Regelmäßiger Apotheker-Besuch verbessert geistige Fitness |
Daniela Hüttemann |
02.06.2022 07:00 Uhr |
In Australien soll gesetzlich verankert werden, dass ab 2023 regelmäßig Apotheker Seniorenheime besuchen, um dort Medikationsanalysen durchzuführen. / Foto: Getty Images/Abel Mitjà Varela
Forschende um die Pharmazieprofessorin Dr. Libby Roughead von der University of South Australia haben untersucht, ob eine pharmazeutische Intervention in Pflegeheimen den Bewohnern Vorteile bringt – und können diese Frage nun klar zumindest für bestimmte Aspekte mit einem Ja beantworten.
»Menschen, die in Altenpflegeheimen leben, sind auf die Unterstützung und Pflege angewiesen, die sie erhalten. Bisher wurden die Bewohner nur alle zwei Jahre oder bei Bedarf auch früher auf ihre Medikation überprüft«, erklärt Roughead die reguläre Heimversorgung in Australien. Für die Studie kamen nun aber Apothekerinnen und Apotheker ein Jahr lang alle acht Wochen in 39 Heime, um mit einem Teil der Bewohner, die mindestens vier Medikamente oder mindestens ein anticholinerg oder sedativ wirksames Arzneimittel bekamen, über ihre Medikation und ihren Gesundheitszustand zu sprechen. Sie fragten dabei auch nach Neuerkrankungen, Symptomen und möglichen Nebenwirkungen, führten jedes Mal Medikationsanalysen durch und bewerteten die kognitive und körperliche Gesundheit der Bewohner, wie Gewicht, Greifstärke und Lebensqualität.
Von den 248 teilnehmenden Senioren (Durchschnittsalter 87 Jahre) erhielten 120 die pharmazeutische Intervention, während 128 Senioren mit vergleichbarer Medikation wie üblich betreut wurden. Insgesamt fanden im Interventionsarm 575 Treffen mit Apothekern statt.
Bei jedem Besuch stellten die Apotheker fest, dass 60 Prozent der Bewohner Probleme mit ihren Arzneimitteln hatten. Sie sprachen 309 Empfehlungen aus, um die Medikamente der Bewohner zu ändern oder sie im Hinblick auf eine Änderung zu überwachen. Des weiteren schlugen sie vor, bei fast zwei Dritteln der Bewohner die Medikamentenlast zu reduzieren.
Neben diesen Verbesserungen bei der Medikation zeigte die Studie auch, dass sich die kognitiven Werte der Teilnehmenden signifikant verbesserten. Bei der Gebrechlichkeit (Frailty) der Heimbewohner, dem Bewegungsverhalten, der Greifstärke, der Lebensqualität und erstaunlicherweise auch bei der Nebenwirkungsrate ließ sich dagegen keine statistisch signifikante Verbesserung feststellen, auch wenn sich leichte Vorteile zeigten. Trotzdem kommt Studienleiterin Roughead zu dem Schluss: »Unsere Forschung unterstreicht den Bedarf an individueller und kontinuierlicher Unterstützung durch Apotheker, und das häufiger als bisher.«
Die Studienergebnisse wurden im April im Fachjournal »Age and Ageing« veröffentlicht. In einer begleitenden Pressemitteilung der University of South Australia heißt es, die australische Regierung habe kürzlich angekündigt, ab Januar 2023 Mittel für Apotheker bereitzustellen, um das Medikamentenmanagement vor Ort in staatlich finanzierten Altenpflegeeinrichtungen zu verbessern.
Die Versorgungsforscherin Roughead begrüßt diese Pläne: »Es ist wichtig zu erkennen, dass die neuen Apotheker vor Ort nicht nur die Medikation überwachen und überprüfen müssen, sondern auch in der Lage sein müssen, den frühzeitigen Beginn einer medikamentenbedingten Verschlechterung zu erkennen, wie zum Beispiel Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten oder der Aktivität einer Person, um Schäden wie verletzungsbedingte Stürze oder Delirium zu verhindern.«
Eine umfassendere pharmazeutische Unterstützung werde nicht nur die vielen medikamentenbedingten Gesundheitsprobleme vermeiden, mit denen die Bewohner von Altenpflegeeinrichtungen derzeit konfrontiert sind, sondern könne auch dazu beitragen, Gebrechlichkeit und nachlassende kognitive Fähigkeiten zu verhindern.