So will Gedisa Card-Link für alle umsetzen |
| Alexander Müller |
| 22.05.2024 16:20 Uhr |
Die Gedisa will als Provider / Foto: Adobe Stock/JuanCi Studio
Das Card-Link-Verfahren wurde für die Versandapotheken entwickelt, damit Versicherte auch aus der Ferne mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte (EGK) E-Rezepte einlösen können. Die großen Versender Doc Morris und Redcare konnten ihren Startvorteil nutzen und sind bereits mit eigenen Angeboten am Start.
Während die Versender nur mit der eigenen Warenwirtschaft und der ihrer jeweiligen App kommunizieren müssen, gestaltet sich die Verbreitung des Card-Link-Verfahrens in der Fläche als komplizierter. Im schlechtesten Fall müsste jede Apotheke mit verschiedenen Anbietern zusammenarbeiten – mit entsprechend hohen Kosten. Der Ruf nach einer Branchenlösung wurde auch deshalb laut, weil das Bundesgesundheitsministerium (BMG) strenge Vorgaben zur Diskriminierungsfreiheit gemacht hat. Entweder bietet die Apotheke eine eigene App oder die Plattform listet alle Apotheken.
Noch ist nichts offiziell, aber Gedisa-Geschäftsführer Sören Friedrich bestätigte auf Nachfrage der PZ, dass sich viele große Marktpartner hinter einer standeseigenen Lösung vereinen würden.
Die Gedisa will dabei als Provider auftreten, bei dem die Apotheken Pauschalpakete für die Nutzung von Card Link buchen können. »Wir haben uns lange überlegt, wie wir ein Card-Link-Verfahren diskriminierungsfrei als Anbieter nach außen tragen können. Daher wird die Schnittstelle zum Card-Link-System wie auch das notwendige Software Development Kit (SDK) für alle anderen Plattformen und Apps kostenfrei zur Verfügung gestellt«, so Friedrich.
Alle Marktbeteiligten sollen sich so an die Card-Link-Lösung der Gedisa anschließen können. Die Apotheke zahlt einmal die Providerkosten an Gedisa und hat dann die freie Wahl, mit welchem App-Anbieter oder Plattform-Betreiber sie zusammenarbeiten und im Frontend bei den Versicherten erscheinen möchten.
Ob dann noch einmal Kosten auf die Apotheken zukommen können, liegt in der Hand der App-Anbieter. Da die Gedisa aber die Schnittstellen kostenfrei zur Verfügung stellt, sollten nach Friedrichs Erwartung allenfalls Kleinstbeträge für die App-Einbindung anfallen, wenn überhaupt. So sei die Apotheke frei in der Wahl des Frontend und könne auch bei mehreren Frontend-Anbietern vertreten sein, bei einem trotzdem relativ moderaten Preis.
Die Gedisa veranschlagt für die Grundausstattung »Paket S« 49 Euro monatlich, inklusive der SMS-Gebühren für 100 Transaktionen. »Wir denken, dass die meisten Apotheken mit diesem Paket im Monat auskommen sollten.« Wer mehr benötigt, kann in das »Paket M« wechseln. Das gibt es für 64 Euro, dafür kommen weitere 150 Transaktionen dazu. Jeweils weitere 250 Transaktionen gibt es dann für 25 Euro. Aufgrund der laut Friedrich sehr hohen Investitionskosten soll es zu Beginn einen Jahresvertrag geben.
Während die Banken mittlerweile mit Token-Servern arbeiteten, setze die Spezifikation der Telematik-Infrastruktur (TI) leider auf den SMS-Token für die Transaktion. »Diese Oldschool-Technologie ist leider ziemlich teuer«, moniert Friedrich.
Man habe sich aus zwei Gründen für einen Paketpreis entschieden. Erstens halte er transaktionsbasierte Gebühren für rechtlich bedenklich, so der Gedisa-Geschäftsführer. Zweitens könne es vorkommen, dass in der Apotheke ein Prüfnachweis ausgelöst werde, das Rezept aber nicht da sei – etwa aufgrund der fehlenden Signatur. Die Kosten für diese Abfragen müssten auch abgebildet sein.
Wer genau mit von der Partie ist, will Friedrich noch nicht verraten, der Prozess der Absichtserklärung (Letter of Intent, LOI) sei noch nicht abgeschlossen. Das werde aber relativ kurzfristig passieren. Die Gedisa verhandele derzeit mit 10 bis 15 Providern. Namen werden noch nicht genannt, aber der Großteil des Marktes sei involviert, so Friedrich. Das Angebot sei auch kartellrechtlich geprüft. »Es besteht eine volle Diskriminierungsfreiheit aufgrund des kostenlosen Angebots gegenüber externen App-Anbietern«, so Friedrich.
