Resiliente Apotheken für eine resiliente Gesellschaft |
Daniela Hüttemann |
10.10.2024 10:42 Uhr |
Zu Beginn der Antragsberatung des diesjährigen Deutschen Apothekertags setzten die Delegierten noch einmal ein deutliches Zeichen für ihre Grundprinzipien. / © PZ/Alois Müller
Im ersten Leitantrag, der heute auf der Tagesordnung stand, eingebracht vom geschäftsführenden ABDA-Vorstand ging es um die Vor-Ort-Apotheke als unverzichtbarer Teil einer resilienten Gesundheitsversorgung. Die verfasste Apothekerschaft fordert darin den Gesetzgeber auf, die Resilienz der inhabergeführten Apotheke vor Ort zu stärken, um die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten – im Sinne der Patienten. Das wiederum trage zum Erhalt einer resilienten Gesellschaft bei. Eine Reform des Apothekenwesens müsse am Patientenwohl orientierte, verlässliche Rahmenbedingungen sicherstellen.
Die Apothekerschaft möchte angesichts der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen damit daran erinnern, wie wichtig die Institution Apotheke vor Ort als niederschwelliger Zugang und Bindeglied zwischen allen Teilen der Gesellschaft und der Gesundheitsversorgung sei.
Der Antrag erinnert an die Besonderheiten des Arzneimittels und spricht sich gegen dessen Trivialisierung aus. Insbesondere müsse die Apothekenpflicht als wesentliches Instrument des Verbraucherschutzes aufrecht erhalten bleiben, auch beim Fernabsatz.
Damit warnt der Antrag gleich vor dem Versandhandel: »Je digitaler, automatisierter und damit unpersönlicher der hoch sensible Vorgang der pharmazeutischen Betreuung von Patient*innen ausgestaltet wird, desto mehr wird die hohe Qualität, der aufeinander abgestimmten Prozesse und die auf alle Feinheiten eingehende, unabdingbare persönliche Begleitung der Patient*innen durch Apotheker*innen gefährdet.« Es sei unverzichtbar, die Apotheke als widerstandsfähige Einrichtung der Gesundheitsversorgung zu erhalten, damit das Apothekenwesen weiterhin einen wesentlichen Beitrag zu einer resilienten Gesellschaft leisten könne.
Dem hatte keiner der Delegierten etwas hinzuzufügen, sodass der Antrag ohne Diskussion mit überwältigender Mehrheit und ohne Gegenstimmen angenommen wurde. Gleiches gilt für die zwei zusammengefassten Leitanträge von den Apothekerkammern Hessen und Nordrhein unter dem Titel »Apotheke nur mit Apotheker*in«. Dieses verfassungsrechtlich legitimierte Leitbild sei zu beachten und zu erhalten, während der Gesetzgeber unverzüglich Maßnahmen ergreifen soll, um die bewährte Struktur zu schützen und zu stärken, statt durch die Etablierung neuer, qualitativ geringwertiger Abgabestellen wie Apothekenfilialen ohne Apotheker*in oder Arzneimittelausgabestellen in Notfallzentren nachhaltig zu schwächen«.
Kurz diskutiert wurde über einen Antrag »Freiberuflichkeit schützen und weiterentwickeln« der Apothekerkammer Berlin. Einige hätten den Antrag gern noch weiter auf die Apotheker allein zugespitzt. Die Berliner Delegierte Annette Dunin von Przychowski betonte jedoch: »Wir brauchen eine Grundlage für unsere Unabhängigkeit – das geht alle Freien Berufe an, und wir sollten möglichst viele ins Boot holen.« Sie seien keine überholte Struktur, sondern entwickelten sich selbstverständlich weiter, so die Rednerin mit Blick auf die Sicht des Bundesgesundheitsministers auf die Freien Berufe. Diese seien ihm eher ein Graus, da sie selbstständig denken und handeln, meinte Göran Donner, Präsident der Apothekerkammer Sachsen. Auch dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit und ohne Gegenstimmen, angenommen.
Die Anträge selbst und ihre zügige Abstimmung zeigen, dass sich die Apothekerschaft in ihrem Selbstverständnis weiterhin einig ist – das ist ein gutes Zeichen. Bedenklich dagegen ist, dass es immer noch und immer wieder gegenüber der Politik betont werden muss.
Die Apothekerschaft ist sich einig: Es braucht dringend eine Reform, aber nicht in der aktuell vom BMG geplanten Form. Dieses soll seine Blockadehaltung aufgeben und unverzüglich mit der verfassten Apothekerschaft in einen konstruktiven Dialog kommen.
Zunächst wurde ein Antrag des Apothekerverbands Nordrhein diskutiert, auf ein strukturveränderndes Apotheken-Reformgesetz zu verzichten. Dabei wurde jedoch klar: So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen, die Apotheken brauchen eine Reform – aber ganz bestimmt nicht in der Form, die der aktuelle Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorsieht.
Nach Diskussion und Umformulierung wurde stattdessen ein Adhoc-Antrag der Apothekerkammer Sachsen formuliert und mit großer Mehrheit verabschiedet. Darin wird das BMG aufgefordert, unverzüglich mit der ABDA in einen konstruktiven und strukturierten Abstimmungsprozess zur Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort zu treten. »Eine Blockadehaltung des BMG gegenüber der verfassten Apothekerschaft ist in diesem Zusammenhang weder angebracht noch zielführend.«