 2012«, so Sokolowski. Zudem sei inzwischen die Notdienstpauschale als strukturstärkende Komponente eingeführt werden. Weitere deutliche Reduzierungen würden dazu führen, dass einzelne Dienste mit Hunderten von Patientinnen und Patienten nur noch schwer abzuleisten seien. »Unser jetziges IT-System ist nicht auf Teildienste ausgelegt, für die es auch noch keine gesetzliche Grundlage gibt«, erklärte er. Daher müsse das Ganze jetzt erst einmal in die Gremien, weshalb die Anregung «nicht auf Knopfdruck« umgesetzt werden könne. Zudem bewerte die Kollegenschaft die Sachlage ganz unterschiedlich.