Remission ist möglich |
Brigitte M. Gensthaler |
05.06.2023 16:30 Uhr |
Professor Dr. Gerd Bendas, Universität Bonn / Foto: PZ/Alois Müller
Asthma ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung mit bronchialer Hyperreagibilität und Atemwegsobstruktion. Zwar treten die Symptome wie Atemnot und Husten anfallsweise auf, doch die Atemwege sind dauerhaft entzündet. Die im März 2023 aktualisierte S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma hat entscheidende Neuerungen gebracht. »Man geht weg von der kurzfristigen Symptombekämpfung hin zur langfristigen Symptomprävention«, betonte Bendas.
Erstmalig werden das Erreichen und der Erhalt einer Remission als Ziel formuliert. »Inhalative Corticosteroide, kurz ICS, spielen die ganz entscheidende Rolle zur antiinflammatorischen Behandlung.« Damit sei die frühere Einteilung der Medikation in Controller und Reliever überholt. Ganz neu laut Bendas: »Die Fixkombination von ICS wie Beclomethason oder Budesonid mit lang wirksamen Beta-Mimetika wie Formoterol wird bereits ab Stufe 1 eingesetzt.« Monoklonale Antikörper hätten klaren Vorrang vor oralen Steroiden (OCS); alle werden als Add-on-Therapie bei schwerem, ansonsten nicht kontrollierbaren Asthma eingesetzt.
Die monoklonalen Antikörper werden entsprechend den dominierenden Signalkaskaden und Pathomechanismen ausgewählt, so etwa das alt bekannte Omalizumab bei allergischem Asthma mit hohen IgE-Spiegeln. Neu in der Leitlinie sei eine Hyposensibilisierung bei allergischem Asthma, berichtete Bendas. Der Antikörper Dupilumab, der die Interleukine IL-4 und -13 hemmt, wird bei Patienten mit sogenanntem Typ-2-Asthma mit hoher Eosinophilen-Aktivität gespritzt. Studien hätten gezeigt, dass die alleinige Hemmung von IL-13 nicht ausreicht. So wirkten die IL-13-Blocker Tralokinumab und Lebrikizumab, die bei atopischer Dermatitis zugelassen sind oder in dieser Indikation vor der Zulassung stehen, nicht oder nicht gut bei Asthma, berichtete Bendas. Da IL-5 eine zentrale Rolle bei eosinophilem Asthma einnimmt, werden hier IL-5-Antikörper wie Mepolizumab und Reslizumab sowie der IL-5-Rezeptorantagonist Benralizumab eingesetzt. Für alle IL-5-Inhibitoren gilt: keine Anwendung in der Schwangerschaft und nur nach besonderer Abwägung in der Stillzeit.
Begeistert zeigte sich der Referent vom neuen Target TSLP, dem Zytokin Thymus-Stroma-Lymphopoetin. Dieses stehe sehr hoch in der Hierarchie der Entzündungsmarker und beeinflusse viele Signalwege. »TSLP korreliert mit der Schwere des Asthmas, unabhängig vom Trigger. Der Antikörper Tezepelumab hemmt eindrucksvoll die Auslösung und Persistenz des schweren Asthmas verschiedener Art.«
Könnten die neuen Antikörper auch Patienten mit chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankung (COPD) das Leben erleichtern? Bislang dominieren Raucherentwöhnung und Bronchodilatatoren die Therapie. »Hier sind die Ziele die Linderung der Symptome, die Reduktion von Exazerbationen und die Verbesserung des Gesamtzustands der Patienten«, erklärte Bendas. »Eine Reversibilität der eingeschränkten Lungenfunktion ist nicht realistisch.«
Die Therapie der COPD setzt – neben dem Rauchverzicht – vor allem auf die inhalative Bronchodilatation. / Foto: Adobe Stock/curto
Eine COPD sei stark neutrophil getriggert, aber 20 bis 40 Prozent der Patienten haben eine erhöhte Eosinophilenzahl. Der IL-5-Antikörper Mepolizumab konnte die Rate an Exazerbationen senken, aber die pulmonale Aktivität nicht verbessern. Benralizumab erreichte keine Reduktion der Exazerbationen. Dagegen weckte die Phase-III-Studie BOREAS kürzlich Hoffnung (DOI: 10.1056/NEJMoa2303951): Mehr als 900 Patienten mit unkontrollierter COPD erhielten zusätzlich zu einer Standard-Tripletherapie noch Dupilumab 300 mg oder Placebo alle 14 Tage subkutan. Die Zugabe des Antikörpers verbesserte Lungenfunktion und Lebensqualität und reduzierte Atemwegsbeschwerden und Exazerbationen.
Auch Diabetesmedikamente könnten COPD-Patienten helfen. »Etwa 15 bis 25 Prozent der COPD-Patienten haben Diabetes. Diese Erkrankungen sind pathophysiologisch assoziiert, denn bei beiden liegt eine neutrophil getriggerte Inflammation vor.« Kürzlich konnte eine Studie zeigen, dass GLP-1-Analoga das Risiko schwerer und mittlerer Exazerbationen um 30 bis 37 Prozent im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen senken. SGLT-2-Inhibitoren reduzierten schwere Exazerbationen um 38 Prozent, während DPP4-Inhibitoren einen mäßigen Effekt hatten (DOI: 10.1136/bmj-2022-071380).