Raus aus der Komfortzone, rein in die Diskussion |
Laura Rudolph |
22.11.2024 15:08 Uhr |
»Alle Kolleginnen und Kollegen sind dazu aufgerufen, Gespräche mit den Parteien und ihren Kandidaten zu führen«, betonte Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, mit Blick auf die bevorstehenden Neuwahlen. / © Andre Zelck
»Die Ampelkoalition ist seit dem 6. November Geschichte. Das Apothekenreformgesetz von Karl Lauterbach wird dadurch obsolet«, sagte Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes (AKdS), bei der Delegiertenversammlung am 20. November in Saarbrücken. Mit Blick auf die Neuwahlen im Februar könne man nur hoffen, dass es einen Wechsel an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums gebe und die Apotheker bei der Politik endlich Gehör finden.
»Wir brauchen eine nennenswerte Honorarerhöhung – sofort – und eine darüber hinausgehende nachhaltige und angemessene Bezahlung unserer vielfältigen Dienstleistungen für die Patienten in Deutschland«, stellte Saar klar. Wie stark die Apotheken von der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland abgehängt sind, verdeutlichte auch AKdS-Geschäftsführer Carsten Wohlfeil: Während die GKV-Ausgaben insgesamt und für Krankenhäuser, Ärzte und Arzneimittel in den vergangenen 20 Jahren um jeweils zwischen 104 und 111 Prozent gestiegen seien, seien die Ausgaben für das Apothekenentgelt im gleichen Zeitraum um lediglich 45 Prozent gestiegen.
»Was die noch offene Skontofreigabe anbelangt, werden wir versuchen, diese mit der Rumpfregierung im Rahmen eines Omnibusgesetzes umzusetzen«, sagte Saar. Apropos Skonti: Hieran sehe man deutlich, was die Regierung beziehungsweise der Bundesgesundheitsminister von der Apothekerschaft halte, nämlich nichts. Die Freigabe hätte weder den Bundeshaushalt noch die GKV finanziell belastet, betonte der AKdS-Präsident. »Ist was passiert? Nein! Das ist für mich Beweis genug, dass insbesondere ›unser‹ Gesundheitsminister nur eines will: Uns wirtschaftlich so zu schwächen, dass der Fremd- und Mehrbesitz unausweichlich wird.«
Auf bessere Bedingungen werden Apotheker vermutlich bis 2026 warten müssen, schätzte Saar. Essenziell sei, dass es die Anliegen des Berufsstandes in die Parteiprogramme schaffen. »Wir müssen das Gespräch mit den Parteien und ihren Kandidaten unbedingt weiterführen, wenn wir in der neuen Regierung Gehör finden wollen«, machte der Präsident deutlich.
Bereits in der Vergangenheit waren Mitglieder der AKdS aktiv und informierten Politiker aus den Kommunen sowie des Landes- und Bundestags über bestehende Missstände. Wohlfeil ermutigte alle Kolleginnen und Kollegen, Politiker in ihre Apotheke einzuladen.
In seinem Bericht ging der Präsident auch auf den diesjährigen Deutschen Apothekertag (DAT) ein. Die saarländischen Apotheker hatten einen Antrag zum Abbau von Bürokratie gestellt. Über diesen wurde jedoch nicht abgestimmt, weil ein Antrag aus Hessen angenommen wurde, zum nächsten Tagesordnungspunkt überzugehen. »Ich habe dies mit Enttäuschung und Verwunderung zur Kenntnis genommen. Wer Regulierungen abschaffen will, muss natürlich auch bereit sein, im Gegenzug mehr Verantwortung zu übernehmen«, bedauerte Saar. Wenn Apotheker lieber in ihrer Komfortzone blieben, anstatt sich für eine verantwortungsvolle Freiberuflichkeit einzusetzen, dürfe man sich nicht wundern, wenn Politiker dann auf die Idee kämen, Apotheker durch PTA zu ersetzen.
Saar ist dennoch überzeugt, dass die meisten Kollegen ihrer Verantwortung gegenüber den Patienten gerecht werden und das Bild des Apothekers weiterhin als gleichwertigen Partner unter den Gesundheitsberufen prägen. »Solange das so bleibt, sind wir nicht ersetzbar, sondern notwendiger Bestandteil einer immer noch funktionierenden Gesundheitsversorgung auf hohem Niveau.«
Als Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) beim DAT behauptete, dass das System Apotheke überholt sei und nicht mehr funktioniere, habe er sich damit »absolute Unkenntnis« attestiert, betonte Saar. Nicht zuletzt die Pandemie habe gezeigt, dass das Apothekensystem sehr wohl funktioniere. »Noch. Heute. Hier. Ob das morgen noch der Fall sein wird, muss bei einer ausbleibenden Honorarerhöhung tatsächlich bezweifelt werden.« Da bleibt nur eines zu hoffen: »Hoffentlich ist dieser Minister in der neuen Regierung Geschichte.«