Regierung diskutiert noch über Apothekenreform |
Lukas Brockfeld |
20.06.2024 16:38 Uhr |
Heinrich Meyer, Edgar Franke, Anne-Kathrin Klemm, Olaf Heinrich, Thomas Heil und Tobias Krick (v.l.n.r.) sprachen über die Vergangenheit und die Zukunft des Arzneimittelversandhandels. / Foto: PZ/Lukas Brockfeld
Der BVDVA-Kongress begann am Donnerstagmorgen mit einer Diskussion zum Thema »20 Jahre Arzneimittelversandhandel in Deutschland – Bestandsaufnahme und vor allem: was kommt?«. Dazu waren Heinrich Meyer (Vorsitzender BVDVA/ Inhaber Sanicare), Edgar Franke (Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium), Anne-Kathrin Klemm (Vorständin im BKK-Dachverband) Olaf Heinrich (CEO Redcare) und Thomas Heil (Vice President Consumer Health IQVIA) eingeladen. Die Moderation übernahm Tobias Krick (Gründer und Co-CEO Unboxing Healthcare).
Staatssekretär Edgar Franke erklärte, dass es in Zukunft ein Nebeneinander von Versandhändlern und Vor-Ort-Apotheken brauche. »Die Gegensätze, die ich in meiner politischen Praxis als sehr emotional erlebt habe, gehen teilweise an der Versorgungsrealität vorbei.« Gerade in strukturschwachen Regionen könne der Versandhandel einen wichtigen Beitrag zur Versorgung leisten. Gleichzeitig müsse man aber gerade die kleinen Apotheken im ländlichen Raum stärken.
Die vom Gesundheitsministerium geplante Apothekenreform würde hier für eine praxisgerechtere Honorarverteilung sorgen, glaubt der Staatssekretär. Auch die hochumstrittene PTA-Vertretung findet seine Unterstützung. »In strukturschwachen Regionen, wo es heute fast keine Versorgung mehr gibt, ist es glaube ich besser, wenn wir eine Zweigapotheke haben, in der die Anforderungen nicht so hoch sind. Aber man hätte die Möglichkeit, über Telepharmazie mit einem Apotheker in einen Dialog zu treten.« Er glaubt, dass das eine vernünftige Lösung sei.
Am Ende der Diskussionsveranstaltung wurde der Staatssekretär auf die scharfe Kritik angesprochen, mit der die Apothekerschaft auf den Referentenentwurf zum Apothekenreformgesetz reagierte. Franke meinte, dass es auch viele Apotheker gebe, die Lauterbachs Pläne positiv sähen. »Der Diskussionsprozess ist aber noch nicht abgeschlossen und ein Stück weit ergebnissoffen. Wir haben dazu in der Ampel-Koalition viele meinungsstarke Personen. Aber die Bedenken und Hinweise nehmen wir gerne mit.«
Angesichts des Apothekenreformgesetzes und des ebenfalls geplanten Gesundes-Herz-Gesetzes geht Anne-Kathrin Klemm davon aus, dass die Apotheken in Zukunft eine andere Rolle spielen werden als heute. Sie würden bald verstärkt Leistungen wie Beratungen, Impfungen und Check-Ups anbieten. »Aufgrund des fehlenden Fachpersonals werden wir gar nicht umhinkommen, neue Versorgungsketten zu entwickeln, in denen die Apotheker natürlich eine wichtige Rolle spielen werden. Auch Telepharmazie und telemedizinische Beratungen werden eine große Rolle spielen.«
Edgar Franke möchte die Kompetenzen der Apotheken ebenfalls erweitern und niedrigschwellige Angebote für die Patienten schaffen. Das sei auch deshalb nötig, weil die Hausärzte sich immer stärker aus der Versorgung in der Fläche zurückzögen. »Aber das muss auch entsprechend honoriert werden. Gerade wenn wir die Apothekenstrukturen modernisieren, müssen wir das mitdenken«, mahnte der Staatssekretär. Im Gesundheitsministerium würden aktuell entsprechende Diskussionen geführt.
Auch Redcare CEO Heinrich wünscht sich mehr Kompetenzen für die Apotheke, dabei sollte aus seiner Sicht aber der Versandhandel mit einbezogen werden. »Ich will, dass wir eine gute Kombination der verschiedenen Wege haben.« Die Versorgung von Morgen fände in der Fläche durch die Vor-Ort-Apotheke statt, aber hätte den Versandhandel als sinnvolle Ergänzung.
Thomas Heil von IQVIA beschrieb die starken Veränderungen, die die deutsche Apothekenlandschaft in den vergangenen 20 Jahren erlebte. Der Versandhandel habe dabei eine wesentliche Rolle gespielt; er sei nach seiner Einschätzung allerdings nicht für das Apothekensterben verantwortlich. »Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Es gibt viele Faktoren. Viele Vor-Ort-Apotheker finden gar keinen Nachfolger mehr.«