Steter pDL-Anstieg trotz hoher Arbeitsbelastung |
Daniela Hüttemann |
06.12.2024 13:36 Uhr |
Pharmazeutische Dienstleistungen wie die standardisierte Risikoerfassung Bluthochdruck kosten Zeit, bringen aber viel für den Patienten, die Mitarbeiterzufriedenheit und auch die Perspektive der Apotheken vor Ort. / © ABDA
Das Wissenschaftliche Institut für Versorgungsforschung in der Apotheke (WIVA) der AKWL erhebt regelmäßig einen pDL-Index für Westfalen-Lippe. Dazu kommen jedes Mal unterschiedliche Schwerpunktthemen. Bei der gestrigen Kammerversammlung in Münster stellte WIVA-Geschäftsführer Dr. Oliver Schwalbe den langfristigen Trend sowie den Schwerpunkt Arbeitsbelastung vor.
Für den Index werden Apothekerinnen, Apotheker und PTA über den Kammer-Newsletter und »AKWL aktuell« zur Teilnahme der Online-Befragung aufgefordert. An der ersten Welle nahmen 246 Personen teil, von denen 76,8 Prozent berichteten, dass in ihrer Apotheke pDL durchgeführt werden. Die zweite Welle fiel mit der Erhebung des E-Rezepts im ersten Quartal 2024 zusammen. Hier beantworteten 735 Personen die Fragen, mit einer pDL-Quote von 65,6 Prozent. In der dritten Welle waren es 460 Teilnehmende mit 70,7 Prozent pDL-Quote und in der vierten 153 Personen mit einem pDL-Anteil von 80,4 Prozent.
Damit liegen die Umfragewerte des WIVA deutlich höher als die bundesweiten Zahlen zur Abrechnung des Nacht- und Notdienstfonds. Dort hatten im ersten und zweiten Quartal 2024 zusammengenommen 44 Prozent der Apotheken in Deutschland mindestens eine pDL abgerechnet.
Schwalbe schränkte ein, dass die höheren Angaben aus der WIVA-Umfrage auch am Bias grundsätzlich engagierterer Apotheken liegen könne. Insgesamt sieht Schwalbe jedoch einen stetigen, wenn auch langsamen Trend nach oben. »Die Implementierung dauert zwar länger, als wir gehofft hatten«, bedauerte der Versorgungsforscher. Doch wisse man von anderen Projekten, dass es einfach Zeit brauche, bis sich eine neue Tätigkeit in den Alltag vollends integrieren lässt, gerade bei den überlasteten Gesundheitsberufen.
Auf die Frage »Wie vertraut fühlen Sie sich mit pDL auf einer Skala von 0 bis 10?« lag die Selbsteinschätzung derjenigen, die pDL auch durchführen, zuletzt bei 6,36. Als Bestandteil der gewohnten Arbeit wurde ebenfalls ein mittlerer Zustimmungswert von 5,25 erreicht. »Die Apotheken fremdeln also noch immer ein bisschen mit den pDL und konnten sie noch nicht richtig in ihren Arbeitsalltag integrieren«, folgerte Schwalbe. Aber: Die Frage »Können Sie sich vorstellen, dass pDL ein gewohnter Bestandteil Ihrer Arbeit werden?« erreichte einen Wert von 7,92, also eine »optimistische Perspektive«, so Schwalbe.
Im Schwerpunkt der zweiten Erhebungswelle, die mit der Einführung des E-Rezepts zusammenfiel, wurde auch das arbeitsbezogene Burn-out-Risiko der Teilnehmenden anhand des Copenhagen Burnout Inventory (CBI) erfasst. Besonders hoch lag es bei Apothekenleitungen, in deren Offizinen keine pDL durchgeführt wurden, gefolgt von deren Angestellten – vermutlich eben weil die Arbeitsbelastung bereits so hoch ist, mutmaßte Schwalbe.
Beinahe jeder zweite Leiter und knapp 30 Prozent der Angestellten gilt hier als stark Burn-out-gefährdet. Bei den Apotheken mit pDL lag der Anteil ebenfalls erschreckend hoch, aber deutlich niedriger mit knapp einem Drittel bei der Leitung und 23 Prozent der Angestellten. »Dabei liegt es gerade an den Inhaberinnen und Inhabern, ob und wie motiviert pDL angeboten werden«, erklärte Schwalbe. Ein beharrlicher und proaktiver Führungsstil helfe hier.
Als Gründe wurden an erster Stelle die Lieferengpässe genannt, gefolgt vom Personalmangel und der E-Rezept-Einführung. Was die Erhebung aber auch zeigte: Wer pDL durchführt, hat eine signifikant erhöhte Arbeitszufriedenheit und mehr Abwechslung im Job.
Relativ konstant über die vier Erhebungswellen gab etwa die Hälfte der pDL-Aktiven an, ein und dieselbe pDL etwa ein- bis viermal pro Quartal durchzuführen. 32 Prozent kommen auf fünf bis neun; jeder Fünfte schafft es mindestens zehnmal. »Der Anteil der High Performer hat hier noch nicht zugenommen – auch das zeigt, dass es sich nicht ganz so schnell implementieren lässt, wie wir gehofft hatten«, kommentierte der WIVA-Geschäftsführer.
»Lieferengpässe, Personalmangel, E-Rezept-Einführung und demnächst die elektronische Patientenakte (EPA) – es grätschen immer wieder neue Herausforderungen in die Umsetzung der pDL ein, sodass sie noch nicht richtig abheben konnten«, lautet Schwalbes Fazit. Die Bereitschaft sei jedoch da. Daher gelte es, den Apotheken mehr Zeit und Freiraum zu verschaffen und den pDL-Topf strikt zu verteidigen.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.