Schmitz: »Wer überdreht, kommt auch nicht weiter« |
Jennifer Evans |
16.12.2024 16:00 Uhr |
ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz, sein politischer Berater Ralf Denda sowie ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold (v.l.) informierten junge Apothekerinnen und Apotheker über die Arbeit der Standesvertretung. / © ABDA/Klemm
»Interessenvertretung kann schwer sein.« Das betonte ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz bei der heutigen berufspolitischen Infoveranstaltung der Standesvertretung in Berlin. Auf Einladung der ABDA kommen zu dieser Veranstaltungsreihe regelmäßig junge Apothekerinnen und Apotheker aus dem ganzen Land in die Hauptstadt, um zu erfahren, wie sich Berufspolitik erfolgreich umsetzen lässt und wie man sich selbst politisch engagieren kann.
Schmitz erläuterte in seinem Vortrag, wie die demokratischen Strukturen sowie die Wege zur Entscheidungsfindung bei der ABDA ablaufen. Als Kerngedanke der Organisation nannte er dabei das einheitliche Auftreten. Dazu gehöre sowohl Beziehungen und Austausch zu pflegen als auch zu verhandeln, zu informieren sowie einheitliche Grundsätze für die Tätigkeiten der Apothekerinnen und Apotheker zu schaffen.
Eine gemeinsame Zielvorstellung kann sich Schmitz zufolge zuweilen als eine Herausforderung darstellen. Denn es existierten durchaus divergierende Interessen innerhalb des Berufsstands etwa unter Angestellten und Apothekenleitern, zwischen den einzelnen Berufsgruppen sowie zwischen den Apothekerinnen und Apothekern. Daraus gelte es für die ABDA, »politikfähige Positionen« zu schaffen. Mit anderen Worten sei es wichtig, innerhalb des Verbands einheitlich, koordiniert und strategisch vorzugehen, sagte er.
Auf dem Weg zur Gemeinsamkeit tauchen laut Schmitz immer wieder bestimmte Zielkonflikte auf. Zum Beispiel kollidiere Schnelligkeit oft mit Einigkeit und Gründlichkeit oder Vertraulichkeit mit einem Erfolgsbericht sowie Koordination mit Kartellrecht. Die Lösung bestehe in demokratischen Entscheidungsfindungen mittels offenen Diskussionen, klaren Regeln, Mehrheitsentscheidungen sowie Minderheitenschutz.
»Politik ist immer ein Kompromiss«, stelle in diesem Zusammenhang auch ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold klar. Man müsse bei der politischen Arbeit immer deutlich trennen können zwischen objektiver Analyse sowie Wünschen und Ängsten – intern wie extern. Außerdem sollte hinter jeder Maßnahme ein Konzept stehen. Schwer gestalte es sich oftmals dem Berufsstand zu erklären, warum ein bestimmtes Vorgehen nicht zielführend gewesen sei, weil sich das dahinterliegende Konzept aus Gründen der Vertraulichkeit nicht immer offenlegen lasse. »Das kann nach außen komisch aussehen und widersprüchlich wirken«, gab er zu.
Er appellierte daran, in kritischen Situationen der ABDA zu vertrauen. »Transparenz hört auf, wo Vertrauen anfängt«, brachte Arnold es auf den Punkt. Es gehe der Standesvertretung nicht darum, die Macht zu haben. Seiner Ansicht nach ist es Ziel einer Berufsvertretung wie der ABDA – sowie auch einer Demokratie – stets gemeinsam nach der besten Lösung zu suchen. Wichtig ist in seinen Augen, deutlich zu machen, was »realistisch machbar ist« – auch gegenüber der Mitgliedsorganisationen.
Im Gegenzug betonte Arnold, dass ebenso viel Macht in der Hand einzelner Vertreterinnen und Vertreter aus dem Berufsstand selbst liege, wenn sie persönliche Gespräche mit Politikerinnen und Politkern führten. Der direkte Austausch vor Ort habe bei den meisten Abgeordneten mehr Gewicht, als die Positionen eines Lobbyverbands.
Auf die Kritik, dass die ABDA nicht dauerhaft auf Proteste setzte, entgegnete Schmitz, es könne aus der Perspektive der Bundesvereinigung auch einmal sinnvoll sein, die Füße still zu halten. In der Praxis bedeute das, nicht dauerhaft Druck auf die Politik auszuüben. Denn das könne auch schaden, sagte er. »Wer überdreht, kommt auch nicht weiter«, sagte er.
Der politische Berater des ABDA-Hauptgeschäftsführers, Ralf Denda, blickte in seinem Vortrag nicht nur auf die Geschichte des Lobbyismus zurück, sondern zeigte ebenfalls auf, wie es in der Praxis gelingt, alle relevanten Beteiligten im Blick zu behalten. Also, mit wem redet man wann und in welcher Reihenfolge? Das Netzwerk bestehe dabei aus den Komponenten Staat, Kostenträger, Leistungserbringer, Patienten und Versicherten sowie Medien.
Dabei zählte er auf, welche Personen und Bereiche beispielsweise allein aus dem Umfeld der Politik für die Kontaktpflege zu bedenken sind. Dazu gehören laut Dendas Liste neben dem Minister, Staatssekretäre, BMG-Mitarbeiter, Fraktionsvorsitzende, gesundheitspolitische Sprecher, Obleute, Arbeitsgruppen, Abgeordnetenmitarbeiter und Fachausschüsse.
Damit hört die Lobbyarbeit aber noch lange nicht auf. Auch der Austausch mit Vertretern der Krankenkassen, der pharmazeutischen Industrie, des Großhandels, Patientenorganisationen, Stiftungen, Fachmedien oder Nachrichtenagenturen sowie mit anderen Apothekenorganisationen im In- und Ausland seien wichtig.
Die Kommunikation passiere unter anderem über Faktenpapiere, E-Mails, Telefonate oder bei parlamentarischen Frühstücken, Sommerfesten, Seminaren und Konferenzen. so Denda. »Das A und O für den Erfolg ist das Vertrauensverhältnis«. Seinen Beobachtungen zufolge ist durch die zunehmend digitale Kommunikation in den vergangenen Jahren aber vieles verloren gegangen. Damit meint er, dass die Kommunikation schneller geworden ist, dabei aber an Tiefgang einbüßte. Umso wichtiger erscheine es, vor Ort in Berlin zu sein und Gespräche von Angesicht zu Angesicht zu führen.
Er teilt nach eigenen Angaben die Ansicht des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, der einst sagte: »Wo die Regierenden regelmäßig auf Ratschläge verschiedener Interessensgruppen achten, ist auch Politik von hoher Qualität.«
Zum Schluss gab Denda den rund 30 anwesenden Apothekerinnen und Apothekern noch einen Lobby-Leitfaden mit auf den Weg. Der besagt: Sprich mit einer Stimme, suche Verbündete und Allianzen, sei Teil des politischen Denkprozesses, denke selber politisch und übersetzte eigene Botschaften in »Politiker Deutsch«.