| Cornelia Dölger |
| 10.12.2025 16:20 Uhr |
Die Preisersparnis-Werbung lenke von einer sachlichen Prüfung ab, ob die Einnahme des Arzneimittels erforderlich sei, argumentierte das Landgericht Frankfurt. Mit solchen Streichpreisen für OTC zu werben, verstoße gegen die berufliche Sorgfalt einer Apotheke. / © Imago/Dirk Sattler
Streichpreise in einer Werbung oder im Onlinehandel sollen anzeigen, dass ein bestimmtes Produkt nun zu einem günstigeren Preis zu haben ist als zuvor; der ursprüngliche, durchgestrichene Preis wird dabei gut sichtbar zum neuen, niedrigeren platziert. Dass eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke mit solchen Streichpreisen für OTC-Produkte warb, hat das Landgericht Frankfurt nun als Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt einer Apotheke gewertet – ein »weitreichendes Urteil zu der Frage, ob für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel mit Streichpreisen geworben werden darf«, wie die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) dazu schreibt.
Bei der Werbung waren Ersparnisse von teils mehr als 60 Prozent gegenüber dem Apothekenverkaufspreis (AVP) grafisch mit einem Streichpreis versehen und farblich hervorgehoben worden.
Die jüngere EU-Rechtsprechung setze deutlich strengere Maßstäben für OTC-Werbung, so die AKNR. Auf dieser Grundlage habe sich das Frankfurter Gericht der Ansicht der Kammer angeschlossen, dass die betreffende Bewerbung des Preises, wie im angegriffenen Fall geschehen, allein der Absatzförderung diene. Damit werde mithin einer »unzweckmäßigen und übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub« geleistet.
Konkret habe das Gericht angeführt, dass es »keinen Zweifel« habe, »dass die dargestellte konkrete hervorgehobene Preisersparniswerbung aus dem Grund gewählt wurde, um einen zusätzlichen Kaufanreiz zu schaffen, da man ja aufgrund des besonders niedrigen Preises ganz besonders sparen kann«. Dies womöglich anders zu interpretieren, sei »eher lebensfern«, so das Gericht.
Es gehe vielmehr um das Risiko, dass der Verbraucher »aufgrund der blickfangmäßig hervorgehobenen Werbung zur Preisersparnis« dazu verleitet werde, mehr Medikamente einzukaufen, als er benötigt – »weil die Medikamente ja so günstig sind und man deshalb ›zuschlagen‹ muss«. Die Preisersparnis-Werbung lenke also von einer sachlichen Prüfung ab, ob die Einnahme des Arzneimittels erforderlich sei.
Ohne eine solche Prüfung wiederum werde einer »unzweckmäßigen und übermäßigen Verwendung« Vorschub geleistet. »Das Argument der Preisersparnis überlagert quasi die Frage, wie viele Arzneimittel man eigentlich bei rationaler Sichtweise tatsächlich benötigt.« Hieraus ergebe sich eine »Anlockwirkung«, die von einer informierten Entscheidung ablenke.
Die AKNR begrüßt das Urteil als weitere Stärkung der Apothekenposition. Apothekenprodukte lebten von der Beratung, nicht vom Preis, so Kammerpräsident Armin Hoffmann. »Die Beratung, die unsere Mitglieder jeden Tag leisten, muss sich auch lohnen«, mahnte er. Als »klares Zeichen« gegen »die Bagatellisierung von Arzneimitteln« wertet AKNR-Justiziarin und -Geschäftsführerin Bettina Mecking das Urteil. Werbung, wie sie für normale Güter des täglichen Lebens üblich sein möge, sei für Arzneimittel nicht zulässig.
Rechtsanwalt Morton Douglas, der das Verfahren begleitet, erwartet Auswirkungen auf die in Deutschland übliche Werbepraxis, insbesondere bei OTC-Rabatten. Die EU-Rechtsprechung sei inzwischen deutlich strenger als die Vorgaben hierzulande. Angestrebt werde eine EU-weite Vollharmonisierung der Arzneimittelwerbung – daher gebe es hier »keinen Spielraum für großzügige Regelungen«.