Schnellere Genexpression mit höherer Fehlerquote |
Laura Rudolph |
17.04.2023 09:00 Uhr |
Mit zunehmenden Alter nimmt die Geschwindigkeit der Genexpression und damit die Häufigkeit von Ablesefehlern zu. Das berichten nun Forschende aus Köln und Göttingen. / Foto: Adobe Stock/rost9
Der Begriff Genexpression beschreibt die Umsetzung eines Gens in das entsprechend codierte Protein. Einen Schlüsselrolle spielt dabei die Transkription, bei der die doppelsträngige DNA in einzelsträngige messenger-RNA (mRNA) übersetzt wird. Die Geschwindigkeit dieses Prozesses nimmt dabei mit zunehmendem Alter zu – zulasten der Proteinqualität. Das berichten Forschende des Alternsforschungs-Exzellenzclusters CECAD der Universität Köln, des Kölner Max-Planck-Instituts für Alternsforschung und der Universität Göttingen aktuell im Fachjournal »Nature«.
In einem mehrjährigen Gemeinschaftsprojekt haben 26 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Transkriptionsprozess in Geweben von Fadenwürmern, Taufliegen, Mäusen, Ratten und Menschen mittels einer Hochdurchsatz-Transkriptom-Analyse untersucht. Sie stellten fest: Die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der die RNA-Polymerase-II einen RNA-Strang verlängert, nahm bei allen fünf Arten mit steigendem Alter zu.
Ebenfalls beobachteten sie Veränderungen beim sogenannten Spleißen, bei dem durch das Entfernen nicht codierender Abschnitte aus einer Vorläufer-mRNA die funktionsfähige mRNA entsteht. Im Alter kam es bei den untersuchten Arten zu einem veränderten Verhältnis zwischen gespleißten und ungespleißten Transkripten sowie zur vermehrten Bildung von zirkulärer RNA.
Würmer und Fliegen, die genetisch bedingt eine langsamere RNA-Polymerase-II-Aktivität aufwiesen, zeigten eine höhere Lebensspanne. Auch bei menschlichen Zellen führte eine Verlangsamung der Enzymaktivität zu einer verbesserten Zellteilung, wie die Forschenden weiter berichten. Erreicht werden könne dies durch Interventionen wie Kalorienrestriktion oder einen Eingriff in den Insulin-Stoffwechsel, schreiben die Forschenden. So zeigte sich etwa eine verringerte Ausschüttung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors IGF als vorteilhaft.
Dr. Andreas Beyer, CECAD-Arbeitsgruppenleiter und Professor am Institut für Genetik der Mathematisch Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln, resümiert in einer Pressemitteilung: »Unsere Ergebnisse decken grundlegende molekulare Mechanismen auf, die der Alterung von Tieren und Eingriffen zur Verlängerung der Lebensdauer zugrunde liegen – und geben damit Hinweise auf mögliche Maßnahmen, mit denen wir in Zukunft zu einem gesunden Altern beitragen können.« Dass sich Interventionen wie eine verminderte Kalorienaufnahme positiv auf die Genexpression auswirken, habe man mit dieser Studie nun klar belegt, ergänzt der Experte.