So gehen andere Staaten mit Engpässen um |
Lukas Brockfeld |
09.07.2025 14:30 Uhr |
Engpässe machen den Apotheken in vielen Ländern das Leben schwer. / © IMAGO/Eibner Europa
Die Arbeit wurde vom SPD-Bundestagsabgeordneten Matthias Mieves beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags in Auftrag gegeben und liegt jetzt der PZ vor. Neben Deutschland und der EU haben die Autoren auch die Systeme und Regularien in Frankreich, Polen, Italien, Schweden und den USA unter die Lupe genommen.
Auf europäischer Ebene stellt demnach die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) Hinweise und Empfehlungen zur Vorbeugung und Bewältigung von Arzneimittelknappheiten zur Verfügung. Außerdem hat die EMA im Januar 2025 die European Shortages Monitoring Platform (ESMP) eingerichtet, die Informationen über die Verfügbarkeit, das Angebot und die Nachfrage von Arzneimitteln sammelt. Seit 2014 soll das Joint Procurement Agreement (JPA) die gemeinsame Beschaffung medizinischer Güter durch EU-Mitgliedsstaaten regeln. Im März 2025 hat die EU-Kommission außerdem den Critical Medicines Act vorgelegt, der Probleme bei der Herstellung von Arzneimitteln, in den Lieferketten und beim Wettbewerb um Rohstoffe beheben soll.
In Deutschland erstellt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach Anhörung des Beirats für Liefer- und Versorgungsengpässe eine aktuelle Liste versorgungsrelevanter und versorgungskritischer Wirkstoffe. Im Fall eines drohenden oder bestehenden Lieferengpasses können die zuständigen Behörden Maßnahmen ergreifen und beispielsweise veranlassen, dass ein Pharmaunternehmen bestimmte Maßnahmen zur Gewährleistung der Lieferungen ergreift.
Außerdem ermächtigt das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) Apotheker dazu, im Fall einer Nichtverfügbarkeit ein anderes, wirkstoffgleiches Arzneimittel abzugeben. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat zusätzlich die Möglichkeit, offiziell einen Versorgungsmangel festzustellen. Dann dürfen die zuständigen Landesbehörden beispielsweise Import-Arzneimittel in den Verkehr bringen lassen, die in Deutschland nicht zugelassen sind.
Andere Staaten haben ähnliche Systeme entwickelt. So sind die Arzneimittelhersteller in Frankreich beispielsweise dazu verpflichtet, für eine kontinuierliche Versorgung mit Arzneimitteln zu sorgen und dazu einen Sicherheitsvorrat bereitzuhalten. Sollte das nicht möglich sein, müssen die Hersteller die Nationale Agentur für die Sicherheit von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten informieren, die dann verschiedene Maßnahmen ergreifen kann.
Polen verfolgt einen präventiven Ansatz und verpflichtet, ähnlich wie Frankreich, die Hersteller zur Bevorratung. Auch polnische Apotheken sind in einem gewissen Rahmen zur Bevorratung verpflichtet. Unter Umständen dürfen nicht zugelassene Arzneimittel aus dem Ausland importiert werden, wenn ihre Anwendung zur Rettung des Lebens oder zur Erhaltung der Gesundheit eines Patienten erforderlich ist.
Matthias Mieves sieht in der Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes einen Beleg dafür, dass Lieferengpässe ein globales Problem sind. Deutschland habe daher in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen, beispielsweise die flexibleren Abgaberegeln in Apotheken. Vieles laufe in der Bundesrepublik vergleichsweise gut, doch in anderen Bereichen gebe es noch Verbesserungsbedarf.
»Deutschland ist regulatorisch gut aufgestellt und arbeitet eng mit den Herstellern, doch wir könnten agiler werden. Ein smarter Mix aus Überwachung, Vorratshaltung, internationalem Datenaustausch und gezielter Notfallflexibilität ist notwendig zu echter Versorgungssicherheit«, erklärt Matthias Mieves.