SGLT-2-Inhibitoren für alle |
| Laura Rudolph |
| 27.05.2024 15:42 Uhr |
Der Kardiologe Professor Dr. Dirk Westermann berichtete beim Pharmacon über die aktuellen Therapieempfehlungen bei chronischer Herzinsuffizienz. Ganz vorne dabei: SGLT-2-Inhibitoren. / Foto: Avoxa/Alois Müller
Bei einer Herzinsuffizienz ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Dies kann verschiedene Ursachen haben, beispielsweise eine geschwächte Pumpfunktion des Herzmuskels, Probleme mit den Herzklappen oder strukturelle Veränderungen im Herzen. Nicht immer ist die Ejektionsfraktion (EF) vermindert. Dieser Begriff beschreibt, wie viel Prozent des Bluts in der Herzkammer bei einem Herzschlag in den Körper gepumpt wird. Man unterscheidet herzinsuffiziente Patienten mit reduzierter, leicht reduzierter und erhaltener Ejektionsfraktion (HFrEF, HFmrEF und HFpEF). Ihre Pharmakotherapie unterscheidet sich.
Für HFrEF-Patienten empfiehlt die ESC seit 2021, gleichzeitig mit vier Wirkstoffklassen in die Therapie einzusteigen: ACE-Hemmer (ACE-I) oder Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI), Betablocker, Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) und SGLT2-Inhibitoren (»European Heart Journal« 2021, DOI: 10.1093/eurheartj/ehab368). Gestartet wird mit einer niedrigen Dosis, die schrittweise erhöht werden kann.
»Wenn wir die unterschiedlichen Signalwege inhibieren, profitieren wir immer von einem On-Top-Effekt«, verdeutlichte Westermann. Vor 2021 habe man noch die Strategie verfolgt, mit einer Wirkstoffklasse zu beginnen und weitere nach und nach einzuführen. Aber: »Wenn wir nicht alle Signalwege gleichzeitig bedienen, verlieren wir wertvolle Zeit bei der Behandlung«, gab Westermann zu bedenken.
Der Ärztliche Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie des Universitäts-Herzzentrums Freiburg/Bad Krozingen ging auch auf die Therapie von HFmrEF- und HFpEF-Patienten ein. Nach der ESC-Leitlinie von 2021 stand bei diesen Patienten bislang die Behandlung von Symptomen und Begleiterkrankungen im Vordergrund, während es an krankheitsmodifizierenden Therapien mangelte. Für HFmrEF-Patienten empfiehlt die Leitlinie Diuretika (Klasse-I-Empfehlung), nachrangig auch ACE-I/ARNI, Sartane, Betablocker und MRA (Klasse-IIb-Empfehlung). Bei HFpEF-Patienten konzentrierte sich die Therapie bislang auf Diuretika und die Behandlung von Begleiterkrankungen.
Ein Leitlinien-Update aus dem Jahr 2023 enthält nun auch die Empfehlung für SGLT-2-Inhibitoren für HFmrEF-und HFpEF-Patienten, obwohl diese Wirkstoffklasse zuvor nur für HFrEF-Patienten empfohlen wurde. Dies beruhe auf den Ergebnissen großer Studien, die zwischenzeitlich publiziert wurden, erklärte Westermann. Die EMPEROR-Preserved-Studie (»The New England Journal of Medicine« 2021, DOI: 10.1056/NEJMoa2107038) zeigte beispielsweise, dass Empagliflozin das Risiko für Krankenhausaufenthalte aufgrund von Herzinsuffizienz bei Patienten mit leicht reduzierter oder erhaltener Ejektionsfraktion signifikant senkte. Dapagliflozin reduzierte insgesamt das Risiko für Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder kardiovaskulären Tod im Vergleich zu Placebo, wie die DELIVER-Studie (»The New England Journal of Medicine« 2022, DOI: 10.1056/NEJMoa2206286) ergab.
Zusammenfassend zeigten sowohl Dapagliflozin als auch Empagliflozin eine signifikante Reduktion des kombinierten Risikos von Herzinsuffizienz-Verschlechterung oder kardiovaskulärem Tod bei Patienten mit Herzinsuffizienz und leicht reduzierter oder erhaltener Ejektionsfraktion.