Rund 39.000 PrEP-Nutzer |
Hintergrund ist auch, dass laut RKI bisher zum überwiegenden Teil spezialisierte HIV-Praxen und -Zentren die PrEP-Versorgung leisten. Strukturen also, die nicht überall gleich gut ausgebaut sind. Eine Ausweitung sei geboten – in der Fläche, aber auch in Hinblick auf weitere Arztgruppen, sagte Schmidt. «Wir hören schon jetzt, dass diese Praxen an der Kapazitätsgrenze sind. Dass die Leute keine Termine bekommen oder dass die Anfahrtswege sehr lang sind.»
«Wir denken, dass es durchaus Potenzial für eine PrEP-Nutzung in weiteren Gruppen gibt», sagte Schmidt. «Zum Beispiel bei Sexarbeitenden, Drogengebrauchenden und Menschen aus Trans- und nicht-binären sowie migrantischen Communitys».
Ziel solle überhaupt nicht sein, dass jeder Einzelne aus diesen Gruppen künftig die PrEP nimmt, betonte der RKI-Mitarbeiter. «Aber die Menschen sollten darüber aufgeklärt sein». Weit verbreitet sei etwa die falsche Annahme, dass die PrEP nur für Schwule sei, sagte Schmidt. Der Gesetzgeber ermögliche jedoch beim Einsatzbereich große Spielräume.
«Die Sorge vor schweren Nebenwirkungen ist ein Hauptgrund, aus dem Menschen der PrEP gegenüber skeptisch sind», sagte Schmidt. Befragungen zeigten jedoch, dass lediglich bei zwei bis drei Prozent der Nutzenden so starke Nebenwirkungen aufgetreten seien, dass sie die Wirkstoffe nicht weiter einnahmen. Ab und an werde in der Anfangszeit von leichten Beschwerden wie Schwindel und Kopfschmerzen berichtet, die sich mit der Zeit legten.
Das RKI hielt kürzlich in einem Bericht fest, dass der ausgebliebene Wiederanstieg der HIV-Neuinfektionszahlen 2022 bei bi- und homosexuellen Männern auch auf vermehrter PrEP-Nutzung beruhen könnte. Wie viel die PrEP zum Rückgang von Neuinfektionen beitrage, werde sich erst in Zukunft deutlicher abzeichnen.
Insgesamt haben sich in Deutschland nach vorläufigen RKI-Schätzungen vergangenes Jahr 1900 Menschen mit HIV infiziert. «Richtig angewendet, also bei täglicher Einnahme des Medikaments, schützt die PrEP absolut sicher vor einer HIV-Infektion, mindestens so gut wie das Kondom», sagte Schmidt. Dokumentiert seien zwar einzelne Fälle, in denen Menschen nach PrEP-Beginn doch eine HIV-Diagnose erhielten: «Aber dann berichteten die Betroffenen zum Beispiel, dass sie die Einnahme unterbrochen hatten oder es sind Fälle, in denen sich die Menschen bereits kurz vorher angesteckt hatten.» Die PrEP ist jedoch HIV-spezifisch und schützt nicht vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen.