Rezeptabrechnung bei Noventi wird teurer |
Alexander Müller |
12.09.2023 13:00 Uhr |
Noventi-Vorstand Mark Böhm sieht das Unternehmen im Sanierungsprozess auf Kurs. / Foto: Noventi
Im Zuge der Sanierung war klar, dass Noventi die Abrechnungsgebühren erhöhen muss. Das war sogar mit den Banken und den beteiligten Landesapothekerverbänden abgestimmt. Vorgesehen ist ab November ein dreistufiges Modell, mit dem das Rechenzentrum transparenter und profitabler werden will. Der PZ liegt das neue Preismodell vor:
In allen drei Tarifen ist eine Kappung ab einem Rezeptwert von 750 Euro brutto vorgesehen. Die Gebühr beträgt dann jeweils 0,08 Prozent. Umgestellt wird auch die Finanzierungsgebühr. Zu der Pauschale für vorgezogene Abschläge von 0,018 Prozent je Banktag kommt noch ein variabler Anteil. Dabei orientiert sich Noventi am aktuellen Zinsniveau entsprechend dem 1-Monats-EURIBOR. Für den 30. August 2023 beträgt der Euribor beispielsweise 3,654 Prozent. Für September liegen die variablen Finanzierungsgebühren damit pro Tag bei 0,01015 Prozent (3,654/360).
Noventi nimmt auch weiterhin eine Handlingspauschale pro eingereichtem Rezept von 2 Cent und 11,40 Euro für jede Abholung, Sonderabholungen kosten 25 Euro. Pro eingereichtem elektronischen Kostenvoranschlag kassiert Noventi ab November 1,99 Euro. Schickt die Apotheke diesen per Fax, kostet es 3,99 Euro. Immerhin: Die Energiekostenpauschale senkt Noventi von bislang 12,91 Euro auf 8,90 Euro pro Monat.
Zwar werden einige hundert Apotheken laut Noventi-Vorstand Mark Böhm von der Gebührenumstellung sogar profizieren, für den Großteil wird die Rezeptabrechnung aber teurer. Denn Noventi war in den vergangenen Jahren mit extrem günstigen Konditionen von bis zu 0,07 Prozent im Markt unterwegs. Vor allem im Nachgang der AvP-Pleite vor drei Jahren hatte der Marktführer auf diese Weise zwar viel Umsatz eingekauft, aber eben auf Kosten der Rendite.
Das Unternehmen geriet in die Schieflage und befindet sich aktuell im Sanierungsprozess. Dazu zählte ein umfangreicher Stellenabbau im Frühjahr sowie die begonnene Verschlankung der Softwarelinien. Mit der Umstellung des Gebührenmodells soll jetzt die Rezeptabrechnung wieder auf solidere Füße gestellt werden. Auf Nachfrage wurde aber keine Angabe gemacht, wie viel Geld Noventi mit dem neuen Staffelmodell sparen will.
Laut eigenem Plan will Noventi im kommenden Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben. Vorstand Böhm sieht das Unternehmen auf gutem Weg. 2023 werden allerdings noch einmal Verluste eingefahren. Und wie düster die Bilanz für das vergangene Jahr ausfällt, ist noch immer nicht bekannt. Bis Ende des Monats hat Noventi noch Zeit, die Zahlen zu veröffentlichen.
Der Erfolg der Sanierung wird auch davon abhängen, wie sich die Kundinnen und Kunden des Rechenzentrums jetzt verhalten, denen mit der Preiserhöhung ein Sonderkündigungsrecht zusteht. Aber Noventi-Vorstand Böhm ist überzeugt, dass die Zahl der Abgänge keine kritische Größe erreichen wird. Die Kunden hätten in den vergangenen Monaten gezeigt, dass sie bereit seien, den Sanierungsprozess mitzugehen. Die Noventi »nahestehenden Gremien« hätten das das neue Tarifsystem als »marktgerecht und fair« bezeichnet. Nach seinen Angaben hat Noventi beim Abrechnungsvolumen sogar zugelegt – trotz sinkender Apothekenzahl.
Böhm räumte gegenüber der PZ ein, dass die bisherige Kostenstruktur durch insbesondere die gestiegenen Zinsen und die Inflation nicht mehr zum Marktumfeld passten.
Auch für die sonstigen Leistungserbringer wird die Abrechnung teurer. Der Basisbetrag bleibt bei 13 Euro monatlich, die Gebühr 0,85 Prozent auf Rezept-Brutto. Mit rund 30.000 Kunden sind die sonstigen Leistungserbringer eine wichtige Säule im Geschäft des Dienstleisters.