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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Aciclovir

Die Entwicklung von Aciclovir war ein revolutionärer Schritt im Kampf gegen Viren. 1988 gab es dafür den Medizin-Nobelpreis. Noch heute wird das Virostatikum zur Behandlung und Prophylaxe von Herpes-simplex- und Varizella-Zoster-Infektionen eingesetzt.
Kerstin A. Gräfe
13.11.2024  07:00 Uhr

Was sind die Einsatzgebiete von Aciclovir?

Aciclovir wird lokal und systemisch zur Behandlung oder Vorbeugung von Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus (HSV) Typ 1 und 2 sowie mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV) angewendet. Die Haupteinsatzgebiete sind Lippenherpes (Herpes labialis), Genitalherpes (Herpes genitalis), Gürtelrose (Herpes zoster) und Windpocken. Zudem wird das Virostatikum bei Herpes-simplex-Enzephalitis, Zoster ophthalmicus und Herpes neonatorum (eine akute Primärinfektion des Neugeborenen mit HSV) angewendet.

Wie wirkt Aciclovir?

Aciclovir ist ein Prodrug, das in den HSV- oder VZV-infizierten Zellen durch die viruseigene Thymidinkinase selektiv zum aktiven Wirkstoff Aciclovir-Triphosphat metabolisiert wird. Letzteres hemmt kompetitiv die virale Polymerase und wird zudem als falscher Baustein in die Virus-DNA eingebaut, was zu deren Kettenabbruch führt. In der Summe wird die weitere Vermehrung der Viren gestoppt.

Wie wird Aciclovir dosiert?

Aciclovir ist je nach Indikation in verschiedenen Darreichungsformen verfügbar: als Lippencreme, Creme, Tablette, Infusion, Augensalbe und Suspension. Mit einer Behandlung sollte so früh wie möglich begonnen werden.

Bei Lippenherpes wird Aciclovir-Creme fünfmal täglich alle vier Stunden tagsüber dünn auf die infizierten und die angrenzenden Hautbereiche auftragen. Bei Herpes-simplex-Infektionen des Auges wird ein etwa 1 cm langer Salbenstrang fünfmal täglich alle vier Stunden in den unteren Bindehautsack eingebracht.

Bei systemischer Gabe muss der Wirkstoff wegen seiner schlechten Bioverfügbarkeit (10 bis 30 Prozent) und kurzen Halbwertszeit (knapp drei Stunden) vergleichsweise häufig verabreicht werden, damit die Therapie Erfolg hat. Die folgenden Dosisangaben gelten für Patienten mit normaler Nierenfunktion. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion muss die Dosis entsprechend angepasst werden. Zudem ist bei ihnen besonders auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten.

Erwachsene und Kinder über zwei Jahre nehmen bei einer Herpes-simplex-Infektion fünfmal täglich eine Tablette mit 200 mg Aciclovir ein; empfohlen wird ein Einnahmeabstand von vier Stunden. Kinder unter zwei Jahren bekommen die Hälfte der Erwachsenendosis. Die Behandlungsdauer beträgt fünf Tage.

Bei Herpes zoster gilt für Erwachsene eine Dosis von 800 mg fünfmal täglich im Abstand von vier Stunden. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel sieben Tage.

Als Infusion kommt Aciclovir zum Einsatz, wenn aufgrund einer geschwächten Immunabwehr mit einem schweren Krankheitsverlauf zu rechnen ist. Bei einer Infusionslösung mit beispielsweise 25 mg Aciclovir pro ml Konzentrat beträgt die Dosis für Erwachsene 5 mg/kg Körpergewicht alle acht Stunden. Die Behandlung kann je nach Indikation fünf bis 21 Tage dauern. Die Dosierung zur Behandlung von Neugeborenen, Säuglingen und Kindern unter zwölf Jahren sollte anhand des Körpergewichts berechnet werden (zum Beispiel 10 mg/kg Körpergewicht alle acht Stunden).

Welche Nebenwirkungen kann Aciclovir haben?

Zu den häufigsten Nebenwirkungen der oralen Therapie zählen Schwindel, Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Bauchschmerzen) sowie Fieber und Erschöpfung. Zudem kann es zu Hautreaktionen wie Juckreiz und Ausschlag kommen. Bei der parenteralen Anwendung kann es neben den genannten Magen-Darm-Beschwerden und Hautreaktionen zu einer Venenentzündung (Phlebitis) sowie einem Anstieg von Harnstoff und Kreatinin im Blut kommen.

Welche Wechselwirkungen kann Aciclovir eingehen?

Wird Aciclovir als Creme angewendet, ist nicht mit Wechselwirkungen zu rechnen. Bei systemischer Gabe kann es zu Interaktionen mit Stoffen kommen, die wie Aciclovir renal durch aktive tubuläre Sekretion in den Urin ausgeschieden werden. Dazu zählen zum Beispiel Cimetidin und Probenecid. Zudem kann Aciclovir möglicherweise die Wirkung von Theophyllin verstärken. Bei gleichzeitiger Gabe sollte die Theophyllin-Dosis angepasst werden.

Was ist in Schwangerschaft und Stillzeit zu beachten?

Laut Embryotox.de, der Website des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, darf Aciclovir bei entsprechender Indikation in der gesamten Schwangerschaft lokal und systemisch verwendet werden. Obwohl Aciclovir in geringen Mengen im Urin gestillter Kinder nachweisbar war, gibt es Embryotox zufolge keine Berichte über Nebenwirkungen bei den gestillten Kindern. Es dürfe uneingeschränkt weiter gestillt werden, heißt es auf der Website.

Beginn einer Ära

Noch vor rund 50 Jahren glaubte kaum jemand, dass die Bekämpfung von Viren ohne schwere Nebenwirkungen überhaupt möglich sei. Die Entwicklung von Aciclovir im Jahr 1978 läutete ähnlich wie Penicillin ein halbes Jahrhundert zuvor den Beginn einer neuen therapeutischen Ära ein: Erstmals gab es einen potenten Inhibitor von Herpesviren mit geringer Toxizität. Zu verdanken war dieser Meilenstein maßgeblich der amerikanischen Wissenschaftlerin Gertrude »Trudy« B. Elion, die gemeinsam mit ihrem amerikanischen Kollegen George H. Hitchings dafür im Jahr 1988 den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie »in Anerkennung für ihre Entdeckungen zu wichtigen biochemischen Prinzipien der Arzneimitteltherapie« erhielt. Aciclovir wurde 1981 als rezeptpflichtiges Arzneimittel unter dem Markennamen Zovirax® auf den Markt gebracht.

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