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Typ-2-Diabetes

Sechs Subtypen des Prädiabetes identifiziert

Aktuellen Studienergebnissen zufolge gibt es sechs klar abgrenzbare Subtypen des Prädiabetes. Diese Einteilung könnte künftig eine gezieltere Prävention ermöglichen und der fortschreitenden Diabetes-Pandemie entgegenwirken.
AutorKontaktCarolin Lang
Datum 11.01.2021  09:30 Uhr

Ein Typ-2-Diabetes entsteht nicht plötzlich, er entwickelt sich über einen längeren Zeitraum. Zu Beginn der Erkrankung liegt eine Insulinresistenz vor, die der Körper zunächst noch durch eine gesteigerte Sekretion des Hormons kompensieren kann. Während dieser Phase des Prädiabetes weisen Betroffene oftmals erhöhte Blutzuckerwerte auf, die allerdings noch unter dem Schwellenwert für einen manifesten Diabetes liegen. Ob das Geschehen auf eine Manifestation hinausläuft, lässt sich bisher allerdings nicht eindeutig vorhersagen. Forscher der Universität Tübingen sind dem nun ein Stück nähergekommen.

In einer Langzeitstudie identifizierten sie mittels einer Clusteranalyse sechs verschiedene Prädiabetes-Subtypen mit jeweils unterschiedlichem Risikopotenzial für eine Manifestierung des Krankheitsbilds. Bei drei Subtypen sei das Diabetes-Risiko gering, bei den anderen drei hingegen erhöht, so die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Hans-Ulrich Häring und Professor Dr. Andreas Fritsche. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichte sie kürzlich im Fachjournal »Nature Medicine« (DOI: 10.1038/s41591-020-1116-9).

Demnach bestehen außerdem Unterschiede in der Krankheitsentstehung und der Entwicklung von Folgeerkrankungen. Eine Differenzierung des Prädiabetes könnte eine an die Krankheitsentstehung angepasste individuelle und frühe Prävention und Therapie von Diabetes und seinen Folgeerkrankungen ermöglichen.

Die Studie umfasste 899 Personen mit erhöhtem Risiko für Diabetes aus der sogenannten Tübinger Familienstudie und der Studie des Tübinger Lebensstilprogramms (TUEF/TULIP). Der Stoffwechsel der Teilnehmer wurde über Jahre regelmäßig detailliert untersucht, anhand wichtiger Parameter wie Blutzuckerwerte, Leberfett, Körperfettverteilung, Blutfettspiegel und genetisches Risiko wurden die verschiedenen Subtypen des Prädiabetes identifiziert.

Die Subtypen im Detail

Der Analyse zufolge kann generell zwischen drei Subtypen (Cluster 1, 2 und 4) mit niedrigem Diabetes-Risiko und drei Subtypen (Cluster 3, 5 und 6) mit erhöhtem Risiko für Diabetes und/oder Folgeerkrankungen unterschieden werden.

Subtyp 1 war mit einem BMI von durchschnittlich 26,82 kg/m² übergewichtig. Dem Subtyp 2 gehörten mit einem BMI von durchschnittlich 23,45 kg/m² vor allem normalgewichtige Menschen an. Das Risiko dieser Gruppe gilt als besonders gering. Der Subtyp 4 war mit einem mittleren BMI von 31,54 kg/m² adipös. Das Körperfett befand sich allerdings überwiegend im subkutanen Bereich und nicht im viszeralen, was als metabolisch günstiger gilt.

Cluster 5 wurde als die Teilpopulation mit dem höchsten Risiko für Typ-2-Diabetes, Nieren- und Gefäßerkrankungen und Gesamtmortalität identifiziert. Die Personen in diesem Cluster zeichneten sich durch Fettleibigkeit (BMI über 34,45 kg/m²), Insulinresistenz, eine ausgeprägte Fettleber und eine niedrige Insulinsekretion aus. Besonders die Resistenz des Körpers gegenüber Insulin scheint das Diabetes-Risiko hier stark zu erhöhen.

Menschen, die dem Subtyp 3 angehören, haben ebenfalls ein hohes Diabetes-Risiko. Sie bilden zu wenig Insulin, was die Autoren mit ausgeprägtem Bauchfett und Pankreasfett in Verbindung bringen. Der mittlere BMI lag hier bei 29,15 kg/m².

Der adipöse (BMI 34,94 kg/m²) Subtyp 6 scheint mit einem moderaten Risiko für Typ-2-Diabetes, dafür aber mit erhöhtem Risiko für Nierenleiden und Gesamtmortalität behaftet zu sein. Bereits vor einer Diabetes-Diagnose traten hier Schädigungen der Niere auf. Das Cluster bildet einen insulinresistenten Phänotyp, bei dem die Teilnehmer große Fettablagerungen im Bauchbereich, aber weniger Leberfett und eine höhere Insulinsekretion im Vergleich zu Cluster 5 aufwiesen.

Um zu ermitteln, ob sich die Einteilung auch in anderen Kohorten bestätigt, weitete die Forschungsgruppe das Verfahren auf 6810 Probanden der sogenannten Whitehall-II-Studie (DOI: 10.1093/ije/dyh372) aus London aus. Dort konnten ebenfalls die sechs Untertypen des Prädiabetes identifiziert werden.

Potenzielle therapeutische Konsequenzen

»Bisher konnte man bei Menschen mit Prädiabetes nicht vorhersehen, ob sie einen Diabetes entwickeln und Risiken zu schweren Folgeerkrankungen wie Nierenversagen haben oder nur eine harmlose Form von leicht höheren Blutzuckerwerten ohne bedeutsames Risiko aufweisen«, erläutert Häring, der die Studie vor 25 Jahren initiierte. Eine solche Unterscheidung sei jedoch wichtig, um der Stoffwechselerkrankung gezielt vorbeugen zu können, was besonders vor dem Hintergrund der zunehmenden Inzidenz wünschenswert wäre.

Die Klassifizierung lege einige potenzielle therapeutische Konsequenzen nahe. Personen aus Cluster 5 könnten beispielsweise von hochintensiven Ernährungs- und/oder Lebensstilinterventionen profitieren, die auf Gewichtsverlust und Leberfettreduktion abzielten. Personen mit den Merkmalen des Clusters 3 könnten hingegen von einer Reduktion des Bauchfetts durch aerobes Training und Kalorienrestriktion profitieren.

Der Ansatz soll im klinischen Umfeld jedoch nicht zu einer definitiven Zuteilung einzelner Patienten zu einem Subtyp dienen, sondern vielmehr das metabolisch heterogene klinische Erscheinungsbild des Prädiabetes charakterisieren, schreiben die Autoren. Und die Verschiedenheit der Patienten endet mit der möglichen Manifestation des Diabetes nicht: Auch bei Typ-2-Diabetikern scheint es fünf Subgruppen zu geben, wie Studien aus Skandinavien zeigen. Diese unterscheiden sich mit Blick auf Stoffwechsel und Risiko für Komplikationen deutlich.

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