Selbstuntersuchung ist nicht nur Frauensache |
Carolin Lang |
10.10.2024 16:20 Uhr |
Die Brust regelmäßig selbst zu untersuchen, macht sensibel für mögliche Veränderungen. Das gilt für Frau und Mann. / © Getty Images/Igor Alecsander
Brustkrebs, auch Mammakarzinom genannt, ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Laut dem DKFZ erhalten jedes Jahr ungefähr 70.500 Frauen die Diagnose. Rund jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens. Hauptrisikofaktor ist dabei ein höheres Lebensalter; im Mittel sind die Betroffenen bei der Diagnose etwa 65 Jahre alt. Männer sind mit rund 71 Jahren tendenziell etwas älter. Die Tumorform tritt bei ihnen mit etwa 750 Neuerkrankungen pro Jahr deutlich seltener auf.
Diese Seltenheit kann jedoch zum Verhängnis werden. Da Brustkrebs als typische Frauenerkrankung gelte, werde er bei Männern oft erst relativ spät entdeckt – zulasten der Prognose, erklärt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdiensts am DKFZ, gegenüber der PZ. »Männer mit Brustkrebs haben etwas schlechtere Fünf-Jahres-Überlebensraten als Frauen.«
Das führt die Medizinerin unter anderem auf zwei Ursachen zurück: Einerseits hätten Männer weniger auf dem Schirm, dass sie überhaupt an Brustkrebs erkranken können. Sie seien zögerlich mit der Selbstuntersuchung und selbst bei Warnzeichen würden sie zum Teil verspätet ärztlichen Rat einholen. Andererseits würden ihre Beschwerden auch tendenziell weniger ernst genommen und Brustkrebszentren seien vorrangig auf Frauen ausgerichtet, führt sie aus.
Zur Früherkennung von Brustkrebs haben Frauen ab 30 Jahren Anspruch auf eine einmal jährliche ärztliche Tastuntersuchung und auf eine Anleitung zur Selbstuntersuchung sowie im Alter zwischen 50 bis 75 Jahren zusätzlich alle zwei Jahre auf eine Röntgenuntersuchung der Brust, die Mammografie. Für Männer gibt es solche gesetzlichen Angebote aufgrund der Seltenheit nicht. Umso wichtiger, dass sie sich selbst untersuchen, meint Weg-Remers.
Bei Frauen sei dies aber nicht weniger wichtig, betont sie. »Die Untersuchung beim Frauenarzt ist ja nur einmal im Jahr, es kann natürlich im Intervall zwischen zwei Untersuchungen Brustkrebs auftreten, der unter Umständen rasch wächst.«
Durch die Selbstuntersuchung kann Brustkrebs laut DKFZ gelegentlich in einem frühen Stadium ertastet werden – vor allem, wenn er dicht unter der Hautoberfläche liegt. Sie sei einfach, kostenlos und könne Achtsamkeit für die eigenen Brüste und mögliche Brustveränderungen schaffen.
Zwar muss nicht hinter jeder Veränderung eine Krebserkrankung stecken, – oft sind sie gutartig – trotzdem sollten auffällige Symptome laut DKFZ ernstgenommen und ärztlich abgeklärt werden. Erste Anlaufstelle sei für Frauen eine gynäkologische und für Männer eine hausärztliche oder internistische Praxis
Für Frauen und Männer gelte gleichermaßen: »Typisch ist der tastbare Knoten im Bereich der Brust oder auch in den Lymphabflussgebieten, beispielsweise der Achselhöhle oder ober- beziehungsweise unterhalb des Schlüsselbeins«, erklärt Weg-Remers. Dieser sei in der Regel nicht schmerzhaft. »Daneben können auch Hautveränderungen auf Brustkrebs hinweisen.« So kann die Haut zum Beispiel an einer Stelle der Brust geschwollen und vergröbert sein, ähnlich wie bei einer Orangenschale, eine Hauteinziehung vorliegen oder eine Hautrötung nicht abklingen. »Auch Ekzem-artige Veränderungen im Bereich der Brustwarze oder Flüssigkeitsabsonderungen können ein Hinweis sein.«
Auch wenn sich die Brüste unterschiedlich und nicht symmetrisch entwickeln oder wenn sie sich beim Heben der Arme unterschiedlich verhalten, gilt dies bei Frauen als Warnzeichen.
Frauen wie auch Männern rät Weg-Remers, nach der Pubertät einmal monatlich die Brust abzutasten, bestenfalls immer zur gleichen Zeit im Monat. Für Frauen vor den Wechseljahren sei wenige Tage nach der Regelblutung ein guter Zeitpunkt, »weil dann die Brust besonders weich ist und sich das Brustgewebe gut abtasten lässt«. Bei Einnahme einer Antibabypille empfiehlt es sich laut DKFZ zu Beginn einer neuen Monatspackung.
Laut der Forschungsinstitution führt man die Selbstuntersuchung am besten an einem gut beleuchteten Ort durch. Zunächst seien die Brüste im Spiegel zu betrachten. Dabei könnten auch Hautveränderungen erkannt werden, erläutert Weg-Remers. Beim Abtasten rät sie, systematisch vorzugehen, um keine Bereiche zu vergessen. Dazu kann eine Brust nach der anderen beispielsweise Viertel für Viertel oder spiralförmig von innen nach außen oder umgekehrt abgetastet werden. Die Achselhöhlen und Bereiche ober- und unterhalb des Schlüsselbeins nicht vergessen, erinnert sie.
Die Selbstuntersuchung hat aber auch Grenzen und sollte keinesfalls zu einem falschen Sicherheitsgefühl führen. So ist früher Brustkrebs oft nicht tastbar. Zudem kann sie zu unnötigen Untersuchungen führen und Betroffene belasten, wenn sich ein Verdacht später nicht bestätigt. Selbst bei regelmäßiger Anwendung und Training ist nicht nachgewiesen, dass die Selbstuntersuchung allein die Brustkrebssterblichkeit senkt.
Auch ist es laut Weg-Remers individuell sehr unterschiedlich, wie gut Laien Warnsignale tatsächlich erkennen können. Es hänge davon ab, »wie sensibel der Einzelne mit seinem Körper umgeht und wie gut er sich selber beobachtet und Veränderungen erkennen kann.«
Unter dem Strich ist die regelmäßige Selbstuntersuchung laut DKFZ als alleinige Methode zur Brustkrebs-Früherkennung nicht geeignet. Dennoch sei sie einmal im Monat zu empfehlen, da die Vorteile gegenüber den Nachteilen überwiegen.
Der 1. Oktober ist der internationale Brustkrebstag und läutet den Brustkrebsmonat Oktober ein. Dieser soll auf die Situation von Erkrankten aufmerksam machen und weltweit die Themen Prävention, Früherkennung und Erforschung von Brustkrebs in den Fokus rücken. Es befinden sich viele interessante Wirkstoffe auf der Zielgeraden, wie die PZ kürzlich berichtete. Auch im PZ-Podcast werfen die Professoren Theo Dingermann und Manfred Schubert-Zsilavecz einen Blick in die Pipeline.