Spendernieren gesucht |
Paulina Kamm |
12.08.2025 15:00 Uhr |
Hohe Mortalität, lange Wartezeiten und Einschränkungen in der Lebensqualität von Dialysepatientinnen und -patienten motivieren das BMG zur Änderung des Transplantationsgesetzes. / © Getty Images/sturti
Laut dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wurden im Jahr 2024 mehr als 2.600 Patientinnen und Patienten als nierentransplantationspflichtig bei Eurotransplant aufgenommen. Insgesamt warteten 6.400 Menschen auf eine neue Niere. Im Vorjahr starben 253 Menschen, die zuvor auf die Warteliste aufgenommen worden waren. Insgesamt wurden 2024 2.075 Nierentransplantationen vorgenommen. Die durchschnittliche Wartezeit auf eine postmortale Niere beträgt in Deutschland laut BMG 8 Jahre. Während dieser Zeit erleiden Dialysepatientinnen und -patienten durch die lebenserhaltende Behandlung massive Einschränkungen der Lebensqualität und erhebliche Verschlechterungen der allgemeinen Gesundheit.
Das BMG sehe daher mehr als 25 Jahre nach dem Inkrafttreten der transplantationsrechtlichen Regelungen zur Lebendorganspende Reformbedarf und schlägt einen »Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen« vor. Aktuell ist die Lebendorganspende laut BMG in § 8 Absatz 1 des Transplantationsgesetzes (TPG) unter wenigen Voraussetzungen möglich. Ausschließlich die Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die der Spenderin oder dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen ist laut BMG gestattet. Zusätzlich gilt laut BMG der Grundsatz postmortale Spende vor Lebendorganspende – das sogenannte Subsidiaritätsprinzip.
Ursprünglich wollte der Gesetzgeber laut BMG die Freiwilligkeit der Organspende garantieren und die Gefahr des Organhandels minimieren. Nun sei es allerdings vorrangiges Ziel, die Versorgungssituation der Patientinnen und Patienten, vor allem der an chronischer Niereninsuffizienz Leidenden und deren Angehörigen, die biologisch nicht als mögliche Spender infrage kommen, zu verbessern und zu vereinfachen.
Auch seitens des ärztlichen Personals werden die geltenden Gesetze zur Lebendspende laut BMG zunehmend als unzureichend bewertet. Das bei der Einführung des TPG vom Gesetzgeber verfolgte Ziel bleibt laut BMG auch nach der Reform gegeben.
Beispielsweise im Nachbarland Österreich gilt gemäß § 6 Organtransplantationsgesetz (OTPG) die Widerspruchslösung: Einer postmortalen Organentnahme sei daher grundsätzlich stattgegeben – es sei denn, die verstorbene Person hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. Die Idee der Widerspruchslösung, die laut Bundestag in einer früheren Abstimmung schon einmal gescheitert ist, bilde eine wichtige Weichenstellung, um an mehr Spenderorgane zu kommen. Sie sei zuletzt am 29. Januar 2025 im deutschen Bundestag trotz zahlreicher interdisziplinärer Expertenzustimmung erfolglos debattiert worden.
Deutschland sei im Eurotransplant-Verbund ein Nehmerland. Es beziehe also mehr Organe, als es abgebe, und profitiere damit auch von Ländern, in denen bereits eine Widerspruchsregelung gelte. »Weiterhin sind intensive Bemühungen von Staat und Gesellschaft notwendig, um die Bevölkerung über die Organspende aufzuklären und sie zu einer persönlichen Entscheidung über die eigene Spendebereitschaft nach dem Tode zu motivieren«, bestätigt das BMG.