Skontofrage entkommt der Warteschleife |
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Skonti bringt Apotheken erhebliche Nachteile beim RX-Einkauf. Nun könnte es klappen, die AmPreisV entsprechend zu ändern und den Status ante quo wiederherzustellen. / © IMAGO/imagebroker
Die Skonto-Deckelung ist eines der drängendsten Probleme für die Apotheken. Seit der Bundesgerichtshof (BGH) im Februar Skonti mit Rabatten gleichsetzte und damit die Rx-Einkaufsmöglichkeiten für Apotheken stark einschränkte, müssen die Betriebe spürbare wirtschaftliche Verluste hinnehmen – und das angesichts von weiter steigenden Kosten und Stillstand beim Fixum.
Klar also, dass gleich nach dem Urteil Rufe nach der Wiederherstellung des Status quo ante laut wurden. Das Ziel schien erreichbar, denn die Skonto-Regelung kann, anders als etwa im Sozialrecht verankerte Vorgaben, recht unkompliziert per Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) angepasst werden. Der Erfüllungsaufwand liegt allein beim pharmazeutischen Großhandel, den Steuer- oder Beitragszahler kostet diese Maßnahme nichts.
Im Mai appellierte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening daher an den noch zuständigen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die AMPreisV entsprechend zu ändern. Es müsse schnell gehandelt werden, um die prekäre Lage vieler Apotheken zu entschärfen. Wenig später erneuerte die ABDA ihre Bitte um Klarstellung, diesmal in ihrer Stellungnahme zum Medizinforschungsgesetz.
Aber erst mit dem Mitte Juni veröffentlichten Entwurf zum Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) kam Schwung in die Angelegenheit; in einem kleinen Passus heißt es dort: »Abweichend von Satz 1 zweiter Halbsatz ist die Gewährung von handelsüblichen Skonti zulässig.« Damit werde geregelt, dass Skonti von den pharmazeutischen Großhandlungen auch in einem Umfang gewährt werden könnten, die über 3,15 Prozent liegen, lautete die Begründung.
Das ApoRG hängt aber nun schon seit Monaten vor dem Kabinett fest. Mit in der Warteschleife: die Skonto-Frage. Eine Gelegenheit, das Thema in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren einzubauen, gab es jetzt mit den Änderungsvorschlägen zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit. Doch unter den Vorschlägen, die die Ampel vor gut einer Woche einbrachte, fehlte das Skonto; Thema waren stattdessen mehr Kompetenzen beim Impfen und Testen sowie die Versorgung von Pflegebedürftigen.
Seit gestern tut sich aber eine neue Option auf. Bei der Verbändeanhörung zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit, zu dem auch die ABDA als Fachverband geladen war, fragte der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Heidenblut nach den wirtschaftlichen Folgen, die das BGH-Urteil für die Apotheken habe.
ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz schilderte die Lage der Apotheken und unterstrich, die Betriebe befänden sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Position. Das Urteil schlage sich mit Beträgen im unteren fünfstelligen Bereich auf den Gewinn durch.
Im ApoRG finde sich ein richtiger Ansatz, der aber anders formuliert werden müsse. »Hier ist Eile geboten, wenigstens diese Einbußen zu beseitigen und eine Regelung zu finden, die Skonti wieder ausdrücklich gestattet«, forderte Schmitz.
Damit ist die Skontofrage wieder im Rennen, denn alle in der Verbändeanhörung angesprochenen Themen fließen automatisch in das parlamentarische Verfahren ein – also auch die Skontofrage, auch wenn sie nicht unter den Änderungsvorschlägen war.
Es sei ihm ein Anliegen gewesen, »auch auf eine zusätzliche besondere wirtschaftliche Belastung hinzuweisen«, sagte Heidenblut im Nachgang zur PZ. Apothekenthemen seien in den Änderungsvorschlägen ja bereits adressiert gewesen. In der Anhörung sollte geklärt werden, was darüber hinaus noch geändert werden kann. Die Skontofrage hineinzuheben, »wäre durchaus im vorliegenden Gesetzentwurf denkbar, und dafür setze ich mich auch ein«, versprach Heidenblut, der in seiner Fraktion zu Apothekenthemen berichtet.
Warum das Thema nicht von vornherein unter den Änderungsvorschlägen war, wird nicht offiziell begründet. Wie die PZ aber erfuhr, dürfte es an einem Alleingang des BMG gelegen haben. So habe das Ministerium die Vorschläge verfasst, ohne die Bundestagsfraktionen zu informieren. Diese hätten das Thema gern mit eingebracht, heißt es. Sie seien vom Vorstoß des BMG überrascht worden und hätten erst spät erfahren, dass es Änderungsvorschläge gibt und dass sie nun an dieses Gesetz angehängt werden sollen.
Nun sind jedenfalls Fakten geschaffen. Es gibt jetzt die Möglichkeit, aus der Frage einen Änderungsantrag zu formulieren, der dann zur zweiten Lesung im Bundestag eingebracht werden kann. Ein Termin steht noch nicht fest, weil der Entwurf derzeit in den Ausschüssen beraten wird. Der Kabinettsentwurf war am 17. Juli verabschiedet worden, die erste Lesung im Bundestag fand am 25. September statt, der Bundesrat befasste sich erstmals am 27. September mit dem Gesetz.