»Spaß am Sport in der Apotheke vorleben« |
| Melanie Höhn |
| 26.06.2024 16:15 Uhr |
Andreas Binninger ist leidenschaftlicher Sportler und verbindet diese Begeisterung mit der Arbeit in seiner Apotheke in Düsseldorf. / Foto: Neander Apotheke Düsseldorf
Downhill Mountainbike, Wasserski, Langstreckenläufe, Kampfsport, Inline-Skating oder Fahrradfahren: Es gibt kaum eine Sportart, die der Apotheker Andreas Binninger noch nicht ausprobiert hat. Im Jahr 2006 kam der Inhaber der Neander-Apotheke in Düsseldorf nach einem Marathon auf die Idee, dieses Hobby mit seinem eigentlichen Beruf zu verknüpfen und verfolgte das Ziel, sich als Sportapotheker zu etablieren.
»Dabei geht es um Gespräche zu Nahrungsergänzungsmitteln, Dopingberatung in Vorbereitung auf Wettkämpfe, Verletzungsprävention und -behandlung, aber auch verstärkt um Gesundheitsprävention«, sagt Binninger, dessen Apotheke sich inzwischen unter Sportfans und Vereinen in der Region Düsseldorf einen Namen gemacht hat.
Zu verdanken ist dies nicht zuletzt seiner Präsenz auf Sportveranstaltungen, seinem regen Austausch mit Athletinnen und Athleten und der natürlicherweise entstehenden Weiterempfehlung durch Hörensagen. Auch seine Präsenz unter dem Namen »@sportapotheker« auf der Plattform Instagram hat dabei einen großen Anteil.
»Social Media ist ein guter und wichtiger Schlüssel, weil man dort am besten sehen kann, was ich mache und dass ich aktiv bin«, sagt der Apotheker. Vor allem will er dort für Sport begeistern und mit seiner Leidenschaft anstecken, zeigt etwa Ausschnitte aus seinen Mountainbike-Touren, Beintechniken für den Karatesport oder erklärt, wie Bewegung in den Alltag integriert werden kann.
»Es ist mir ein großes Anliegen, Spaß am Sport und der Bewegung vorzuleben und den Menschen Lust auf Sport zu machen«, so Binninger, der seine Apotheke seit über 25 Jahren führt. »Alter ist keine Ausrede, nichts zu tun oder nicht wieder anzufangen. Es ist egal, was du machst, aber Hauptsache, du machst etwas regelmäßig.«
Durch seine eigenen sportlichen Aktivitäten bekomme er einen Zugang auf Augenhöhe zu anderen Sportbegeisterten und -interessierten und könne bei der Beratung im HV eigene Erlebnisse teilen. »Prävention durch Bewegung ist ein Thema, um das sich die Apotheken kümmern sollten«, ist er überzeugt.
Je nach Sportart empfiehlt er bei seinen Beratungen Erste-Hilfe-Pakete oder zeigt im Gespräch bestimmte Übungen, etwa zur Stärkung der Gelenke. »Dieses Wissen, das kostenlos über die Ladentheke geht, stärkt auch die Bindung zu den Kundinnen und Kunden«, so Binninger.
Viele Themen und Problematiken würden sich sogar erst im Gespräch am HV-Tisch ergeben. In den teilweise sehr umfangreichen Beratungen schöpfe er aus seiner Erfahrung und empfehle je nach Fall auch Besuche bei anderen Heilberuflerinnen und Heilberuflern, etwa bei Orthopäden oder Osteopathen.
Eine Problematik, über die nicht oft gesprochen werde, jedoch mehr verbreitet sei als allgemein angenommen: Schmerzmittel im Sport. »Die meisten Menschen werden nicht kommunizieren, dass sie Schmerzmittel präventiv für den Wettkampf nehmen oder trotz Verletzung mit Schmerzmitteln ihr normales Training durchstehen wollen«, sagt Binninger. »Viele wissen, dass es nicht gut ist, machen es aber trotzdem«. Wenn er darüber ins Gespräch komme, versuche er, Lösungen und Alternativen zu finden.
