Steigender Konsumtrend bei Cannabis zu beobachten |
Cannabis scheint eher bei jungen Erwachsenen im Trend zu liegen. / © Adobe Stock/Aleksej
Der Trend des leicht zunehmenden Cannabis-Konsums in Deutschland setzt sich einer Studie zufolge fort. Das zeigen Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys (ESA) 2024 zum Cannabis-Konsum, die im »Deutschen Ärzteblatt International« veröffentlicht wurden. So gaben 9,8 Prozent der Befragten 2024 an, während der vergangenen zwölf Monate die Droge konsumiert zu haben. 2012 waren es nur 4,5 Prozent, 2021 bereits 8,8 Prozent.
Der Epidemiologischen Suchtsurvey erscheint alle drei Jahre und bildet das Konsumverhalten verschiedener Drogen in Deutschland ab. 2024 wurden von August bis Dezember 7534 Menschen zwischen 18 und 64 Jahren befragt. In dieser Zeit war Cannabis zu Konsumzwecken erst seit einigen Monaten teillegalisiert.
Laut den Studienautoren zeigt sich in der unmittelbaren Phase nach der Legalisierung eine geringe, statistisch nicht signifikante Zunahme des Cannabis-Konsums. »Es ist es noch zu früh, um klare Effekte der Gesetzesänderung zu erkennen«, heißt es in der Studie.
Die von der Ampel-Koalition umgesetzte Teilegalisierung lässt seit dem 1. April 2024 das Rauchen und den Anbau von Cannabis für Volljährige mit vielen Beschränkungen zu. Erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen in Privatwohnungen. Aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis, unterwegs dabei haben 25 Gramm.
Vorgeschrieben beim Gebrauch sind Abstände etwa zu Spielplätzen und Schulen, der Konsum vor Minderjährigen ist verboten. Zulässig sind auch nicht kommerzielle Cannabis-Anbauvereinigungen mit bis zu 500 Mitglieder, die sogenannten Cannabis-Clubs.
Professor Dr. Benedikt Fischer von der Simon Fraser University in Vancouver betont bei unabhängiger Bewertung der Daten, dass sich der Cannabis-Konsum über die Teillegalisierung nur minimal veränderte. Welche weiteren Auswirkungen das auf die Entwicklung des Konsums habe, können aus den Daten des vergangenen Jahres, »die innerhalb nur weniger Monate nach der Legalisierung erhoben wurden, nicht abgeleitet werden«, sagte er gegenüber dem Science Media Center Deutschland.
Laut Zahlen des ESA gaben im vergangenen Jahr mit 88,6 Prozent die meisten Menschen an, Cannabis als Joints zu rauchen. Etwa jede vierte Person, die Cannabis konsumierte, war Mitglied in einem Cannabis-Clubs (25,7 Prozent). Mehr als jeder Fünfte (22 Prozent) baute die Pflanze selbst an. Welche Rolle ärztliche (Online)-Verordnungen spielen, wird aus dem Survey nicht klar. Ebenfalls geht die Rolle von Apotheken als Bezugsquelle für den Freizeitgebrauch nicht aus den Daten hervor.
Fast zwei Drittel der Konsumenten waren männlich (65,6 Prozent). Der Konsumgrund, der am häufigsten genannt wurde, war »um high zu werden/aus Spaß« (66,8 Prozent), gefolgt von »um Stress abzubauen/zur Entspannung« (61,3 Prozent).
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumierte, sank aber mit zunehmendem Alter: im Alter von 18 Jahren lag die Odds Ratio (OR) noch bei 9,44, im Alter von 59 Jahren sank sie auf 0,13.
»Ein bemerkenswert hoher Anteil der Cannabiskonsumenten gibt an, Cannabis für ‚Selbstmedikations‘-Zwecke zu benutzen«, sagt Fischer gegenüber dem Science Media Center (SMC). Es stelle sich akut die Frage, ob eine »Selbstmedikation« nicht besser über alternative und weniger riskante Aktivitäten stattfinden sollte. Hier bestehe Raum und Bedarf für Interventionen.
Man müsse im Blick haben, dass gewisse Personenkreise, beispielsweise Personen mit starker Abhängigkeit kaum oder gar nicht in Befragungen abgebildet werden (können), gibt Dr. Jakob Manthey vom Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), zu bedenken. Zudem hätten 78 Prozent der Eingeladenen nicht an der ESA-Studie 2024 teilgenommen.
Professor Dr. Bernd Werse, Leiter des Instituts für Suchtforschung (ISFF), Frankfurt University of Applied Sciences, merkt an, dass die Daten eher auf eine zunehmende Verbreitung des Cannabiskonsums in der erwachsenen Bevölkerung hinweisen. Gegenüber dem SMC sagt er: »Bemerkenswert ist, dass parallel die Verbreitung unter Jugendlichen abgenommen und sich dies voraussichtlich auch fortsetzen wird. Die zuletzt sehr deutlich gesunkenen Zahlen aus den Schulbefragungen und Frankfurt und Hamburg sind dafür ein Maßstab – Städte waren schon öfter ‚Trendsetter‘ im Hinblick auf Drogentrends bei jungen Menschen.«