Shop Apotheke muss sich nicht »Schmarotzer« nennen lassen |
Alexander Müller |
07.08.2025 11:18 Uhr |
Der niederländische Versender Shop Apotheke ist erfolgreich gegen das Interview eines Apothekers aus Oberbayern vorgegangen. / © Shop Apotheke
Apotheker Christopher Hummel, Inhaber der Michaeli-Apotheke in Gaißach, hatte der Zeitung »Merkur« Anfang des Jahres ein Interview gegeben. Darin hatte er die Rolle der Vor-Ort-Apotheken für die Akutversorgung herausgestellt. Mit der Online-Konkurrenz aus den Niederlanden könne er schon aufgrund der unterschiedlichen Steuersysteme nicht mithalten. In diesem Zusammenhang hatte er die Online-Versender als »Schmarotzer unseres Steuersystems« bezeichnet.
Diese und andere Aussagen wollte Shop Apotheke so nicht stehen lassen; der Versender klagte auf Unterlassung. In erster Instanz lehnte das Landgericht München II den Erlass einer einstweiligen Verfügung noch ab und sah Hummels Aussagen von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Doch Shop Apotheke legte Beschwerde ein und bekam jetzt vor dem Oberlandesgericht München (OLG) recht. Unter anderem darf Hummel nicht mehr behaupten, die Holland-Versender zahlten hierzulande keine Mehrwertsteuer. Shop Apotheke konnte vor Gericht glaubhaft machen, sehr wohl Umsatzsteuer zu entrichten. Die hierfür steuerrechtlich maßgebliche Schwelle von 100.000 Euro Umsatz pro Jahr reißt der Versender natürlich schon seit Jahren.
Auch die Aussage Hummels, die niederländischen Versandapotheken bezahlten keine Gewerbesteuer, befand das OLG als irreführend. Shop Apotheke überzeugte mit der Darstellung, dass die Hebesätze jeweils von den Gemeinden abhingen – und im Übrigen auch deutsche Apotheken ihre Gewerbesteuer regelmäßig auf die zu zahlende Einkommensteuer anrechnen könnten.
Die »Schmarotzer-Aussage« ist laut OLG-Beschluss zudem eine »wettbewerbswidrige Herabsetzung«, die das Ansehen von Shop Apotheke beeinträchtigen könne. Zwar hatte Hummel den Versender nicht namentlich genannt, aber auch kollektive Verunglimpfungen können juristisch angegriffen werden, wenn offensichtlich ist, wer hier mit gemeint ist.
Zugunsten des Apothekers spricht zwar aus Sicht des OLG, dass an dem Thema »Auswirkungen des Online-Handels auf den stationären Handel auch in Bezug auf die Apotheken« ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe. Und die Meinungsfreiheit erlaubt auch Zuspitzungen und gewisse Übertreibungen, aber »Steuer-Schmarotzer« sei nun einmal einfach unzutreffend.
Angegriffen wurde auch eine Aussage Hummels, es gebe bei Versendern »keine Beratung mehr und keinen Apotheker, der nochmal drüberschaut, ob sich das Medikament mit den anderen verträgt, oder erwähnt, dass die Tablette zu teilen ist«.
Shop Apotheke überzeugte das OLG hier mit der eigenen kostenlosen Hotline und dem Vortrag, bei jeder Bestellung finde ein Wechselwirkungscheck statt. Das OLG führt in seinem Beschluss dazu aus: Selbst wenn die Beratung in der Apotheke vor Ort mit einer Hotline nicht zu vergleichen sei, erschienen die getätigten Aussagen des Apothekers als zu pauschal und undifferenziert. Hummel kann gegen die Entscheidung noch Widerspruch einlegen.