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AOK-Umweltbonus scheitert

Riesige Antibiotika-Mengen in der Umwelt

Die AOK Baden-Württemberg, das IWW Rheinisch-Westfälische Institut für Wasserforschung und das Umweltbundesamt haben gemeinsam in einer Pilotstudie die Gewässer rund um Antibiotika-Fabriken in Indien, Spanien und Italien untersucht. Dabei wurden teilweise extrem hohe Kontaminationen gemessen. Die AOK leitet daraus politische Forderungen ab, will das Rabattvertragssystem aber nicht infrage stellen.
Annette Rößler
10.11.2023  17:20 Uhr

Wenn Antibiotika unkontrolliert in die Umwelt freigesetzt werden, fördert das die Entwicklung von Resistenzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Umweltkontamination in Indien oder in Deutschland stattfindet, denn Resistenzen verbreiten sich heutzutage rasch auf der ganzen Welt. Die Ergebnisse der Pilotstudie, bei der seit September 2021 acht Antibiotika-Produktionsstätten in Indien sowie jeweils eine in Italien und Spanien überprüft wurden, sind daher sehr besorgniserregend.

Prüfer des IWW hatten nach kurzfristiger Ankündigung die Fabriken besichtigt, Proben aus Abwasserrohren sowie aus Gewässern der Umgebung genommen und diese im heimischen Labor untersucht. Getestet wurde, ob im Abwasser die zulässigen Höchstkonzentrationen (Predicted No Effect Concentration, PNEC) für die in der jeweiligen Fabrik im Auftrag von AOK-Rabattvertragspartnern hergestellten Antibiotika eingehalten wurden. Die Proben aus Gewässern der Umgebung wurden zudem auch auf andere Antibiotika untersucht.

An vier der acht überprüften Standorten wurden die Grenzwerte eingehalten. An drei Standorten war dagegen das Abwasser und an einem Standort ein angrenzendes Gewässer teilweise extrem stark kontaminiert. So fand sich in einer Abwasserprobe Ciprofloxacin in einer Konzentration von >10 µg/l; das entspricht einer Überschreitung der PNEC um 11.000 Prozent. In einem Gewässer, das durch den Regenwasserüberlauf einer indischen Fabrik entsteht und das sich in einem als Viehweide genutzten Gebiet befindet, wurde Azithromycin in einer Konzentration gefunden, die die PNEC um 1,6 Millionen Prozent übersteigt.

Umweltbonus in AOK-Rabattverträgen

Für die AOK sind die Ergebnisse insofern brisant, als sie Herstellern, die sich zur Einhaltung der PNEC im Produktionsabwasser verpflichten, beim Abschluss eines Rabattvertrags einen höheren Preis einräumt. Diesen Umweltbonus nähmen zurzeit die meisten Hersteller, mit denen die AOK einen Rabattvertrag abgeschlossen hat, in Anspruch, informierte Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, heute bei der Vorstellung der Studienergebnisse in Berlin. Wie sich zeigt, scheint das zumindest in manchen Fällen ungerechtfertigt zu sein, denn die Grenzwerte werden trotz Verpflichtung zum Teil deutlich überschritten.

Unmittelbare Konsequenzen für die Hersteller hätten die Ergebnisse der Studie allerdings nicht. »Wenn wir Verstöße feststellen, können wir erst bei kommenden Vergaben darauf reagieren«, sagte Bauernfeind. Er sieht in den Ergebnissen der Pilotstudie keinen Beleg dafür, dass der Preiskampf unter den Herstellern, der ja eine direkte Folge der Rabattverträge ist, schädlich ist. Das Problem müsse vielmehr auf EU-Ebene angegangen werden, denn es reiche »weit über die Möglichkeiten der Gestaltung von Rabattverträgen hinaus«.

Die politischen Forderungen, die die AOK aus den Ergebnissen der Studie ableitet, lauten:

  • Aufnahme verbindlicher Umweltkriterien in das EU-Arzneimittelrecht,
  • Einführung von einheitlichen Kontrollsystemen, um die Einhaltung der Umweltkriterien nicht nur bei der Zulassung, sondern auch in der laufenden Produktion zu überprüfen,
  • Wissenstransfer durch Partnerprojekte insbesondere in Asien,
  • Verkürzung der Lieferketten durch Änderung des EU-Vergaberechts,
  • Ausbau des Frühwarnsystems zur Erkennung von drohenden versorgungsrelevanten Lieferengpässen bei Arzneimitteln und weitere Stärkung der Bevorratung.
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