| Annette Rößler |
| 27.11.2025 16:20 Uhr |
Die Bettwanze (Cimex lectularius) ist insofern ungefährlich, als sie keine Krankheiten überträgt. Ihre Stiche sind jedoch höchst unangenehm. In Istanbul wurde nun offenbar die unsachgemäße Bekämpfung von Bettwanzen einer Familie zum Verhängnis. / © Adobe Stock/Georgy Dzyura
Nachdem eine vierköpfige Familie aus Hamburg Mitte November in Istanbul verstorben war, war die Ursache zunächst unklar. Nun berichten mehrere Medien, dass im Hotelzimmer der Familie das giftige Gas Phosphin (Phosphorwasserstoff, PH3) gefunden wurde. Die Vergiftung sei die Folge eines unsachgemäßen Einsatzes des Schädlingsbekämpfungsmittels Aluminiumphosphid (AlP) gegen Bettwanzen gewesen.
Diese Anwendung sei fachlich falsch und lebensgefährlich, schreibt der Deutsche Schädlingsbekämpfer Verband (DSV) auf seiner Website. Aluminiumphosphid zur Bekämpfung von Bettwanzen einzusetzen, sei »weder üblich noch zulässig – weder in Deutschland noch nach international anerkannten Standards«. In Deutschland werde Phosphorwasserstoff nahezu ausschließlich im Vorratsschutz eingesetzt, etwa zur Begasung großer Lagerbestände. Die Anwendung sei streng reglementiert und nur durch speziell ausgebildete, zertifizierte Fachfirmen erlaubt.
Laut einem Zulassungsbericht für ein entsprechendes Pflanzenschutzmittel, der auf der Website des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) einsehbar ist, dient Aluminiumphosphid etwa zum Schutz von Getreide, Mehlen, Hülsenfrüchten und Trockenobst in Silos vor Insekten. Auch Ratten und Wühlmäuse im Freiland, insbesondere bei Dämmen und Deichen, können damit bekämpft werden.
Aluminiumphosphid ist ein graues Pulver mit einem fischigen beziehungsweise penetranten knoblauchartigen Geruch, das zusammen mit der Luft- beziehungsweise Bodenfeuchtigkeit Phosphin bildet. Das Gas führt in größeren Konzentrationen zu einer Oxidation des zweiwertigen Eisens im Hämoglobin zu dreiwertigem Eisen (Methämoglobinbildung), was den Sauerstofftransport des Blutes verhindert. Lagerräume, in denen Aluminiumphosphid ausgelegt wurde, dürfen erst bis zu 14 Tage nach der Anwendung wieder betreten werden.
Laut dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) wird Phosphorwasserstoff über die Lunge schnell resorbiert. Mögliche Frühsymptome einer Vergiftung seien Engegefühl, Brennen oder Schmerzen in der Brust, Atemnot, Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit/Erbrechen und Durchfall. Symptome einer Atemwegsreizung machten sich dagegen meist erst verzögert bemerkbar.
Aluminiumphosphid werde in Deutschland nicht zur Bekämpfung von Bettwanzen eingesetzt, betonte Marco Müller vom DSV im ZDF-»Morgenmagazin« am 27. November 2025. Stattdessen nutzten Kammerjäger hierzulande heiße Luft oder heißen Dampf, das Spritzverfahren mit Insektiziden oder Kieselgur-Puder für Hohlräume beziehungsweise eine Kombination dieser Verfahren, um gegen Bettwanzen vorzugehen. Bei einem Bettwanzen-Befall sollten Betroffene am besten direkt einen professionellen Schädlingsbekämpfer verständigen, statt auf eigene Faust mit womöglich dubiosen Mitteln dagegen vorzugehen.