Rx-Versandverbot versus einheitliches EU-Recht für alle |
Ev Tebroke |
11.02.2025 17:18 Uhr |
Ohne Temperaturkontrolle: Schmoren da etwa auch ein paar Medikamenten-Lieferungen von EU-Versendern im Kofferraum? / © Adobe Stock/haenson
Beim Thema Arzneimittelversorgung ist hierzulande einiges im Argen: Ausufernde Arzneimittellieferengpässe, knappe Handelsmargen und starke Regulierung setzen Apotheken und Großhandel unter Druck. Hinzu kommen ungleiche Wettbewerbsbedingungen mit den EU-Versendern. Seit Jahren fordert die Branche hierzulande, dass sich auch EU-Versand-Konzerne wie Shop Apotheke und Doc Morris an deutsche Vertriebsregeln für Arzneimittel halten müssen, wie etwa die Einhaltung der Kühlkette. Doch nach wie vor agieren die Versender unkontrolliert und verschicken ihre Arzneimittel mit dem regulären Paketdienst.
Während hierzulande strenge Regeln für den Transport von Arzneimitteln gelten (Good Distribution Practice) und die Einhaltung durch die Behörde streng überwacht wird, fehlt solche Kontrolle bei den Versendern, die aus der EU liefern. So verschicken große Player wie Doc Morris oder Shop Apotheke aus grenznahen Logistikzentren in den Niederlanden. Und unterliegen somit nicht dem deutschen Recht. Eine Lösung des Problems scheint schwierig, die Debatte darüber gibt es seit Jahren. Nun appelliert die Branche im Vorfeld der Bundestagswahl erneut an die Politik, endlich gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer zu schaffen.
»Die Rechte und Pflichten sind ungleich verteilt«, unterstrich Sanacorp-Chef Patrick Neuss heute im Rahmen einer Online-Diskussion des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro). Es sei höchst fraglich, dass Versender kühlkettenpflichtige Arzneimittel nach wie vor ohne Kontrolle liefern können. »Da müssen wir ran!«
Gesundheitspolitikerin Martina Stamm-Fibich (SPD) sieht zwar ebenfalls dringenden Handlungsbedarf, eine Lösung sei aber nur längerfristig über eine Anpassung des EU-Rechts möglich. »Mir sind in Deutschland die Hände gebunden«, sagte sie. Es sei nicht möglich, nationales Recht auf die EU-Versender anzuwenden, die ihren Sitz jenseits der Landesgrenzen haben. »Wir kommen nur zu einem einheitlichen System, wenn EU-weit beim Versand gleiche Maßstäbe gelten würden.«
Aber die Umsetzung berge Tücken, gab Stamm-Fibich zu bedenken. Denn dann würden auch Botendienste unter die EU-weiten Kontrollvorgaben fallen. Und die Nachweispflichten würden erheblichen Bürokratiezuwachs mit sich bringen. Letztlich gelte es aber den Weg der Harmonisierung zu gehen: Eine Lösung mit gleichen Rahmenvorgaben für alle EU-Marktteilnehmer.
Ein ganz anderer, aber alt-bekannter Vorschlag kommt vonseiten der CSU. »Wir brauchen wieder ein Rx-Versandverbot«, so Bernhard Seidenath, gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion. Dies sei der beste Weg um wieder kontrollierte Bedingungen herzustellen. In anderen Ländern wie etwa Österreich sei schließlich auch ein Rx-Versandverbot möglich. Das Problem bei dieser Lösung ist laut Stamm-Fibich jedoch, dass eine einmal erteilte Rx-Versanderlaubnis nicht wieder einkassiert werden kann. Diese juristischen Bedenken seien weit verbreitet.
Auch wenn es bei der Diskussion keine Lösung für das Problem gab, Fakt ist, das Thema soll bei der nächsten Bundesregierung auf dem Tisch liegen. Seidenath versicherte, unter Unionsbeteiligung würde das Thema in die Koalitionsverhandlungen einfließen. Zuletzt hatte sich auch CDU-Gesundheitspolitiker Georg Kippels dafür stark gemacht. Die Versenderkontrolle soll auf die Unions-Agenda, hatte er zugesichert.
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.