Scholz-Vertrauter Kukies wird Finanzminister |
Cornelia Dölger |
07.11.2024 09:28 Uhr |
Jörg Kukies, Staatssekretär im Kanzleramt, soll auf Lindner folgen. / © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Vier Ministeriumsspitzen sind offen, nachdem gestern Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen wurde und in der Folge die FDP-Kabinettsmitglieder von ihren Regierungspositionen zurückgetreten sind. Neben dem Finanzressort brauchen nun das von Marco Buschmann geführte Justizministerium, das Verkehrsministerium (Volker Wissing) sowie das Bildungsministerium (Bettina Stark-Watzinger) neue Spitzen.
Staatssekretär Jörg Kukies, der als Vertrauter von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gilt, soll das Finanzressort übernehmen. Zuerst hatte die ARD berichtet, am Donnerstagmorgen bestätigten dies Regierungskreise. Zuvor war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als Vertretung genannt worden.
Wer die Lücken bis zu den Neuwahlen füllt, die am 9. März stattfinden könnten, steht theoretisch schon lange fest. Die Personalien sind dem Protokoll Inland der Bundesregierung zu entnehmen; bereits bei der Koalitionsbildung vor mehr als drei Jahren wurden demnach die Vertretungsregelungen festgelegt.
Auch das FDP-geführte Bundesbildungs- und Forschungsministerium, das Bettina Stark-Watzinger leitete, wird vorübergehend eine neue Leitung bekommen. Laut Protokoll war dafür Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) vorgesehen, inzwischen wurde aber bekannt, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir einspringen wird.
FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing will im Amt bleiben, das machte er am Morgen mit seinem Austritt aus der FDP deutlich. Wissing hatte gestern nicht am Koalitionstreffen teilgenommen. Er würde laut Protokoll von der Leitung des Umweltressorts vertreten, also von der Grünen Steffi Lemke. Bereits Anfang November hatte Wissing sich allerdings in einem Zeitungsbeitrag für den Verbleib der FDP der Regierung ausgesprochen.
Wie im Verlauf des Tages bekannt wurde, will Wissing auch übergangsweise das Bundesjustizministerium übernehmen, dessen Leitung Marco Buschmann innehatte. Laut Protokoll war eigentlich Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgesehen.
Die Union drängt darauf, dass Scholz die Vertrauensfrage deutlich früher stellt als wie geplant am 15. Januar. Schon kommende Woche solle der Kanzler den Bundestag befragen, fordert CDU-Chef Friedrich Merz.
Wenn es im Frühjahr Neuwahlen gibt, wird wohl der amtierende Kanzler seinen Hut in den Ring werfen. So äußerte sich jedenfalls SPD-Chefin Saskia Esken. In der Sendung »RTL Direkt« sagte sie: »Das wird Olaf Scholz sein, wir gehen gemeinsam in den Wahlkampf, und wir sind überzeugt, dass wir die Wahl auch gewinnen.««
Gestern Abend – am Tag, als die Welt die Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten zu verdauen hatte –, war es zum Bruch des Regierungsbündnisses gekommen. Im Koalitionsausschuss sollte der Haushaltsstreit beigelegt werden, stattdessen entließ Bundeskanzler Scholz den Finanzminister und begründete dies in einem Statement mit dessen Verweigerungshaltung bei pragmatischen Lösungsansätzen sowie mit inzwischen fehlendem Vertrauen.
Lindner hatte vor gut einer Woche ein Grundsatzpapier der FDP vorgelegt, das die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Ampel infrage stellt. In der Folge sowie im Streit um den Bundeshaushalt brach das Bündnis auseinander. Nach Lindners Entlassung hatte alle weiteren FDP-Minister ihren Rückzug erklärt.