Doping-Verdachtsfälle und direkte Anfragen zu bestimmten leistungssteigernden illegalen Mitteln gebe es in seiner Apotheke derzeit nicht, dennoch sei es wichtig, auch bei frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln richtig aufzuklären. »Diese können auch natürlicherweise Stoffe enthalten, die von der Nationalen Anti Doping Agentur als unerlaubt eingestuft werden«, so Binninger.
Vor allem bei diesem Thema schätzt er den Online-Handel als brandgefährlich ein: »Man sollte nicht von unbekannten Quellen kaufen, weil da viel gepanscht wird«, sagt er. Der Online-Handel sei auch deshalb ein großes Risiko, weil dort keine vernünftige Beratung stattfinde. »In einem persönlichen und lockeren Sportgespräch habe ich die Chance, dass der oder -diejenige sich öffnet und ich plötzlich bestimmte Probleme erkenne und Hilfe leisten kann, was vorher gar nicht offensichtlich war. So etwas läuft über ein Online-Business überhaupt nicht.«
Generell haben aus Binningers Sicht viele Apotheken das Potenzial von Sportlerinnen und Sportlern nicht auf dem Radar: »Ich glaube aber, dass es ein Feld ist, bei dem man wirklich etwas erreichen kann und wo es möglich ist, eine gute persönliche Bindung herzustellen«, sagt er. Für ihn sei es essenziell, als Apotheke im Sportbereich ein positives Bild in die Bevölkerung hineinzutragen.
Das sieht auch Andreas Toman so: Er ist seit etwa fünf Jahren ebenfalls Sportapotheker und weiß um die Vorteile einer guten Sportberatung im HV: »Kundinnen und Kunden können viel Geld sparen, wenn sie zu uns kommen und nicht im Internet Präparate kaufen, die ihren Zweck nicht erfüllen. Die meisten wissen gar nicht, was sie wollen«, sagt der Inhaber der Pinguin-Apotheke in Rostock.
Der Apotheker Andreas Toman wünscht sich, dass Apotheken eine größere Rolle im Sportbereich spielen. / Foto: Pinguin Apotheke Rostock
Er bezeichnet sich wie Binninger als sportverrückt, macht aktuell Crossfit, war aber auch im Bereich Karate, Judo und Leichtathletik unterwegs. Toman wünscht sich vor allem, dass Apotheken eine größere Rolle in Vereinen und Schulen spielen. »Wir sind zwar präsent, aber wir funktionieren zu gut und zu unaufgeregt und es wird einfach so hingenommen. Das ist schade«, sagt er.
Dabei könnten sowohl Breiten- als auch Leistungssportler von einer gut aufgestellten öffentlichen Apotheke mehr profitieren, auch beim Thema Prävention. Welche Möglichkeiten gibt es, um sich nach dem Sport schneller zu erholen? Welche Medikamente dürfen bei bestimmten Vorerkrankungen genommen werden? Dies sind laut Toman nur zwei der Aspekte, die die Apotheke vor Ort mit den Sportberatungen abdecke. Vor allem Aufklärung ist ihm besonders wichtig: »Im Netz kursieren die haarsträubendsten Geschichten. Da muss die Apotheke vor Ort gegensteuern«.
Derzeit arbeitet Toman mit lokalen Sportvereinen auf Spendenquittung-Basis zusammen, macht Ernährungsberatungen oder hält die Erste-Hilfe-Koffer auf dem neuesten Stand. »Bisher sind diese Kooperationen noch kein Geschäftsmodell, aber ich arbeite daran. Auf jeden Fall mache ich das alles aus Leidenschaft.«
Toman ist davon überzeugt, dass Apotheken ein wichtiger Multiplikator und eine wichtige Schnittstelle im Sport sind, auch für Menschen, die weiterhin aktiv bleiben wollen.