Resolution gegen die »Apotheke ohne Apotheker« |
Cornelia Dölger |
18.09.2025 11:28 Uhr |
Bei der Abstimmung über die Resolution war man sich am Ende einig – voraus ging allerdings eine lebhafte Diskussion um Inhalt und Formulierung. / © PZ/Alois Müller
Von diesem Apothekertag soll ein starkes Signal ausgehen – auch in Form einer Resolution, die bestimmten Punkten in den Reformplänen, wie sie am Dienstag von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) vorgestellt wurden, klaren Widerstand entgegensetzt.
Der Impetus kam schon gestern Abend von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL). Kammervize Frank Dieckerhoff warb vor den Delegierten dafür, jetzt klare Kante zu zeigen. »Warkens Eckpunkte liegen den meisten schwer im Magen. Seitdem nehmen wir hier eine merkwürdige Stimmung wahr«, so Dieckerhoff.
Warken habe bei ihrem Auftritt die marode Finanzlage der Kassen als Grund dafür genannt, dass eine Soforthilfe für Apotheken nicht möglich sei; gleichzeitig sei das Ärztehonorar aber gestern angehoben worden. »Da kann Frau Warken unmöglich sagen, es sei kein Geld da.« Dass die zeitweise PTA-Vertretung mit den neuen Plänen unter anderen Bedingungen wiederbelebt wurde, sei eine Neuauflage der Lauterbachschen »Apotheke light« – und klar abzulehnen.
Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening unterstrich heute, »ein großer Elefant« stehe hier im Raum. Die Resolution brauche die ganze Rückendeckung der geschlossenen Apothekerschaft. Der Text lag bereits gestern Abend vor – eine Abstimmung darüber wurde aber auf heute verschoben. Kritiker hatten angemerkt, dass ein solcher Schritt wohlüberlegt sein müsse. Es solle nicht der Eindruck erweckt werden, dass Mauern aufgebaut werden. Erste redaktionelle Änderungen wurden schon am Abend vorgenommen. Sie sollten sich am Folgetag fortsetzen.
Explizit gegen die »Apotheke ohne Apotheker« zu trommeln, hielten einige Redner aus dem Plenum für riskant. Hier solle keine Blockadehaltung etabliert werden.
Dieckerhoff entgegnete, man blockiere keinen Dialog. Allzu viel Textexegese sei im Übrigen nicht förderlich; es gehe um die Kernforderungen der Apothekerschaft, die nicht abgeräumt werden dürften. Man mache sich unglaubwürdig, wenn man dem zustimme. »Wer nichts fordert, wird auch nichts bekommen.« Auch Dieckerhoff warb für ein eindeutiges Votum.
Lutz Tisch, Leiter der ABDA-Rechtsabteilung, warnte vor einer solchen Öffnung. Die PTA-Vertretung zuzulassen, könne am Ende ein ähnlich folgenschwerer Fehler sein, wie es die Freigabe des Arzneimittelversands gewesen sei. Der Begriff »Apotheke ohne Apotheker« sei derart in die Öffentlichkeit getragen worden, dass man auf ihn jetzt nicht mehr verzichten sollte. Aus Niedersachsen kam Zuspruch. Verbandschef Berend Groeneveld warnte davor, die PTA-Vertretung zuzulassen. Apotheker Reinhard Giese aus Thüringen pflichtet ihm bei: »Den Türspalt auch nur einen Millimeter aufzumachen, wäre ein schwerer Fehler.«
Die Apotheken stünden vor einem Dilemma. Einerseits bekomme die Politik Probleme geschildert – und biete eine Lösung an, die die Apotheken dann wieder ablehnten – in diesem Fall, weil es »einen Dammbruch« bedeuten könnte. Wie eine Lösung finden? Dafür, mehr Durchgängigkeit von einem zum anderen Beruf zu schaffen, warb Apotheker Christian Fehske aus Hagen. Auch er setzt auf Dialogbereitschaft.
Welche Realität gäbe es denn mit mehr PTA-Befugnissen? Auch darum spann sich die lebhafte Diskussion. Wie ist eine Verbesserung zu erzielen? Eine Forderung an die Politik zu richten, sei »unser Auftrag«, so Manfred Saar, Kammerpräsident im Saarland. Er streifte den Personalmangel bei Approbierten: Wenn es mehr Geld gäbe, gäbe es mehr Personal – und dann gäbe es keinen Mangel.
Ronald Schreiber, Präsident der Kammer Thüringen, fragte, ob es mit den neuen Plänen des BMG nun einen Fortschritt gegenüber den vergangenen Lauterbach-Plänen gebe. Es sei eben keine Blockadehaltung, wenn die Apothekerschaft eine Gegenmeinung zu den Plänen formuliere. Auch er sprach sich gegen die Vertretungsbefugnis aus. Apotheker schafften sich ansonsten selbst ab. Den Mangel werde man nicht mit PTA-Vertretungen beseitigen – sondern mit mehr Ausbildung für Pharmazeuten.
Der auslaufende Beruf des Pharmazieingenieurs in der ehemaligen DDR sei ein Fachschul- und Fachhochschulberuf gewesen. Wer denn heute die geplante Zusatzausbildung der PTA übernehmen solle, fragte Schreiber. Sebastian Berges vom Apothekerverband Nordrhein sprach das Honorar an. Nur damit gebe es mehr Planungssicherheit für Apotheken. Andere Heilberufler bekämen schließlich auch dynamisiert mehr Geld. Für die geplanten Verhandlungen müssten stabile Leitplanken her.
Eine junge Apothekerin meinte, sie bekomme angesichts der Diskussion »Angst« um ihre Zukunft. Die bestehenden Regelungen sollten erhalten bleiben. Evelyn Geiter aus Niedersachsen sieht in den Vertretungsplänen »einen Grund, um uns dann kein zusätzliches Honorar zahlen zu müssen«. Mit günstigerem Personal könnten die Apotheke nach dieser Rechnung Geld sparen, das sei doch die Intention des BMG, mutmaßte die Apothekerin.
Dass bei der Artikulation der Forderungen viel Feingefühl nötig ist, zeigte das vehemente Ringen um Formulierungen. Mehrere Versionen der Resolution kursierten während der Beratung; Sätze, Absätze wurden getauscht, gelöscht, umformuliert. Nach gut einer Stunde Diskussion stand die finale Version fest – und wurde ohne Gegenstimme, allerdings mit einer Enthaltung verabschiedet.
»Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker greift das Angebot zum Dialog von Frau Gesundheitsministerin Nina Warken auf und erwartet Nachbesserungen an den vorgestellten Eckpunkten.
Sie fordert die Bundesregierung und die Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf, die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag unverzüglich umzusetzen; eine sofortige Erhöhung des packungsbezogenen Honorars für öffentliche Apotheken als Soforthilfe gegen das Apothekensterben. Ebenso fordern wir eine klare Ablehnung der Idee einer »Apotheke ohne Apotheker«.
Wir erwarten von der Bundesregierung Verlässlichkeit, besonders in Zeiten großer Herausforderungen für unser Gesundheitssystem. Nur durch starke Apotheken vor Ort und eine stabile, wohnortnahe Arzneimittelversorgung können diese bewältigt werden.«