Synthetische Embryonen zu Forschungszwecken |
Beim Menschen spricht man bis einschließlich achter Schwangerschaftswoche von einem Embryo, danach von Fetus (Symbolbild). / Foto: Adobe Stock/Design Cells
Vorträge eines Forscherteams über embryo-ähnliche Strukturen aus menschlichen Zellen sorgen in der Wissenschaftsgemeinde für Aufsehen. Die sogenannten synthetischen Embryos, die eine US-Forschergruppe um Magdalena Zernicka-Goetz aus jeweils einer einzelnen Stammzelle erzeugt haben will, sollen echten menschlichen Embryonen sehr ähnlich sein. Fachleute weisen aber darauf hin, dass die Ergebnisse bislang nicht seriös einzuschätzen sind, da noch keine Studie mit nachvollziehbaren Daten vorliegt.
Der Vorteil der embryo-ähnlichen Strukturen wäre, dass an ihnen rein rechtlich in vielen Ländern die frühe Embryonalentwicklung möglicherweise besser erforscht werden könnte – auch wenn dadurch neue ethische Fragen aufgeworfen werden würden. Echte Embryos, die sich nach der Verschmelzung von Spermium und Eizelle bilden, stehen unter einem besonderen rechtlichen Schutz.
Zernicka-Goetz, die an der University of Cambridge in Großbritannien und am California Institute of Technology in den USA forscht, hatte das Verfahren zur Herstellung der synthetischen Embryos im vergangenen Jahr bereits für Mäuse in »Nature« vorgestellt (DOI: 10.1038/s41586-022-05246-3). Von lebensfähigem Nachwuchs ist man aber (wenn es denn überhaupt möglich ist) noch sehr weit entfernt, da sich die synthetischen Embryos bislang nicht besonders lange entwickeln.
Bei den menschlichen embryo-ähnlichen Strukturen gebe es noch keine Körperteile oder Organe, erklärte Professor Dr. Malte Spielmann, Direktor des Instituts für Humangenetik des Uniklinikums Schleswig-Holstein, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings seien Zellen identifizierbar, die die Grundstrukturen für spezifische Körperbestandteile bilden. Spielmann hatte vor einigen Tagen einen Vortrag gesehen, bei dem Zernicka-Goetz Ergebnisse zu synthetischen Embryonen vorgestellt hatte, die acht Tage alt waren. «Die Zellen zeigten sehr ähnliche Signalwege und Zelltypen wie bei echten menschlichen Embryonen», so Spielmann.
Die britische Zeitung «Guardian» berichtete am Mittwoch von einem weiteren Vortrag der Forscherin, bei dem sie mehr als 14 Tage alte Strukturen vorstellte. Sollten sich die Ergebnisse als belastbar herausstellen, wären die synthetischen Embryonen eine mögliche Alternative für Wissenschaftler. So ist es in einigen Ländern zwar erlaubt, an echten menschlichen Embryos zu forschen, aber nicht über den 14. Entwicklungstag hinaus. In Deutschland hingegen darf laut Spielmann an menschlichen Embryonen gar nicht geforscht werden. Auch synthetische Embryonen (wenn es sie denn gäbe) dürfte man seiner Meinung nach hierzulande nicht verwenden.