SPD will höhere Beiträge für Gutverdiener |
Lukas Brockfeld |
11.06.2025 15:58 Uhr |
Christos Pantazis ist gesundheitspolitischer Sprecher der SPD. / © Maximilian König
Die alternde Bevölkerung sowie steigende Kosten für Behandlungen, Pflege und Arzneimittel setzen die Gesetzliche Krankenversicherung immer weiter unter Druck. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete das GKV-System ein Defizit von über sechs Milliarden Euro. Fast alle Kassen haben daher ihre Zusatzbeiträge zum Jahreswechsel deutlich erhöht. Das dürfte die finanzielle Lage der Versicherung zumindest kurzfristig stabilisiert haben. Für das erste Quartal 2025 melden die meisten Kassen wieder deutliche Überschüsse.
Trotzdem betonen die Kassen immer wieder, dass die neue Stabilität angesichts der stetig steigenden Kosten nur von kurzer Dauer sein dürfte. Daher wird hitzig über mögliche Maßnahmen zur Reform des GKV-Systems diskutiert. Am Dienstag stellte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Christos Pantazis, einen eigenen Maßnahmenkatalog vor.
In seinem Konzept betont der Sozialdemokrat, dass auch Menschen mit höherem Einkommen einen »faireren Beitrag« zur Gesundheitsversorgung leisten müssten. »Die gesetzliche Krankenversicherung ist ein zentrales Element unseres Sozialstaats. Sie dauerhaft tragfähig zu gestalten, ist eine gemeinsame Aufgabe«, betont Pantazis. »Dazu dürfen wir uns keine Denkverbote auferlegen – auch nicht bei der Beitragsbemessungs- und der Versicherungspflichtgrenze.«
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD spricht sich für eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und die moderate Anhebung der Versicherungspflichtgrenze aus: »Damit können wir hohe Einkommen im bestehenden System stärker beteiligen und die Einnahmen der gesetzlichen Kassen nachhaltig stabilisieren – ohne die Versicherten über Gebühr zu belasten. Gleichzeitig können wir so mehr Gutverdienende in der GKV halten und das Solidarsystem damit stärken«, erklärt Pantazis.
Durch eine solche Anhebung ließen sich neue wirtschaftliche Spielräume schaffen, ohne das Solidarsystem aus dem Gleichgewicht zu bringen. Konkrete Zahlen oder neue Grenzwerte nennt der SPD-Politiker allerdings nicht. Außerdem brauche es eine vollständige Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen: »Es ist nicht vermittelbar, dass die GKV für staatliche Aufgaben wie familien- oder sozialpolitische Leistungen aufkommen muss, ohne dass der Staat seinen Anteil beiträgt«, sagte Pantazis.
Der Sozialdemokrat hofft, dass die von der Bundesregierung bereits angestoßenen Strukturreformen bald Wirkung zeigen und die Krankenkassen entlasten. Als Beispiel nennt er die von seinem Parteigenossen Karl Lauterbach angestoßene Krankenhausreform. »Die Krankenhausreform wird zu weiteren Effizienzgewinnen führen und sich damit kostensenkend auf die Finanzlage der GKV auswirken«, so Pantazis.
Der Vorstoß der SPD sorgt für Zoff mit den Koalitionspartnern von CDU und CSU. Pantazis hatte seine Ideen schon zu Beginn der Woche gegenüber der »Bild« erklärt. Die Unionsfraktion hielt prompt dagegen: »Dadurch wird Arbeit und Leistung unnötig verteuert und es schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland«, sagte der für Gesundheitspolitik zuständige stellvertretende Unionsfraktionschef Albert Stegemann (CDU).
In ihrem Koalitionsvertrag haben die Parteien die prekäre Situation der GKV-Finanzen nur in einigen kurzen Sätzen adressiert. So schreiben die Koalitionäre, dass sie die Einnahmen der Kassen durch ein höheres Beschäftigungsniveau erhöhen wollen. Außerdem soll eine Expertenkommission die Ausgaben der GKV prüfen und im Frühjahr 2027 konkrete Maßnahmen vorschlagen.
Diese Pläne werden vielfach als unzureichend kritisiert. Angesichts der schwierigen ökonomischen Lage erscheint es unwahrscheinlich, dass Wirtschaftswachstum kurzfristig neue Einnahmen für die Sozialsysteme erzeugen wird. Bis zur Umsetzung möglicher Sparmaßnahmen – die erst in zwei Jahren als Ideen vorgestellt werden sollen – dürfte außerdem noch viel Zeit vergehen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) räumte auf einem kleinen Parteitag im April ein, dass die im Koalitionsvertrag vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichen werden. Der Kanzler bezeichnete eine Reform des Sozialsystems als die »möglicherweise größte gesellschaftspolitische Aufgabe« der kommenden Jahre.