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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Clonidin

Ein Antihypertensivum am Auge? Das zentral wirksame α-Sympathomimetikum Clonidin kann beides: den systemischen Blutdruck und den Augeninnendruck senken. Aber in beiden Indikationen ist es nicht erste Wahl.
Brigitte M. Gensthaler
05.04.2024  07:00 Uhr

Wie wirkt Clonidin?

Clonidin ist wie Moxonidin ein Imidazolin-Derivat und ein zentraler α2-Rezeptoragonist. Es stimuliert im Zentralnervensystem vorwiegend die postsynaptischen α2-adrenergen Rezeptoren. Dadurch kommt es zu einer Verminderung der Sympathikus-Aktivität bei gleichzeitiger Steigerung des Vagotonus. Zusätzlich ist die Noradrenalin-Ausschüttung durch präsynaptische α2-Wirkung reduziert. Insgesamt sinken Blutdruck, peripherer Gefäßwiderstand, Herzzeitvolumen und Herzfrequenz.

Die antihypertensive Wirkung tritt etwa 30 bis 60 Minuten nach oraler Gabe ein, bei parenteraler Gabe nach 10 bis 15 Minuten.

Am Auge senkt Clonidin den intraokularen Druck (IOD) vor allem durch einen verbesserten Kammerwasserabfluss. Zusätzlich kann die Kammerwasserproduktion leicht gedrosselt sein. Die IOD-Senkung tritt 15 bis 30 Minuten nach dem Eintropfen ein, ist nach etwa zwei Stunden voll ausgeprägt und hält acht bis zwölf Stunden an.

Wofür ist Clonidin zugelassen?

Peroral wird Clonidin eingesetzt bei Bluthochdruck, der nicht durch einen Tumor des Nebennierenmarks (Phäochromozytom) bedingt ist. Es ist laut der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinie »Hypertonie« aber kein Mittel der ersten Wahl. Parenteral wird das Medikament gegeben bei Hochdruckkrisen und (stationär) bei Patienten mit schwer behandelbarer Hypertonie. Die Injektionslösung kann subkutan, intramuskulär und (nur in verdünnter Form) intravenös gegeben werden.

In der Augenheilkunde sind Clonidin-Augentropfen bei erhöhtem Augeninnendruck und Glaukom zugelassen, stehen aber an dritter Stelle hinter Prostaglandin-Analoga und Betablockern.

Off Label wird Clonidin in der Entzugsbehandlung eingesetzt, zum Beispiel beim Opioidentzug bei Schmerzpatienten und beim Alkoholentzug (hier ergänzend zu Benzodiazepinen oder Clomethiazol).

Wie wird Clonidin dosiert?

Die Tagesdosen richten sich nach dem antihypertensiven Effekt und liegen meist zwischen 0,15 mg und 0,6 mg Clonidinhydrochlorid, aufgeteilt in zwei Einzeldosen. Orale und parenterale Dosen von 0,9 bis 1,2 mg sollten nicht überschritten werden. Bei der Einstellung schwerer Hochdruckformen können in Ausnahmefällen jedoch Tagesdosen von 1,2 bis 1,8 mg erforderlich sein, die parenteral über den Tag verteilt verabreicht werden.

Eine Dosissteigerung sollte langsam erfolgen. Umgekehrt wird auch bei Therapieende langsam stufenweise abdosiert, um akute Absetzsymptome, zum Beispiel überschießenden Blutdruckanstieg und Tachykardie, begleitet von Kopfschmerz, Übelkeit, Nervosität, Zittern und Unruhe zu vermeiden.

Die Augentropfen werden zwei- bis dreimal täglich getropft.

Welche Kontraindikationen sind zu beachten?

Clonidin darf nicht angewendet werden bei bestimmten Erregungsbildungs- und Erregungsleitungsstörungen des Herzens, zum Beispiel Sinusknotensyndrom oder AV-Block zweiten oder dritten Grades, bei Bradykardie (weniger als 50 Schläge/Minute), Depression und in der Stillzeit.

In der Schwangerschaft darf es intravenös nicht und oral nur bei strenger Indikationsstellung unter sorgfältiger Überwachung gegeben werden. Embryotox, das Pharmakovigilanzzentrum für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, stuft es als Reservemittel in der Schwangerschaft ein. Es sollte möglichst durch Substanzen wie α-Methyldopa oder Metoprolol ersetzt werden. Die Augentropfen sind in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Sehr häufig kommt es unter Clonidin zu Schwindel, Sedierung, orthostatischer Hypotonie und Mundtrockenheit. Häufige Nebenwirkungen sind Depression und Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Obstipation, Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen in den Speicheldrüsen, erektile Dysfunktion und Müdigkeit.

Bei lokaler Anwendung kann es zu Augenbrennen kommen. Träger von Kontaktlinsen sollten auf die häufig zu beobachtende Verminderung des Tränenfilms achten.

Im Medikamentenklassifizierungssystem »Fit for The Aged« (FORTA-Liste 2021) wird Clonidin zur Hochdrucktherapie in die Gruppe D (»sollte fast immer vermieden werden«) eingestuft. Aufgrund von anticholinergen Effekten gilt es als potenziell inadäquat (PIM) für ältere Menschen.

Auf welche Wechselwirkungen ist zu achten?

Bei systemischer und lokaler Gabe können zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen auftreten. Dazu gehören additive blutdrucksenkende Effekte bei gleichzeitiger Einnahme von Diuretika, Vasodilatatoren, ACE-Hemmern und Betablockern. Bei Kombination mit Herzglykosiden oder Betablockern drohen Bradykardie und Herzrhythmusstörungen der langsamen Form (AV-Blockade).

Umgekehrt können Substanzen, die Natrium und Wasser retinieren, zum Beispiel nicht steroidale Antirheumatika, sowie α2-Rezeptorenblocker wie Phentolamin den antihypertensiven Effekt von Clonidin vermindern. Dies gilt auch für die Kombination mit trizyklischen Antidepressiva oder Antipsychotika; hier können Nebenwirkungen wie orthostatische Regulationsstörungen verstärkt auftreten.

Clonidin kann die Wirkungen von Hypnotika, Sedativa oder Alkohol verstärken oder unvorhersehbar verändern.

Wichtig: Bei der nicht zugelassenen Anwendung von Clonidin mit Methylphenidat bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wurden schwerwiegende unerwünschte Reaktionen bis hin zu Todesfällen beobachtet.

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