Auf Gebühren gegenüber den Anbietern will die Gedisa bewusst verzichten, weil diese sie vermutlich Eins-zu-eins auf die Apotheken umlegen würden. »Wir sind ein standeseigenes Unternehmen und haben versucht, es so günstig wie möglich zu bauen, um allen Apotheken die Möglichkeit zu geben, daran teilzunehmen«, so Friedrich.
Die Vernetzung Tausender Einzelapotheken mit unterschiedlichen Softwaresystemen ist aufwendig, zu den technischen Herausforderung zählt insbesondere die Lastverteilung. Die Gedisa stellt eine Infrastruktur mit 100 bis 200 Online-Konnektoren her. Für die Abholung der Informationen werden zum Start 30 bis 50 »Partnerapotheken« genutzt. Diese sollen den Anfragemechanismus übernehmen, bis die Rezeptinformationen in die App des jeweiligen Anbieters laufen.
Friedrich erklärt den technischen Ablauf so: »Wir fragen nicht mit der SMC-B beziehungsweise mit der Institutionskarte der Apotheke beim Rezept-Server an, die vorausgewählt wurde, sondern wir nutzen dort eine Pseudo-Apotheken-ID. Die wiederum wird nie erfahren, welcher User angefragt hat oder welches E-Rezept betroffen ist. Es wird nur gesagt: Ich bin eine Apotheke, ich möchte den Prüfnachweis haben und möchte Rezeptinformationen.«
Die Partnerapotheken stellen für die Gedisa eine zweite SMC-B bereit, ohne Zugriff auf die Prozesse. Die Gedisa spricht das Kartenterminal an, das separiert mit einem Online-Konnektor in die Apotheke gestellt wird. »Man hat quasi ein kleines cloudbasiertes Warenwirtschaftssystem, das separiert läuft. Die Partnerapotheke erhält keine Daten, da wird wirklich nur ein Kartenterminal stehen, die eigentlichen Informationen laufen hochverschlüsselt zwischen der Telematik-Infrastruktur und der anfragenden App ab, die der Kunde gewählt hat«, so Friedrich. Wenn der Kunden in der App sieht, was verschrieben worden ist, weist er den Auftrag der Apotheke zu, die er schon im Vorfeld auswählen musste.
Die Lastverteilung wird herausfordernd bleiben, bei den Konnektoren im Rechenzentrum und bei den Partnerapotheken. Deren Zahl soll daher perspektivisch auf bis zu 100 erweitert werden. Voraussetzung für die Partnerapotheken ist ein schneller Internetzugang, die ersten haben eine 500 MBit-Leitung.
Die Gedisa will im August startklar sein. Warum so spät? »Zum einen sind die Spezifikationen sehr spät gekommen, zum anderen ist es für uns als standeseigenes Unternehmen besonders wichtig, ein sehr sicheres System zu bauen, das vom Apotheker trotzdem ordentlich bedienbar ist«, erklärt Friedrich.
Zumal es auch rechtliche Hürden zu beachten gibt. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte in einer Stellungnahme zuletzt noch einmal betont, dass jede E-Rezept-Lösung diskriminierungsfrei sein muss. Aus Sicht der Gedisa wird diese Vorgabe beim eigenen Angebot erfüllt sein. Denn der Versicherte wähle zuerst die Apotheke, erst dann werde der Prüfnachweis von der Telematikinfrastruktur abgeholt und die E-Rezept-Informationen an die bereits gewählte Apotheke zugewiesen. »Dann ist das eine Eins-zu-eins-Beziehung vor dem Start des eigentlichen Card-Link-Prozesses und wir müssen nicht zwingend alle Apotheken listen«, so Friedrich.
Die Gedisa will Implementierungsleitfäden für Dritte zur Verfügung stellen. Denn die Wahl der Apotheke dürfe nicht im Nachgang erfolgen, warnt Friedrich. Gedisa tritt also nicht als Plattform auf, sondern als Dienstleister der Apotheke. Friedrich drückt es so aus: »Wir könnten diese App auch für jede Apotheke einzeln zur Verfügung stellen.«
Gedisa habe die Möglichkeit, alle Apotheken zu listen und wie bei anderen Funktionen zu kennzeichnen, ob die Apotheke Card Link anbietet. Denn das sei schließlich freiwillig. Aufgrund der freien Wahl des Content-Anbieters dürften nach seiner Einschätzung aber die allermeisten Apotheken dort sichtbar werden und dem neuen § 360 SGB V damit Genüge getan sein.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.