Sind Menschen mit Kindern glücklicher? |
Jennifer Evans |
15.07.2024 07:00 Uhr |
Die Philosophie bringt eine ganz andere Perspektive ins Spiel. Am deutlichsten beziehen die Antinatalisten Position zur Frage: Kinderkriegen ja oder nein? Antinatalisten lehnen es rigoros ab, Menschen in die Welt zu setzen, entweder aus ethischen oder aus politischen Gründen. Im Hintergrund geht es um die Wahlmöglichkeit und das unabdingbare Leid. Wer erst gar nicht auf die Welt kommt, dem widerfährt auch nichts Schlechtes.
Ein zeitgenössischer Vertreter ist der südafrikanische Philosophieprofessor David Benatar. Er schrieb: »Während gute Menschen alles tun, um ihren Kindern Leid zu ersparen, scheinen nur wenige von ihnen zu bemerken, dass die einzige Möglichkeit, das Leiden ihrer Kinder zu verhindern, darin besteht, diese Kinder gar nicht erst in die Welt zu setzen.«
Während der Antinatalismus eine verhältnismäßig moderne Strömung ist, ist der Gedanke an sich schon älter. Der griechische Dramatiker Sophokles etwa sah seinerzeit im Leben bereits mehr Leid als Freude und schrieb in seinen Werken, es sei besser gewesen, nicht geboren worden zu sein.
Der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer beantwortete die Frage nach dem Warum der Fortpflanzung damit, dass die Biologie unser gesundes Urteilsvermögen offenbar außer Kraft setzt und uns dazu bringt, die nächste Generation zu zeugen. Einige Biologen würden da teilweise zustimmen.
Denn die Biologen haben einen sehr nüchternen Blick auf die Sachlage. Effizient ist das Kinderkriegen ihrer Ansicht nach nicht, wie sie erst kürzlich in einer Studie vorrechneten. Bei den meisten Arten kostet die Betreuung der Nachkommen nämlich mehr als deren Erzeugung. Beim Menschen beispielsweise entfielen bis zu 96 Prozent der für die Fortpflanzung aufgewendeten Energie auf indirekte Kosten, sprich die Pflege und Betreuung, heißt es.
Laut der Studie ist die Pflege von Nachkommen bis zu zehnmal teurer als die Erzeugung. Diese großen Investitionen sind demzufolge nicht nur bei Säugetieren, sondern auch bei anderen Tierarten zu finden. Allerdings sind sie bei Ersteren am höchsten.
Die Betreuung von Nachwuchs ist selbstverständlich nicht nur negativ zu bewerten. Viele Menschen finden darin eine nachhaltige Zufriedenheit. Außerdem schweißt das Erziehen von Kindern die Gesellschaft zusammen. Das hat zwei Vorteile. Der Rationale: Eine Sozialgesellschaft funktioniert nun einmal nur, wenn eine jüngere Generation – also die Steuerzahler – eine ältere Generation unterstützt. Der Emotionale: Neue Menschen haben immer die Möglichkeit, die Zukunft zu verändern und vielleicht sogar besser zu gestalten. Und was wären wir ohne Hoffnung?