Tastuntersuchung der Prostata versagt bei jungen Männern |
Annette Rößler |
10.10.2023 16:00 Uhr |
Eine Krebsgeschwulst in der Prostata kann unter Umständen mit dem Finger durch den Enddarm ertastet werden. Zumindest bei jungen Männern ist diese Untersuchung aber laut einer Analyse sehr fehleranfällig. / Foto: Adobe Stock/SciePro
»Die rektale Tastuntersuchung ist kein geeigneter Screening-Test auf Prostatakrebs«: Schon mit der Überschrift ihres im Fachjournal »European Urology Oncology« (im Original natürlich auf Englisch) erschienenen Artikels lässt die DKFZ-Arbeitsgruppe um Professor Dr. Peter Albers keinen Zweifel an der Eindeutigkeit ihres Ergebnisses aufkommen. Die Gründe für die eindeutige Negativempfehlung sind eine zu geringe Empfindlichkeit und eine zu hohe Falsch-Positiv-Rate, die die Forschenden im Rahmen der PROBASE-Studie feststellten. Dieses ist eine bevölkerungsbezogene, randomisierte Studie, in der die Wirksamkeit eines risikoangepassten Prostatakrebs-Screenings anhand des Blutwertes des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) untersucht wird.
Für die aktuelle Auswertung wurden 6537 Teilnehmer im Kontrollarm von PROBASE herangezogen, deren PSA-Werte zunächst nicht bestimmt worden waren, die sich jedoch bei Studieneintritt im Alter von 45 Jahren einer rektalen Tastuntersuchung unterzogen hatten. Dabei wurden 57 verdächtige Befunde ermittelt. Bei einer anschließenden Biopsie wurde dann jedoch nur bei drei Männern tatsächlich ein Karzinom gefunden, was einer Detektionsrate von 0,05 Prozent entspricht. Demgegenüber liege die Detektionsrate anhand des PSA-Wertes bei 0,21 Prozent – also viermal höher, berichten die Forschenden.
Auch die Falsch-Negativ-Rate der Tastuntersuchung war deutlich zu hoch: Von den Männern, die ein Prostatakarzinom hatten, das anhand des PSA-Wertes aufgefallen war, hatten 86 Prozent zuvor einen unauffälligen Tastbefund gehabt, obwohl ihre Tumoren zum großen Teil in potenziell zugänglichen Regionen der Prostata lagen.
»Die rektale Tastuntersuchung als Screening-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs kann gleich in zweierlei Richtungen Schaden anrichten«, so Erstautorin Agne Krilaviciute in einer Mitteilung des DKFZ. Teilnehmer mit einem negativen Testergebnis könnten sich in falscher Sicherheit wiegen und durch die hohe Falsch-Positiv-Rate würden viele Männer unnötig in Angst versetzt. Zudem entstünden vermeidbare Kosten für die diagnostische Abklärung des Krebsverdachts.
»Der PSA-Test hat sich in großen randomisierten Studien als eindeutig überlegen erwiesen«, ergänzt Albers. Gerade auch mit Blick auf die geringe Akzeptanz der rektalen Tastuntersuchung würde ein Prostatakrebs-Screening auf der Basis eines PSA-Tests möglicherweise die Teilnahmebereitschaft steigern, so der Studienleiter. Beide Forschenden übertragen mit ihren Aussagen die Ergebnisse zur rektalen Tastuntersuchung auch auf ältere Männer, obwohl sie in dieser Studie streng genommen nur für 45-Jährige gezeigt wurden.