Risiken von Generativer KI im Gesundheitswesen |
Melanie Höhn |
22.01.2024 16:30 Uhr |
Große multimodale Modelle (LMMs) können eine oder mehrere Arten von Dateneingaben akzeptieren, wie etwa Text, Videos und Bilder / Foto: Adobe Stock/trahko
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat neue Leitlinien zur Ethik und Governance großer multimodaler Modelle (Large Multimodal Models), sogenannter LMMs, veröffentlicht – einer Art schnell wachsende generative (KI)-Technologie mit Anwendungen im gesamten Gesundheitswesen. Der Leitfaden enthält über 40 Empfehlungen zur Berücksichtigung durch Regierungen, Technologieunternehmen und Gesundheitsdienstleister, um den angemessenen Einsatz von LMMs zur Förderung und zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen.
»Generative KI-Technologien haben das Potenzial, die Gesundheitsversorgung zu verbessern, aber nur, wenn diejenigen, die diese Technologien entwickeln, regulieren und nutzen, die damit verbundenen Risiken erkennen und vollständig berücksichtigen«, sagt Jeremy Farrar, Chefwissenschaftler der WHO. »Wir brauchen transparente Informationen und Richtlinien, um das Design, die Entwicklung und den Einsatz von LMMs zu verwalten, um bessere Gesundheitsergebnisse zu erzielen und anhaltende gesundheitliche Ungleichheiten zu überwinden.« Während LMMs zunehmend für bestimmte gesundheitsbezogene Zwecke eingesetzt würden, bestehe auch die Gefahr, dass diese Technologie falsche, ungenaue, voreingenommene oder unvollständige Aussagen machen könne, die Menschen schaden könnten, warnt die WHO.
LMMs können eine oder mehrere Arten von Dateneingaben akzeptieren, beispielsweise Text, Videos und Bilder sowie verschiedene Ausgaben generieren, die nicht auf die Art der eingegebenen Daten beschränkt sind. LMMs sind laut WHO einzigartig in ihrer Nachahmung der menschlichen Kommunikation und ihrer Fähigkeit, Aufgaben auszuführen, für die sie nicht explizit programmiert wurden. Laut Jeremy Farrar wurden LMMs schneller angenommen als jede andere Verbraucheranwendung in der Geschichte – im Jahr 2023 seien mehrere Plattformen, darunter ChatGPT, Bard und Bert, in das öffentliche Bewusstsein gerückt.
Die neuen WHO-Leitlinien skizzieren fünf umfassende Anwendungen von LMMs für die Gesundheit:
Der Leitfaden beschreibt auch umfassendere Risiken für Gesundheitssysteme, wie etwa die Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit der leistungsstärksten LMMs. Zudem könnten LMMs zu einer »Automatisierungsverzerrung« durch medizinisches Fachpersonal und Patienten führen, wodurch Fehler übersehen würden, die andernfalls erkannt worden wären, oder schwierige Entscheidungen fälschlicherweise an ein LMM delegiert werden. LMMs sind wie andere Formen der KI auch anfällig für Cybersicherheitsrisiken, die Patienteninformationen oder die Vertrauenswürdigkeit dieser Algorithmen und die Gesundheitsversorgung im Allgemeinen gefährden könnten.
Um sichere und wirksame LMMs zu schaffen, betont die WHO die Notwendigkeit des Engagements verschiedener Interessengruppen: Regierungen, Technologieunternehmen, Gesundheitsdienstleister, Patienten und Zivilgesellschaft, in allen Phasen der Entwicklung und des Einsatzes solcher Technologien, einschließlich ihrer Aufsicht und Regulierung.
»Regierungen aller Länder müssen gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um die Entwicklung und Nutzung von KI-Technologien wie LMMs wirksam zu regulieren«, betont Alain Labrique, WHO-Direktor für digitale Gesundheit und Innovation in der Wissenschaftsabteilung. Beispielsweise sollten Regierungen in gemeinnützige oder öffentliche Infrastruktur investieren oder diese bereitstellen, einschließlich Rechenleistung und öffentlicher Datensätze, die Entwicklern im öffentlichen, privaten und gemeinnützigen Sektor zugänglich sind und die von den Benutzern im Gegenzug die Einhaltung ethischer Grundsätze und Werte verlangt Zugang.
Zudem fordert die WHO die Regierungen auf, Gesetze, Richtlinien und Vorschriften zu nutzen, um sicherzustellen, dass LMMs und Anwendungen, die im Gesundheitswesen und in der Medizin eingesetzt werden, unabhängig von den mit der KI-Technologie verbundenen Risiken oder Vorteilen ethischen Verpflichtungen und Menschenrechtsstandards entsprechen.
Weiterhin wird in dem WHO-Bericht deutlich, dass Entwickler von LMMs sicherstellen sollten, dass nicht nur Wissenschaftlern und Ingenieuren bei der Entwicklung dieser Technologie einbezogen werden sollten, sondern auch potenzielle Nutzer und Interessengruppen.