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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Cotrimoxazol

Die Fixkombination der Antibiotika Sulfamethoxazol und Trimethoprim, geläufig als Cotrimoxazol, führt zu einem synergistischen Effekt. Gemeinsam wirken sie stärker, breiter und verzögern die Resistenzentwicklung.
AutorKontaktCarolin Lang
Datum 19.01.2023  07:00 Uhr

Wann wird Cotrimoxazol eingesetzt?

Als Antiinfektivum ist Cotrimoxazol zur Behandlung zahlreicher Infektionen, etwa der Atemwege, des Hals-Nasen-Ohren-Trakts (ausgenommen Streptokokken-Angina), des Magen-Darm- oder Genitaltrakts sowie der Nieren und ableitenden Harnwege zugelassen. Die Wirkstoffkombination ist außerdem erste Wahl zur Prophylaxe und Akuttherapie der Pneumocystis jirovecii-Pneumonie (PjP), die vor allem bei Menschen mit Immundefizienz auftritt.

Wie wirkt Cotrimoxazol?

Cotrimoxazol setzt sich aus dem Sulfonamid Sulfamethoxazol und dem Diaminobenzylpyrimidin Trimethoprim zusammen. Die Wirkstoffe greifen an unterschiedlichen Stellen in den Syntheseweg von Tetrahydrofolsäure als Methylgruppen-Donator für die Nucleinsäuresynthese ein. Während Sulfamethoxazol die strukturverwandte p-Aminobenzoesäure kompetitiv von der Dihydropteroinsäure-Synthetase verdrängt, hemmt Trimethoprim kompetitiv die Dihydrofolsäure-Reduktase. Einzeln wirken die Wirkstoffe bakteriostatisch, in Kombination synergistisch und zumeist bakterizid auf einige grampositive, gramnegative und atypische Bakterien. Cotrimoxazol ist außerdem gegen den Pilz Pneumocystis jirovecii wirksam.

Droht unter Cotrimoxazol ein Folsäuremangel?

Sulfonamide können beim Menschen keinen Folsäuremangel hervorrufen, da Menschen Folsäure nicht selbst synthetisieren können. Diaminobenzylpyrimidine wie Trimethoprim wirken hingegen an der Dihydrofolsäure-Reduktase, die auch im menschlichen Folsäuremetabolismus vorkommt. Doch ist die Affinität der Antibiotika zum bakteriellen Enzym um mehrere Zehnerpotenzen höher als zum entsprechenden Enzym bei Säugern, weshalb Diaminobenzylpyrimidine für Menschen nur wenig toxisch sind. Bei Patienten höheren Alters oder mit Folsäuremangelzuständen, bei Verabreichung hoher Dosen Cotrimoxazol sowie in der Schwangerschaft soll eine zusätzliche Folsäureeinahme erwogen werden.

Wie wird Cotrimoxazol dosiert?

Eine optimale synergistische Wirkung wird bei einer fixen Kombination von Sulfamethoxazol und Trimethoprim im Mengenverhältnis 5:1 erzielt. Cotrimoxazol kann oral oder parenteral verabreicht werden. Die Standarddosierung beträgt für Erwachsene und Jugendliche ab 13 Jahren zweimal täglich 800 mg Sulfamethoxazol/160 mg Trimethoprim und für Kinder von sechs bis zwölf Jahren zweimal täglich 400 mg Sulfamethoxazol/80 mg Trimethoprim. Kinder im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren erhalten standardmäßig zweimal täglich 200 mg Sulfamethoxazol/40 mg Trimethoprim, Säuglinge von sechs Wochen bis fünf Monaten zweimal täglich 100 mg Sulfamethoxazol/20 mg Trimethoprim. Für jüngere Säuglinge ist Cotrimoxazol nicht geeignet. Bei PjP wird bis zur fünffachen Standarddosierung gegeben.

Welche Nebenwirkungen kann Cotrimoxazol haben?

