SANT-Ausschuss diskutiert aktuelle Herausforderungen in der EU |
Alexandra Amanatidou |
20.05.2025 16:00 Uhr |
Der SANT-Ausschuss diskutiert über die aktuellen Herausforderungen im Bereich der Gesundheitssicherheit innerhalb der EU. / © IMAGO/ZUMA Press Wire
Pamela Rendi-Wagner, Direktorin des EU-Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), berichtete, dass immer mehr gesundheitliche Bedrohungen registriert würden. Als Ursache nannte sie die Klimakrise, die alternde Bevölkerung und die sinkenden Impfquoten. »Für ein resilientes Europa ist es wichtig, die Prävention zu stärken«, sagte Rendi-Wagner bei der Tagung.
Das Zentrum habe im Jahr 2024 auf 15 Ausbrüche ansteckender Krankheiten reagiert, darunter M-Pox, das Marburg-Virus und Polio.
Zum ersten Mal empfing SANT die Direktorin der EU-Arzneimittelagentur EMA, Emer Cooke.
Die zentralen Themen der EMA überschnitten sich ihrer Meinung nach weitgehend mit den Bereichen, die der SANT-Ausschuss in seinem Arbeitsprogramm aufgelistet hat. Zu den Prioritäten der EMA gehören insbesondere die Themen Digitalisierung und KI sowie die (Krisen)-Vorsorge der EU. Auch die Verfügbarkeit von und Versorgung mit Arzneimitteln ist ein wichtiges Thema für die Agentur.
Wichtige Fortschritte habe man bereits bei kritischen Arzneimitteln erzielt. Aufgrund ihres erweiterten Mandats habe die EMA unter anderem dabei unterstützt, die Produktion von Antibiotika in der EU um rund 15 Prozent zu erhöhen. Zudem konnte man Unternehmen zum Bau weiterer Produktionskapazitäten verpflichten.
Cooke bestätigt, dass es durchaus Abhängigkeiten von den USA bei bestimmen Produkten gibt, die nur dort produziert werden. Bislang habe man noch kein vollständiges Bild, bereite sich aber auf Disruptionen vor. Dazu könne man insbesondere die Erfahrungen aus dem Brexit-Prozess nutzen. In enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten lotet man Möglichkeiten aus, die Arzneimittel-Produktion in der EU zu bringen.
In dem SANT-Ausschuss wurde auch über den vor knapp vier Wochen veröffentlichten Bericht zur ersten Bewertung der EU-Krisenbehörde HERA diskutiert. Dafür waren Daphne von Buxhoven, Leiterin der Abteilung Politik und Koordination der HERA, und William Sleath, Direktor für Bürgerrechte, Gesundheit, Migration und Sicherheitsunion der Europäischen Kommission anwesend.
HERA arbeite momentan an ABC-Maßnahmen, also Abwehrmaßnahmen gegen atomare, biologische und chemische Kampfmittel. Auch angesichts der angespannten Beziehungen zu den USA arbeite die Krisenbehörde an neuen strategischen Partnerschaften, etwa mit Japan, Korea, Singapur, Kanada, Norwegen und Island.
Verbesserungspotenziale gebe es jedoch bei der Abstimmung zwischen Gremien und Mitgliedstaaten.
Die SANT-Abgeordneten forderten allerdings konkrete Beispiele und kritisierten die Organisation der Behörde. Buxhoven nannte den Abgeordneten eine Reihe von Arbeitsfeldern, in denen HERA tätig sei. Dies reiche von der Überwachung von Flughäfen im Krisenfall über die Unterstützung bei Forschung, Innovation und Upscaling bis zur Marktreife sowie dem Ankauf und der Bevorratung von Arzneimitteln oder anderen krisenwichtigen Produkten.
Zu Letzterem werde es im Rahmen der geplanten Lagerhaltungsstrategie noch vor der Sommerpause detailliertere Informationen geben. Sie nannte in diesem Zusammenhang ein Volumen von rund 110 Milliarden Euro, das in einem breit gefächerten Portfolio von Maßnahmen zur Verfügung gestellt worden sei.
Auch Hadja Lahbib, die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, nahm an der Ausschusssitzung teil.
Zu den Prioritäten der neuen EU-Vorsorgestrategie gehöre die Stärkung der EU-Krisenmechanismen, einschließlich ziviler Maßnahmen zur Krisenbewältigung, des Einsatzes von Hilfsteams und der Lieferung von Hilfsgütern. Die Risiko- und Gefahreneinschätzungen, die es zwar bereits gibt, die aber über viele Sektoren verstreut sind, müssen zusammengeführt werden. Die Kommission wird dazu eine umfassende Risiko- und Gefahrenbewertung lancieren, die auch Gesundheitsrisiken einschließt.
Ebenfalls noch vor der Sommerpause soll ein neuer EU-Krisenkoordinierungsrahmen beschlossen werden. Dieser soll sicherstellen, dass die EU-Krisenreaktion nicht nur auf Ad-hoc-Instrumenten basiert, sondern auch Gefahren früh erkennt und schnell Gegenmaßnahmen ergreifen kann.
Ein zweiter großer Themenbereich ist die Verfügbarkeit von Arzneimitteln. Die Abgeordneten fragten unter anderem nach konkreteren Angaben zur Lagerhaltung. Lahbib führt aus, dass es bis Ende Juni eine Einschätzung der Bedarfe der Mitgliedstaaten geben soll. Zudem arbeite man aktuell an Finanzierungsmöglichkeiten für Lagerhaltung und medizinischen Gegenmaßnahmen.
Zum Thema Impfstoffe verweist Lahbib auf das Produktionsnetzwerk »EU FAB«, das relativ kurzfristig Produktionskapazitäten für bis zu 325 Millionen Impfstoffdosen aktivieren könne.