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Wirtschaftsseminar AVMV

Skonto-Urteil des BGH trifft Apotheken hart

Das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs führt vor allem bei großen Apotheken zu Einbußen – das wurde beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern (AVMV) am Mittwoch in Warnemünde deutlich. Neben der wirtschaftlichen Lage ging es dabei auch um die aktuelle Gesundheitspolitik und die Nachwuchsgewinnung.
Anne Orth
06.06.2024  16:20 Uhr

Axel Pudimat, Vorsitzender des AVMV, machte aus seinem Frust über die Situation der Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern und die bisher bekannten Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für eine Apothekenreform keinen Hehl. Eine weitere Belastung stelle das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) dar, das im Juni erstmals zu Buche schlagen und die Erträge der Apotheken weiter schmälern werde.

Pudimat rief die Mitglieder des AVMV auf, dennoch weiterhin Abgeordneten im Land ihre Nöte zu schildern und für deutliche Verbesserungen zu werben, etwa eine Anhebung des Apothekenhonorars. Auch weitere Proteste schloss er nicht aus. »Wir müssen durch Aktionen zeigen, dass es den Apotheken nicht gut geht«, betonte Pudimat. Gleichzeitig sei es wichtig, nicht die Bürgerinnen und Bürger gegen die Apothekerschaft aufzubringen. »Diesen Spagat müssen wir irgendwie hinkriegen«, sagte Pudimat.

Auch Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), machte seinem Ärger über die Gesundheitspolitik der Bundesregierung Luft. Dabei sparte er nicht mit Kritik an Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Werde das, was dieser in den Eckpunkten für eine Apothekenhonorar- und -strukturreform plane, umgesetzt, bedeute es faktisch eine Leistungskürzung für die Apotheken. »Ich hoffe, dass der Referentenentwurf nie das Licht der Welt erblickt«, sagte Hubmann. Es sei besser, wenn es keinen Entwurf gebe, als einen schlechten.

Hubmann: »Apotheken ohne Apotheker« wären »das Ende unseres Berufs«

Eine deutliche Absage erteilte der DAV-Vorsitzende Plänen, künftig »Apotheken ohne Apotheker« zuzulassen. So sehen die Eckpunkte vor, dass erfahrene PTA künftig vorübergehend den Apothekenleiter vertreten dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass ein approbierter Apotheker bei Bedarf per Videoverbindung zugeschaltet werden kann. »Apotheken ohne Apotheker wären das Ende unseres Berufs und der derzeitigen Versorgung. Diesen Plänen müssen wir uns mit aller Kraft entgegensetzen«, machte Hubmann deutlich.

Der DAV-Vorsitzende zeichnete anhand von Daten der ABDA ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Situation vieler Apotheken. Während die Apothekenvergütung von 2013 bis 2023 pro Rx-Packung lediglich um 10 Prozent erhöht wurde, seien im gleichen Zeitraum die Personalkosten um 75,6 Prozent und die Sachkosten um 41,4 Prozent gestiegen. Leistungen wie der Nacht- und Notdienst sowie Botendienste würden ebenfalls nicht kostendeckend vergütet.

Die Folge: Schon jetzt seien zehn Prozent der Apotheken defizitär. »Die Perspektiven sind nicht schön. Ein erheblicher Teil der Apotheken ist wirtschaftlich nicht tragfähig«, beklagte Hubmann. Das Skonto-Urteil des BGH schaffe zusätzlich große Unsicherheit. Zudem sei zu erwarten, dass die Lohnkosten weiterhin steigen. Für dieses Jahr rechnet Hubmann mit einem Rückgang des Betriebsergebnisses einer durchschnittlichen Apotheke um mehr als 15.000 Euro auf einen Wert von unter 135.000 Euro. Für kleinere Apotheken werde es deutlich kritischer.

»Wir brauchen jetzt mehr Geld«, erneuerte Hubmann die Forderung nach Soforthilfe für die Apotheken. Von der Politik erwarte er auch eine angemessene Reaktion auf das BGH-Urteil zum Skontoverbot. Die ABDA habe viele Angebote gemacht und ihre Forderungen konkret formuliert. Leider finde die Apothekerschaft bei Gesundheitsminister Lauterbach aber kein Gehör. DAV und ABDA führten daher auch viele Gespräche mit Bundestagsabgeordneten. »Erfolg haben wir nur, wenn alle Abgeordneten merken, dass es im Apothekensektor brodelt«, sagte Hubmann.

