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Arbeitsrecht

So umgeht der Apothekenleiter Fehler beim Kündigen

Konflikte kosten Zeit und Geld und wirken sich außerdem negativ auf die Stimmung im Betrieb aus. Manchmal kann es daher besser sein, sich von einem Mitarbeiter zu trennen. Welche rechtlichen Regeln dabei gelten, wie Formfehler zu vermeiden sind und welche Alternativen es gibt, erläutern die beiden Rechtsanwälte Rainer Höfer und Jasmin Johanna Kasper im Gespräch mit der PZ.
Jennifer Evans
05.05.2022  18:00 Uhr

PZ: Manchmal muss der Apothekenleiter einem Mitarbeiter die Kündigung aussprechen. Was gilt rechtlich als Kündigungsgrund?

Kasper: Grundsätzlich unterscheidet das Kündigungsschutzgesetz zwischen verhaltensbedingten, personenbedingten und betriebsbedingten Gründen. In der Praxis sind die Ursachen meist verhaltensbedingt, also Vertragsverstöße, die auf ein sogenanntes steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen sind. Dazu zählt beispielsweise Zuspätkommen, Missachtung von Fristen rund um die Arbeitsunfähigkeit oder ungebührliches Verhalten gegenüber Kunden oder Kollegen. Achtung: Eine Kündigung aufgrund eines Fehlverhaltens kommt grundsätzlich erst nach vorheriger Abmahnung in Betracht.

PZ: Was müsste in einer Apotheke vorfallen, damit eine fristlose Kündigung erfolgen kann?

Höfer: Wenn das Arbeitsverhältnis für den Arbeitgeber unzumutbar wird. Konkret wäre denkbar, wenn ein Mitarbeiter in die Kasse greift. Wir hatten auch schon den ein oder anderen Fall, in dem es sogar um Entnahme von Betäubungsmitteln ging. Bei solchen gravierenden apotheken- und strafrechtlichen Verstößen kommt natürlich eine außerordentliche fristlose Kündigung in Frage. Trotz allem kommt es immer auf den Einzelfall an und eine fristlose Kündigung darf immer nur das letzte Mittel sein. Wichtig ist daher immer, die Einzelheiten des individuellen Falls abzuwägen: Wie alt ist der Arbeitnehmer? Gab es bereits vorher Abmahnungen? Wie lange ist der Arbeitnehmer bereits im Betrieb beschäftigt?

PZ: Formfehler passieren leicht. Was sollte der Chef beachten?

Kasper: Ganz gleich, ob es sich um befristete Arbeitsverhältnisse, Kündigungen oder Aufhebungsverträge dreht: Bei arbeitsrechtlichen Beendigungen gilt grundsätzlich das Schriftformgebot. Alle Erklärungen und Vereinbarungen sind eigenhändig durch den Apothekeninhaber zu unterzeichnen. Daher scheidet eine Kündigung mittels E-Mail, mündlich oder per Fax aus.

PZ: Und wenn doch ein Formfehler vorliegt. Wird man den Mitarbeiter dann gar nicht mehr los?

Kasper: Ein Verstoß gegen die Schriftform ist gravierend und kann nicht geheilt werden. Geht ein Arbeitnehmer gerichtlich dagegen vor, wird er Recht bekommen und es muss eine weitere Kündigung erfolgen, bei der auch die Kündigungsfrist von Neuem beginnt.

PZ: Welche Mitarbeiter genießen Sonderkündigungsschutz?

Höfer: Die bekanntesten Beispiele dürften Schwangere ab dem ersten Tag der Schwangerschaft sein. Das gilt auch während der Probezeit. Ähnlich ist es bei schwerbehinderten Mitarbeitern, deren Behinderungsgrad bei mindestens 50 liegt. Arbeiten sie seit mindestens sechs Monaten im Betrieb, darf der Apothekenleiter sie nur noch nach Zustimmung des zuständigen Integrationsamts kündigen. Ein weiterer wichtiger Fall ist der Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit. In der Praxis von weniger Relevanz ist jener bei internen Datenschutzbeauftragten. In einigen Bundesländern fallen außerdem Mitarbeiter, die sich kommunalpolitisch wie in Gemeinde- oder Stadträten engagieren, unter einen besonderen Kündigungsschutz.

PZ: Was sollte ein Aufhebungsvertrag immer beinhalten?

Kasper: Generell sind die Parteien relativ frei, was den Inhalt betrifft. Aus Arbeitgebersicht bietet es sich jedoch an, steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Hinweise aufzunehmen oder etwa Meldepflichten bei der Agentur für Arbeit. Üblicherweise sind darin auch Abfindungszahlen, Herausgabeansprüche, offene Zahlungsansprüche oder die Übertragung der betrieblichen Altersvorsorge festgehalten.

PZ: Gibt es für Filialapotheken zusätzliche Regeln zu beachten?

Höfer: Mit Blick auf das Kündigungsschutzgesetz ja. Solange der Apothekeninhaber betriebsübergreifend Personalentscheidungen trifft, gelten seine Hauptapotheke und die Filialbetriebe als eine rechtliche Einheit und werden hinsichtlich der Mitarbeiteranzahl zusammengerechnet.

PZ: Wenn sich Arbeitsrecht, Tarifvertrag und Arbeitsvertrag widersprechen. Was gilt dann?

Höfer: Da greift eine typische Juristenantwort: Es kommt darauf an. Grundsätzlich gilt die ranghöhere Norm. In diesem Fall also Gesetz vor Tarif, Tarif vor Vertrag. Wenn allerdings die rangniedrigere Norm für den Arbeitnehmer günstiger ist, kann auch diese Anwendung finden. So greift bei Kündigungsfristen in der Regel jene Norm, die für den Mitarbeiter die längste Frist vorsieht.

PZ: Kommen fristlose Kündigungen in Apotheken häufig vor? Oder ist die Branche eher zögerlich?

Kasper: Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangelns, ist es schlau, Beendigungen leise zu regeln und Aufhebungsverträge zu forcieren – in der Hoffnung, dass sich die Parteien gütlich einigen. Aus unserer Erfahrung können wir jedoch sagen, dass außerordentliche fristlose Kündigungen in der Apothekenbranche eher selten vorkommen.

PZ: Welche Probleme sind denn oft für den Apothekenleiter ausschlaggebend, sich von einem Mitarbeiter zu trennen?

Kasper: Häufig geht es um Vertrauensverlust zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Immer dann also, wenn das Gleichgewicht zwischen »Geben und Nehmen« gestört ist, wird es schwierig, das Arbeitsverhältnis fortzuführen.

PZ: Wie oft wird für einen Konflikt ein Mediator angefragt, um eine Kündigung zu vermeiden?

Kasper: Das Interesse, Konflikte frühzeitig im Beisein eines Dritten zu lösen, wächst immer mehr. Sowohl was Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber oder Arbeitnehmer betrifft als auch zwischen Kollegen. Angesichts des Fachkräftemangels gilt es, den Verlust von Mitarbeitern gut zu überdenken. Einerseits ist es schwierig, neue Mitarbeiter zu finden und in deren Einarbeitung zu investieren, andererseits entstehen Kosten auch durch Konflikte. Wenn beispielsweise zwei Mitarbeiter Meinungsverschiedenheiten haben, tragen sie diese in der Regel während der Arbeitszeit aus. Oft sind weitere Kollegen involviert, kostbare Arbeitszeit geht verloren und der Leistungsabfall wirkt sich negativ auf den gesamten Betrieb aus. Kommunikation ist hier das Stichwort. Ein Mediator kann da wahre Wunder wirken.

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