Die Nebenwirkungen bei oraler Einnahme in üblicher Dosierung entsprechen denen beider Monosubstanzen. Häufig sind allergische Reaktionen unterschiedlichen Schweregrades wie Hautausschlag, Juckreiz oder Photodermatosen. Eine starke Sonnenlichtexposition ist daher möglichst zu vermeiden. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören außerdem Entzündungen der Zunge, des Zahnfleischs und der Mundschleimhaut, Geschmacksstörungen und gastrointestinale Symptome wie Oberbauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen oder Diarrhö. Sehr selten tritt mitunter das Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) oder die toxisch epidermale Nekrolyse (TEN) auf. Patienten sollten die Anzeichen für diese lebensbedrohlichen Hautreaktionen kennen. Ebenfalls sehr selten sind Blutbildveränderungen wie Thrombo- und Leukozytopenie, aplastische, megaloblastische oder akute hämolytische Anämie und Agranulozytose.

Wann ist Cotrimoxazol kontraindiziert?

Nicht angewendet werden darf Cotrimoxazol etwa bei Nierenschäden oder hochgradiger Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance < 15 ml/min), schweren Leberschäden oder -funktionsstörungen, zum Beispiel akute Hepatitis, sowie pathologischen Blutbildveränderungen wie Thrombozytopenie, Granulozytopenie oder megaloblastischer Anämie. Weitere absolute Kontraindikationen sind unter anderem ein angeborener Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel der Erythrozyten, Osteomylitis oder SJS sowie TEN – auch in der Anamnese.

Welche Wechselwirkungen mit Cotrimoxazol können auftreten?

Cotrimoxazol kann mit zahlreichen Arzneimitteln wechselwirken. So kann die gleichzeitige Anwendung von Lokalanästhetika wie Benzocain, des Antiarrhythmikums Procainamid oder mineralischer Antacida die Wirkung von Cotrimoxazol reduzieren. Indes kann Cotrimoxazol die Wirkung anderer Arzneistoffe auch verstärken: Dazu gehören Cumarine, orale Antidiabetika aus der Gruppe der Sulfonylharnstoffe, Phenytoin und Methotrexat. Unter Cotrimoxazol kann es außerdem zu einer Verminderung der Rifampicin-Clearance kommen und bei älteren Patienten kann der Digoxinspiegel steigen. Die Kombination mit Arzneimitteln, die den Kaliumspiegel erhöhen, kann zu einer klinisch relevanten Hyperkaliämie führen. Die gleichzeitige Anwendung mit Folsäureantagonisten wie Methotrexat kann zudem Folsäuremangelzustände begünstigen.

Eignet sich Cotrimoxazol für Schwangere und Stillende?

Laut Embryotox, dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, ist Cotrimoxazol während der gesamten Schwangerschaft ein Antibiotikum der zweiten Wahl. Aufgrund des Folsäureantagonismus wird ein teratogenes Risiko diskutiert. Die bisherige Studienlage spreche aber gegen ein nennenswert erhöhtes Fehlbildungsrisiko nach Anwendung von Cotrimoxazol, heißt es seitens der Experten der Datenbank. Bei drohender Frühgeburt raten sie, Cotrimoxazol wegen des Risikos einer Bilirubinerhöhung zu meiden. Falls es das Keimspektrum erfordere, könne unter Cotrimoxazol gestillt werden; das Antibiotikum geht nur geringfügig in die Muttermilch über. Allerdings seien Penicilline, Cephalosporine und Makrolide grundsätzlich zu bevorzugen.

Wie ist die aktuelle Versorgungslage mit Cotrimoxazol?

Laut der Weltgesundheitsorganisation gehört Cotrimoxazol zu den unentbehrlichen Arzneimitteln. Es ist daher sehr bedenklich, dass hierzulande seit geraumer Zeit Lieferengpässe bei mehreren Herstellern bestehen. Für Tabletten und Suspensionen hat sich die Verfügbarkeit laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zwischenzeitlich »in Teilen stabilisiert, wenn auch nicht umfassend konsolidiert«. Bei den parenteralen Darreichungsformen rechnet das BfArM ab März 2023 mit einer »zunehmenden Konsolidierung der Situation« und einer »umfassenden bedarfsgerechten Verfügbarkeit« ab dem dritten Quartal 2023. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) hat bereits im Jahr 2020 Empfehlungen herausgegeben, wie mit dem Lieferengpass umzugehen ist.

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