| Sven Siebenand |
| 12.12.2025 17:00 Uhr |
Nach neuen Medikamenten für die Alzheimer-Erkrankung wird weltweit intensiv geforscht. / © Adobe Stock/amazing studio
Mit Lecanemab und Donanemab kamen im Laufe des Jahres 2025 die ersten beiden verlaufsmodifizierenden Therapeutika für die Alzheimer-Erkrankung auf den deutschen Markt. Sie sind gegen β-Amyloid gerichtet, für die Frühphase der Erkrankung gedacht, müssen infundiert werden und scheiterten auch im ersten Anlauf bei der EMA.
Ob das ein gutes Omen ist für Blarcamesin, muss sich allerdings noch herausstellen. Der niedermolekulare Wirkstoff ist oral verfügbar und wirkt als Agonist am Sigma-1-Rezeptor. So soll der Arzneistoff die Autophagie ankurbeln und damit schädliche Proteinablagerungen im Gehirn reduzieren.
Der EMA-Ausschuss kam nun vorerst zu dem Schluss, dass die Hauptstudie die Wirksamkeit und Sicherheit von Blarcamesin bei Alzheimer-Patienten im Frühstadium, die keine Mutation im SIGMAR1-Gen aufweisen, nicht nachweisen konnte. Die Studie verfehle ihr Hauptziel, nämlich eine Verbesserung bei beiden Hauptwirksamkeitsparametern nachzuweisen, heißt es in der Begründung. Darüber hinaus bemängelt der CHMP methodische Probleme, die Zweifel an der Validität der Ergebnisse aufkommen ließen.
Was die Sicherheit betrifft, stellte die EMA fest, dass ein hoher Anteil der Patienten die Behandlung während der Hauptstudie abbrach, hauptsächlich aufgrund von Nebenwirkungen im Zusammenhang mit dem zentralen Nervensystem, was Bedenken hinsichtlich der Verträglichkeit des Arzneimittels aufkommen ließ. Last, but not least kam das EMA-Gremium zu dem Schluss, dass es auf der Grundlage der vorgelegten Informationen nicht möglich war, die Bildung von Nitrosamin-Verunreinigungen auszuschließen.
Bei einem Pressebriefing Anfang der Woche hatte Anavex es bereits kommen sehen, was heute passieren würde. Denn schon bei einer Probeabstimmung, einem sogenannten Trend Vote, hatte sich der CHMP im November gegen die Zulassung ausgesprochen.
Anavex hat nach diesem Rückschlag aber nicht vor, in den Sack zu hauen. Nach einer negativen Abstimmung hat jeder Antragsteller 15 Tage Zeit, um der EMA mitzuteilen, dass er eine sogenannte Re-Examination beantragen will. Die detaillierte Begründung kann ein Unternehmen innerhalb von 60 Tagen nach Zugang der »Negative Opinion« nachreichen. Formell stützt sich der CHMP bei der Re-Examination auf den gleichen Datensatz wie in der Erstbewertung. Zugelassen sind laut Anavex jedoch auch neue Analysen, zusätzliche Auswertungen bereits vorhandener Daten sowie eine veränderte Gewichtung von Endpunkten und Biomarkern. Eine Re-Examination kann damit von einer initialen Ablehnung zu einer Zulassung führen, gegebenenfalls als bedingte Zulassung mit Auflagen zu weiteren Studien.
Wie Anavex mitteilt, hat der CHMP bereits angedeutet, dass für eine mögliche (bedingte) Zulassung im Rahmen einer Re-Examination Biomarker-Daten relevant sein können, die als Surrogat-Endpunkt einen direkten Zusammenhang zwischen einer Verlangsamung des kognitiven Abbaus und der Gehirnatrophie aufzeigen.
Man habe im Rahmen einer Studie entsprechende Daten zu Blarcamesin erhoben und plant, entsprechende Auswertungen für eine Re-Examination bereitzustellen. Des Weiteren, so Anavex, könnten potenziell Subgruppenanalysen näher betrachtet werden. In einer Post-hoc-Analyse der Daten aus der Studie Anavex-2-73-AD-004 habe sich gezeigt, dass der kognitive Abbau bei Patienten mit den Genvarianten SIGMAR1-Wildtyp sowie COL24A1-Wildtyp gegenüber der gesamten behandelten Patientenpopulation deutlich stärker verlangsamt wurde. Auf geht’s also in Runde 2.