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Apothekerkammer Hamburg

»Solidarisches Handeln werden wir noch brauchen«

Das im März geänderte Hamburger Kammergesetz für die Heilberufe (HmbKGH) sieht nun auch für die Apothekerkammer Hamburg eine Delegiertenversammlung vor. Es folgt damit den anderen Heilberufen in Hamburg sowie den meisten Apothekerkammern bundesweit. Der Deutsche Apothekertag und der Protesttag waren weitere Themen bei der Kammerversammlung am 20. Juni.
Wiebke Gaaz
22.06.2023  11:00 Uhr

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen eröffnete die Kammerversammlung mit einem aus heutiger Sicht prophetischen Zitat: »Dieses solidarische Handeln wird unser Berufsstand noch dringend brauchen (…).« Es stammt aus seinem Bericht zur Kammerversammlung im November letzten Jahres und bezog sich auf den Tag im Oktober, als die vier Landesverbände Hamburg, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Saarland zur Schließung aller Apotheken aufgerufen hatten. »Die Solidarität war letzte Woche sicher gefordert. Mit dem Aufruf zur Beteiligung am Protest hat unsere ABDA-Präsidentin ihr politisches Überleben als Einsatz in den Ring geworfen.«

Siemsen erinnerte sich, dass er seit 2012 für eine offensivere, lautere Darstellung der Forderungen kämpft. Die Basis sei zu Recht enttäuscht gewesen vom bisherigen Kuschelkurs in Berlin. Die ABDA-Klausurtagung Ende Februar sei ein Wendepunkt gewesen: »Ich dachte, ich bin in einer anderen Welt.« Erstmalig sei ein Forderungskatalog und ein Eskalationsplan mit ABDA-Präsidentin Gabriele-Regina Overwiening und allen 34 Apothekerkammern und -verbänden erstellt worden, der offensiv nach außen getragen werden sollte. Dies sei auch geschehen. Tausende waren auf den Demonstrationen in Berlin, Düsseldorf und anderen Städten. Circa 90 Prozent der Apotheken hätten sich dem Protest angeschlossen.

Politik ist am Zug

Die Solidarität der Apothekerschaft sei schon überragend und auch für die Politik sehr beeindruckend, sagte Siemsen. Diese sei jetzt am Zug. Entsprechend ihres Handelns müssten die Apotheker das Thema weiter am Kochen halten. Die Versorgungsengpässe würden als medienwirksames Thema auch über den Sommer weiter bestehen bleiben. »Weitere Nadelstiche in Richtung Krankenkassen – zumindest einzelne – müssen folgen, bis wir Erfolge vermelden können.«

Zwei Punkte des Forderungskatalogs finden schon Gehör, denn am Tag der Kammerversammlung sind zwei Änderungsanträge der Regierungsfraktionen bekannt geworden. Demnach soll die Präqualifizierung entfallen und in bestimmten Fällen Nullretaxationen verboten werden. Die Punkte Wertschätzung und Honorierung geleisteter Arbeit bleiben jedoch nach wie vor offen. Der Aufwand, den die Apotheken seit langer Zeit zur Lösung von Lieferengpässen betreiben müssen, bei endlos scheinender Bürokratiearbeit, müsse umgehend gesondert honoriert werden. Die 50 Cent aus dem Gesetzentwurf seien ein Hohn. »Wertschätzung sieht anders aus«, kommentiert Siemsen.

Kritik an Verwaltungskosten

Er fragte außerdem, warum wir uns in Zeiten der knappen Kassen fast einhundert Krankenkassen mit entsprechender Zahl an Vorständen leisten. Es sei nur schwer zu ertragen, dass die Verwaltungskosten der Gesetzlichen Krankenkassen bei nahe 5 Prozent der GKV-Gesamtausgaben liegen, während auf die Apotheken weniger als 2 Prozent entfallen.

Apotheken müssten seit 20 Jahren ohne Inflationsausgleich wirtschaften. »Eine Herkules-Aufgabe, und jedes Jahr müssen Patienten auf die vor-Ort-Versorgung mit Arzneimitteln verzichten, weil Hunderte Apotheken aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen.«

Den jungen Menschen sei es nicht zuzumuten, den Schritt in die Selbstständigkeit zu machen, wenn Risiko, Freizeitverzicht und Arbeitslast nicht besser vergütet würden als im Angestelltenverhältnis. Diese Kolleginnen und Kollegen fehlten als Nachfolger, wenn in den nächsten zehn Jahren die Baby-Boomer in den Ruhestand gingen. Siemsen appellierte bei der Kammerversammlung an die Apotheker, sich mit ihren Abgeordneten zu treffen und diese Themen anzusprechen.

Ablösung der Vollversammlung durch eine Delegiertenversammlung

Die wichtigste Veränderung durch das im März geänderte Hamburger Kammergesetz wird die Ablösung der Vollversammlung durch eine Delegiertenversammlung sein, wie in der Kammerversammlung deutlich wurde. Die Kammermitglieder wählen 25 Delegierte – zwölf Bezirksdelegierte und zwölf Listendelegierte. Ein Delegierter und sein Stellvertreter werden vom Fachbereich Pharmazie der Hamburger Universität bestimmt.

Die Delegiertenversammlung ist beschlussfähig, wenn zwei Drittel der Delegierten anwesend sind. Diese wählen den Vorstand, der sich dann aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und drei Beisitzern zusammensetzt. Die Aufgaben des Vorstands bleiben unverändert, auch die Ausschüsse bleiben identisch. Die Delegierten und der Vorstand werden für jeweils vier Jahre gewählt. Die Versammlungen dürfen von allen Kammermitgliedern besucht werden.

Damit sie gleichmäßig vertreten sind, wählen die Kammermitglieder der sechs Hamburger Bezirke (Nord, Eimsbüttel, Mitte, Altona, Wandsbek, Bergedorf-Harburg) jeweils zwei Bezirksdelegierte. Die Zahl kann auch steigen, denn sind im Bezirk mehr als 500 Kammermitglieder gemeldet, wird ein weiterer Bezirksdelegierter gewählt. Dies wäre vergangenes Jahr in zwei Bezirken der Fall gewesen, erklärte Kammerpräsident Siemsen. Sie sollen Versammlungen in ihren Bezirken abhalten (regelhaft viermal im Jahr, mindestens aber zweimal im Jahr) und alle Anliegen in die Kammer tragen und umgekehrt über die Arbeit der Apothekerkammer berichten. Sie bilden demnach eine »Schnittstelle zwischen Kammer und Bezirk«, so Siemsen weiter.

Weniger Beliebigkeit und mehr Verbindlichkeit

In der Diskussion wurde klar, dass dieses neue Verfahren mehr Arbeit bedeuten wird. Andererseits konnte Ena Meyer-Bürck, Geschäftsführerin der Apothekerkammer, von positiven Erfahrungen der Zahnärzte berichten, die eine ähnliche Gremienstruktur haben. »Es ist am Anfang schwierig gewesen, aber diejenigen, die mitmachen, sind aktiver und arbeiten konstruktiver. Die Delegierten sind Ansprechpartner in den Bezirken und das erleichtert die Kontaktaufnahme.«

Apothekerin und Vorstandsmitglied Petra Kolle ergänzte, dass man mit der geänderten Struktur nicht mehr 135 Kammermitglieder zusammenbekommen müsse, um beschlussfähig zu sein. Das sei in der Vergangenheit oft schwierig zu schaffen gewesen. Mit 25 Delegierten werde es weniger Beliebigkeit und mehr Verbindlichkeit geben.

Bei der anschließenden Abstimmung wurden die Neufassungen der Hauptsatzung und der Wahlordnung mehrheitlich beschlossen. Gewählt wird voraussichtlich Anfang Dezember in Form einer Briefwahl. In Zukunft solle dies aber auch digital möglich sein, sagte der Kammerpräsident.

Apotheken fordern mehr Handlungsspielraum in der Akutversorgung

Der Deutsche Apothekertag, der in der letzten Septemberwoche in Düsseldorf stattfinden wird, war ein weiteres Thema bei der Kammerversammlung. Zwei Anträge zur Hauptversammlung wurden bei der Kammer eingereicht: Im ersten wird der Gesetzgeber aufgefordert, den Apotheken für die Versorgung von Patienten in Not- und Akutsituationen mehr Handlungsspielraum einzuräumen. Zudem soll ein Aut-simile-Austausch ohne Rücksprache mit dem Arzt, sofern dieser nicht erreichbar ist und die unverzügliche Anwendung des Arzneimittels erforderlich ist, möglich sein.

Der zweite Antrag richtet sich gegen ein ärztliches Dispensierrecht im Notdienst. Die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln werde auch im Notdienst durch Apotheken sichergestellt. Ein ärztliches Dispensierrecht sei nicht notwendig und könnte die Lieferengpässe sogar verschärfen.

Beide Anträge wurden von den anwesenden Kammermitgliedern einstimmig angenommen. Georg Zwenke, Geschäftsführer des Hamburger Apothekervereins und des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, berichtete, dass sie auch in Schleswig-Holstein angenommen wurden und somit von beiden Verbänden gemeinsam eingebracht werden können.

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