So kommuniziert die ABDA |
Daniela Hüttemann |
29.05.2024 16:20 Uhr |
Neben den berufspolitischen Forderungen sind das E-Rezept, die pharmazeutischen Dienstleistungen und die Nachwuchsgewinnung die derzeitigen Kampagnen-Schwerpunkte. / Foto: ABDA
»Die Apothekenstrukturreform ist derzeit der wichtigste Bereich«, erläuterte Rohrer bei der Kammerversammlung der Apothekerkammer Bremen am Montagabend. Nicht zu vernachlässigen seien jedoch auch die Leistungskommunikation (derzeit mit den Schwerpunkten E-Rezept und pharmazeutische Dienstleistungen, pDL) sowie die Nachwuchsgewinnung.
»Wenn wir politisch kommunizieren, haben wir vier Ebenen: die politischen Gespräche der ABDA (in der Regel auf Bundesebene), die Aktivitäten der Mitgliedsorganisationen – also Kammern und Verbänden – auf Landesebene, Aktionen in den Apotheken vor Ort und landesweite PR-Kampagnen«, führte Rohrer aus. Sie sollten möglichst aufeinander abgestimmt sein, um einen synergistischen Effekt zu erzielen. Das komplette Gesetzgebungsverfahren zur Apotheken-Strukturreform soll auf diese Weise intensiv begleitet werden. Sobald der Referentenentwurf vorliegt, werde es eine Verbändeanhörung geben. Erst dort könne die ABDA offiziell Stellung nehmen.
Wichtig sei vor allem die Phase, wenn der Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundesrat und Bundestag ist. »Lauterbach kann Gesetze vorschlagen, aber nicht machen, denn beschließen muss sie der Bundestag«, betonte Rohrer. Deshalb sei es immens wichtig, dass die Apothekerinnen und Apotheker in möglichst jedem Wahlkreis mit ihren Abgeordneten sprechen. Denn schließlich wollen Politiker in der Regel wiedergewählt werden und sind den Interessen ihres Wahlkreises verpflichtet.
ABDA-Pressesprecher Benjamin Rohrer nahm sich am Montagabend viel Zeit für Fragen und Kritik zu den ABDA-Kampagnen. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Dazu gibt es zwar Wahlkreisbeauftragte der Apotheken, die sich auf die Bundestagsabgeordneten fokussierten, doch jedes einzelne Politikergespräch, gern mit Hospitation hinter den Kulissen der eigenen Apotheke, helfe. »Eine authentische Darstellung Ihrer Schwierigkeiten, aber auch Lösungskompetenzen, zum Beispiel bei E-Rezept und Lieferengpässen, ist unglaublich wichtig«, betonte Rohrer. Aber auch die anstehende Europawahl und die Kommunalwahlen in einigen Bundesländern seien ein guter Anlass.
Die Apotheken-Strukturreform sei zwar nicht abstimmungspflichtig im Bundesrat, doch dieser wird Stellungnahmen abgeben, die gehört werden müssen. Bei den Ländervertretern habe man eher ein offenes Ohr für die regionale Arzneimittelversorgung, sodass auch hier die Kommunikation wichtig sei.
Ob die Reform noch in diesem Jahr kommt, ist fraglich. Auf jeden Fall solle man die Politiker im eigenen Wahlkreis spätestens nach der nächsten Wahl daran erinnern, welche Zusagen sie womöglich jetzt machen, vor allem wenn jetzt die amtierende Regierung kritisiert wird.
Die ABDA selbst suche immer wieder das Gespräch, ob mit Lauterbach, den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses und anderen entscheidenden Politikern, zuletzt verstärkt auch wieder bei Parteitagen. Dort habe man auch die Chance, mit »fachfremden« Politikern ins Gespräch zu kommen und diese für Apothekenthemen zu sensibilisieren.
Hinzu kämen Protestaktionen, Pressekonferenzen und Kampagnen, die sich an Medien und Bevölkerung richten. Ende April seien viele Apotheken im Rahmen der Aktionswoche »Wir sehen rot« intensiv mit den Patienten über die Lage der Apotheken ins Gespräch gekommen. Rund 35.000 Menschen hätten bei der Umfrage unter www.apoliebe.de innerhalb von vier Tagen mitgemacht – allein das ist schon ein großer Erfolg und Zeichen für den Rückhalt in der Bevölkerung. Die Umfrage läuft noch bis zum 1. Juni.
Die Ergebnisse werden zum Tag der Apotheke am 7. Juni präsentiert. Dieser steht dieses Jahr unter dem Motto »Wir müssen reden. Die Apotheke.«. Dazu wird es am Vortag eine Pressekonferenz geben. Zu diesem Ereignis sind auch alle Apotheken aufgerufen, mit der Lokalpolitik zu reden, ob mit Bürgermeister, Landrätin oder Kreis-, Landtags- oder Bundestagsabgeordneten, ob in Opposition oder Regierungsverantwortung. Unterstützendes Material finden Apotheken unter www.apothekenkampagne.de; darunter einen Gesprächsleitfaden, Handouts und Vorlagen für die Lokalpresse.
»Aus berufspolitischer Sicht ist es aber auch sehr wichtig zu zeigen, wie groß das Leistungsspektrum der Apotheken ist; das sie keine reinen Arzneimittelabgabestellen mit Beratung sind, sondern mehr für die Gesellschaft leisten können und wollen.
Beworben werden neben dem E-Rezept vor allem die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL). Sie seien in der Fläche noch nicht so angekommen wie erhofft, sagte Rohrer. Zum einen täten ABDA und Kammern viel dafür, die Apotheken bestmöglich dabei zu unterstützen, die pDL in ihrem Alltag anbieten zu können, unter anderem mit vielfältigem Arbeits- und Informationsmaterial, Fortbildungen und Tipps & Tricks im »pDL Campus« auf der ABDA-Website.
Zum anderen sei da die Nachfrage-Seite, also die Information der Patienten, für die es seit kurzem mit www.pharmazeutische-dienstleistungen.de eine Website gibt, die laufend erweitert wird. Dort könne man beispielsweise seinen Anspruch auf die einzelnen pDL prüfen. Zudem lief im März 23-mal ein Werbespot zur besten Sendezeit im ZDF. »12,9 Millionen Erwachsene haben ihn gesehen«, nannte Rohrer die Einschaltquote.
Erfolgreich geklickt wurde auch die Miniserie »Die Apotheke«, die gepaart ist mit der umstrittenen Nachwuchskampagne »How to sell drugs offline (fast)«. 18 Millionen Impressions konnte die ABDA verbuchen, die meisten davon bei Snapchat. Der Köder müsse dem Fisch schmecken, nicht dem Angler, gab dazu Bremens Kammerpräsident Klaus Scholz zu bedenken.
Rohrer erinnerte daran, dass die provokante Kampagne zunächst einmal Jugendliche mit oft kurzer Aufmerksamkeitsspanne auf die Apotheke als potenziellen Arbeitgeber aufmerksam machen soll. Dahinter liegt dann die Website www.apotheken-karriere.de mit vielfältigen Informationen zu den Apothekenberufen und der »virtuellen Apotheke«, die sehr gut angenommen werde. Das sei die eigentliche Kampagne.
»70 Prozent der Apotheken suchen händeringend nach Personal – bis 2029 könnten bis zu 10.000 approbierte Apotheker im Markt fehlen – einen Aufschub können wir uns bei der Nachwuchsgewinnung nicht leisten«, so Rohrer. Dafür seien gerade der Frühling und der Sommer, wenn die Schulabgänger ihre Zeugnisse erhalten und sich bewerben, entscheidend.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.