Trotz höherer Umsätze gehen Betriebsergebnisse zurück

Über die wirtschaftliche Situation der Apotheken und die Auswirkungen des Skonto-Urteils des BGH referierte anschließend Christian Meyer, Unternehmensberater bei der Treuhand Hannover. »Das Urteil trifft Apotheken deutlich«, betonte er. So seien dadurch im Schnitt 23.000 Euro pro Jahr in Gefahr. Große Apotheken könnten weit über 50.000 Euro jährlich einbüßen, Filialverbünde sogar über 200.000 Euro.

Als mögliche Kompensationsmaßnahmen nannte Meyer unter anderem die Erhöhung von Vergütungen und den Wegfall des Handelsspannenausgleichs. Er empfahl den Mitgliedern des AVMV zudem zu prüfen, ob sie Rückstellungen bei Großhändlern haben. Falls ja, sollten sie fordern, dass diese ausgezahlt werden. Anderenfalls gingen sie verloren.

Der Treuhand-Experte warf auch einen Blick auf die Entwicklung der Umsätze und Betriebsergebnisse von 2021 bis 2023. Daten der Treuhand zufolge stiegen in diesem Zeitraum zwar die Umsatzerlöse, aber zugleich fielen die Betriebsergebnisse. Der Hauptgrund dafür waren die gestiegenen Betriebskosten, führte Meyer aus. Dabei fielen vor allem höhere Personalkosten aufgrund von Tariferhöhungen zu Buche. Aber auch der höhere Kassenabschlag und die Inflation führten zu gestiegenen Ausgaben der Apotheken. Zudem wirkten sich Investitionen aus der Zeit der Corona-Pandemie und in die Telematik-Infrastruktur aus.

Anhand von Daten der Treuhand Hannover für 2023 verglich Meyer auch das Betriebsergebnis von Offizinen in Orten mit weniger als 10.000 Einwohnern (Land-Apotheken) mit dem von Offizinen in Städten mit mehr als 300.000 Einwohnern (Großstadt-Apotheken). Dabei habe sich gezeigt, dass Land-Apotheken wirtschaftlich besser dastünden als Großstadt-Apotheken, sofern Arztpraxen in der Nähe liegen. Das liege unter anderem daran, dass Apotheken in ländlichen Gegenden weniger Konkurrenz hätten als Stadt-Apotheken. Zudem verfügten sie über eine relativ homogene Struktur, erläuterte Meyer.

Der Unternehmensberater nahm auch die wirtschaftliche Situation der Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr unter die Lupe. Demnach sei der Umsatz bis April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 12 Prozent gestiegen. »Jede Apotheke in Mecklenburg-Vorpommern hat damit 11.000 Euro mehr Rohgewinn erzielt«, informierte Meyer. Ob sich dieser Trend fortsetze, werde sich zeigen. Während des Wirtschaftsseminars stellte zudem Sören Friedrich, Geschäftsführer der Gesellschaft für digitale Services der Apotheken (Gedisa), das aktuelle und noch geplante Angebot des Apothekenportals vor.

PTA-Schüler unterstützen und an die Offizin binden

Weiterhin stand die Förderung des PTA-Nachwuchses auf der Agenda. So informierte Philipp Bettin, Schulleiter der PTA-Schule Greifswald, über das »Apothekenprojekt 4+1«. Dabei kooperieren Apotheken mit der PTA-Schule und unterstützen PTA-Schülerinnen und -Schüler während der Ausbildung finanziell. Die PTA-Schüler drücken dabei vier Tage pro Woche die Schulbank und arbeiten an einem Tag in der Apotheke. Ziel sei es, junge Menschen für eine PTA-Ausbildung zu gewinnen und die angehenden Fachkräfte an die Apotheken zu binden, erläuterte Bettin.

Das Konzept sieht so aus: Die teilnehmenden Offizinen beschäftigen die PTA-Schüler während ihrer Ausbildung jeden Freitag als Mini-Jobber zum Mindestlohn. Gleichzeitig bezahlt die Apotheke vorübergehend das Schulgeld. Das erfolgt im Rahmen eines Privatkredites. Nach der Ausbildung arbeiten die fertigen PTA weiter in der Apotheke und zahlen den Kredit in Raten zurück. Die Schüler und die Apotheken werden während der Ausbildung eng von der Berufsfachschule begleitet.

Start des Projekts ist am 1. September, bislang hätten sich sechs interessierte Inhaberinnen und Inhaber für die Teilnahme gemeldet. Bettin warb dafür, dass sich weitere Apotheker am Projekt beteiligen: »Es kostet zwar Zeit und Geld, aber dafür gewinnen Sie qualifiziertes Personal.« Die PTA-Schule evaluiere das Projekt. Breche ein Schüler die Ausbildung ab, müsse er den gewährten Kredit zurückzahlen, erläuterte Bettin.

 

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