Sonnenbrand durch RNA-Schäden in der Haut ausgelöst |
Theo Dingermann |
17.01.2025 16:25 Uhr |
Gerötet, warm und schmerzend – ein Sonnenbrand ist die Akutreaktion auf zu hohe UV-Strahlungsdosen. Die Reaktion wird neuen Erkenntnissen zufolge durch mRNA-Schäden ausgelöst. / © Getty Images/Pattarisara Suvichanarakul
Ein Sonnenbrand schädige die DNA und führe akut zu Zelltod und Entzündungen, auf lange Sicht aber auch zu Krebs. So steht es in den Lehrbüchern und so wird es regelmäßig zu Beginn der warmen Jahreszeit kommuniziert. Dass zumindest die akuten Effekte einer zu hohen Dosis an aggressiver UV-Strahlung nicht durch DNA-Schäden, sondern in erster Linie durch RNA-Schäden verursacht werden, ist neu. Diese Erkenntnisse stellen Forschende um Professor Dr. Anna Constance Vind von der Universität Kopenhagen und Kollegen aus Singapur jetzt im Fachjournal »Molecular Cell« vor.
Sie zeigen, dass UV-B-Strahlung in der Haut die Boten-RNA (mRNA) beschädigt, was zu einer Störung am Ribosom, das mRNA abliest und zur Proteinbildung nutzt, führt. Die ausgelöste sogenannte ribotoxische Stressantwort (RSR) spiele in Bezug auf Entzündung, Zelltod und epidermale Hyperplasie als Reaktion auf UV-B-Strahlung die zentrale Rolle, berichtet das Team. Als Schlüsselmolekül, das die Störung am Ribosom in Gang setzt, identifizierte es die Kinase ZAKα, die in Keratinozyten sowohl die klassische Apoptose als auch eine Spezialform der Apoptose, die Pyroptose, vermittelt.
Einen Hinweis auf die zentrale Rolle der Kinase ZAKα erhielten die Forschenden dadurch, dass sie mithilfe spezifischer Kinaseinhibitoren die unterschiedlichen Mechanismen des Zelltods aufzuklären versuchten. Denn Apoptose wird unter anderem von JNK-Kinasen vermittelt. Demgegenüber wird die Pyroptose von den molekularen Schaltern p38 und NLRP1 induziert. NLRP1 war das erste Protein, von dem gezeigt wurde, dass es ein Inflammasom, also einen Komplex bildet, der bei Entzündungen eine wichtige Rolle spielt.
Bestätigt wurde der Hinweis auf ZAKα als Schlüsselmolekül dadurch, dass in Zak-Knock-out-Mäusen, in deren Genom beide Kopien für die Kinase zerstört sind (Zak-/-), die Reaktion auf UV-B-Strahlung signifikant schwächer ausfällt, was sich dadurch zeigt, dass nur noch mäßige Entzündungsreaktionen, deutlich weniger Zelltod und kaum noch die sonst übliche epidermale Verdickung auftreten.
Zudem löste die topische Applikation von Anisomycin, einem bekannten RSR-Induktor, am Ohr der Mäuse eine ZAKα-abhängige Schwellung und Entzündung aus, wodurch auch die ursächliche Rolle der RSR bei diesen Prozessen bekräftigt wurde.
Durch detaillierte Einzelzellstudien, beispielsweise durch RNA-Sequenzierung, konnten die Forschenden die pathologischen Prozesse nach Exposition mit UV-B-Strahlung genauer analysieren. So zeigen sie, dass die Pyroptose in den Zellen früher einsetzt und von ZAKα und p38 abhängt. Die Apoptose dagegen hängt von ZAKα und JNK ab und tritt erst später auf. Die ZAKα-Kinase reguliert die Expression von Genen, die an Entzündungsprozessen und am programmierten Zelltod beteiligt sind. Studien an den Zellen der Zak-Knock-out-Mäuse bekräftigen die zentrale Rolle von ZAKα bei den Entzündungsreaktionen.
Die Forschenden fanden heraus, dass die Reaktionen auf UV-Strahlung durch Signale ausgelöst werden, die auf Schäden in der RNA im Zellplasma und nicht auf Schäden in der DNA im Zellkern zurückgehen. Außerdem wird die RSR durch eine Art Rückkopplung gesteuert: Die Aktivierung des Proteins ZAKα nach UV-Bestrahlung wird durch Autophosphorylierung und Selbstabbau des Proteins gestoppt, wodurch die Stressreaktionen beendet werden.
Die Ergebnisse dieser Studie stellen die gängige Annahme infrage, dass DNA-Schäden die alleinige Ursache für UV-induzierte Hautreaktionen seien. Stattdessen legen sie nahe, dass die RSR, ausgelöst durch mRNA-Schäden, als eine wichtige Grundlage für die frühe Reaktion der Haut auf UV-B-Strahlung fungiert.
Diese Erkenntnisse haben wichtige Implikationen für das Verständnis der Pathophysiologie von Sonnenbrand und anderen entzündlichen Hauterkrankungen. Sie könnten die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien anstoßen. So könnte ZAKα ein vielversprechendes Target für die Entwicklung spezifischer Inhibitoren darstellen.