»Reformpläne gefährden Qualität der Versorgung« |
PZ |
13.06.2024 11:52 Uhr |
Tatjana Zambo, Präsidentin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV), kritisiert die Pläne zur Apothekenreform scharf. / Foto: LAV Baden-Württemberg
Die Vorschläge, Apotheken ohne die ständige Anwesenheit eines Apothekers zu betreiben sowie die zusätzliche Etablierung von 100 Zweigapotheken, seien nicht nur unzureichend durchdacht, sondern gefährdeten auch die Qualität und Sicherheit der Arzneimittelversorgung in Deutschland, kritisierte der LAV heute in einer Pressemitteilung. »Ein solches Pseudo-Apotheken-Konzept als Zukunftsvision für die Arzneimittelversorgung in Deutschland verkaufen zu wollen, grenzt schon fast an Unverschämtheit – mindestens aber an vollständiger Unkenntnis der Versorgungsrealität«, kommentierte LAV-Präsidentin Tatjana Zambo die Pläne.
Kritisch sieht der LAV vor allem, dass BundesgesundheitsministerKarl Lauterbach (SPD) trotz massiver Bedenken an der Idee festhält, Apotheken künftig ohne die ständige Anwesenheit eines Apothekers zu betreiben, solange ein approbierter Apotheker per Video zugeschaltet werden kann. Dieses Modell reduziere nicht nur die direkte, qualifizierte Beratung durch Pharmazeutinnen und Pharmazeuten. »Die geplante Regelung, dass die Apothekenleitung lediglich mindestens acht Stunden physisch anwesend sein muss und den Rest per Video erledigen soll, ist nicht einmal ein fauler Kompromiss. Eine solche Idee untergräbt die etablierten und hohen Standards der Arzneimittelversorgung und degradiert freie Heilberufler zu Schubladenziehern«, erklärte Zambo.
Die geplante Gründung von 100 Zweigapotheken mit kurzen Öffnungszeiten in unterversorgten Regionen ist aus Sicht des LAV keine Lösung für die Herausforderungen der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. »Der Vorschlag, Zweigapotheken auszubauen, von denen es derzeit nicht einmal ein Dutzend in Deutschland gibt, ist eigentlich eine Bankrott-Erklärung des Ministers«, meinte Zambo. Zweigapotheken seien ein Element der Notversorgung in unterversorgten Gebieten. Solche Apotheken könnten die bestehenden Versorgungsprobleme nicht nachhaltig lösen, sondern eher verschleiern.
Die Anpassungen und Umverteilungen beim Honorar sind laut LAV unzureichend. Die geplante Anpassung des Fixums in zwei Schritten auf 8,66 Euro im Jahr 2025 und 9 Euro im Jahr 2026, während die prozentuale Vergütung von derzeit 3 Prozent auf 2 Prozent reduziert wird, stelle keine Verbesserung dar. »Was wir brauchen, ist eine wirkliche Anpassung an höhere Betriebskosten, steigende Personalkosten, Einschränkungen im Einkauf und Inflation und andere Kostentreiber«, forderte Zambo.
Skeptisch sieht der LAV auch Pläne, wonach Apotheker künftig auch gegen Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung und FSME impfen dürfen sollen. Der Verkauf von Schnelltests auf verschiedene Viren in Apotheken soll ebenfalls erlaubt sein. „Ja, wir Apothekerinnen und Apotheker können mehr als wir dürfen. Aber solche zusätzlichen Aufgaben können eine Überlastung der Apothekenmitarbeiter bedeuten, wenn hierfür nicht angemessene personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden«, sagte LAV-Präsidentin Zambo.
Insgesamt zeige der Gesetzesentwurf, dass die massiven Bedenken und konstruktiven Vorschläge der Apothekerverbände weitgehend ignoriert worden seien. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg fordert daher eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs und einen echten Dialog mit den Apothekern, um gemeinsam nachhaltige und praxisgerechte Lösungen zu entwickeln. Die Gesundheit der Bevölkerung und die Qualität der Arzneimittelversorgung dürften nicht durch unausgereifte und kurzsichtige Reformen aufs Spiel gesetzt werden.