Rat der EU beschließt neue Abwasserrichtlinie |
Künftig sollen Kläranlagen auch Mikroschadstoffe aus dem Wasser filtern. Pharmahersteller sollen sich an den Kosten einer vierten Reinigungsstufe beteiligen. / © Adobe Stock/darknightsky
Die EU-Kommission hatte die kommunale EU-Abwasserrichtlinie überarbeitet, der der Rat der Europäischen Union heute zugestimmt hat. Die Richtlinie sieht vor, dass Pharma- und Kosmetikhersteller mindestens 80 Prozent der Kosten für eine Erweiterung der kommunalen Kläranlagen um eine 4. Reinigungsstufe tragen sollen. Damit sollen künftig in größeren Kläranlagen auch Mikroschadstoffe aus dem Abwasser gefiltert werden.
Darüber hinaus soll Abwasser den neuen Regeln zufolge künftig auch streng hinsichtlich etwa antibiotikaresistenter Erreger, Viren oder Mikroplastik überwacht werden. Die EU-Länder werden außerdem verpflichtet, die Wiederverwendung von behandeltem Abwasser aus allen kommunalen Kläranlagen zu fördern, wo dies angebracht ist – insbesondere in Gebieten mit Wasserknappheit.
Der Branchenverband Pro Generika warnte bereits im Oktober vor »fatalen Folgen für die Versorgungssicherheit«. Die neue Richtlinie könne das aktuelle Problem der Medikamenten-Knappheit massiv verschärfen.
Heute kritisierten die Pharmaverbände Pro Generika, Pharma Deutschland, der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) die neue Richtlinie in einer gemeinsamen Mitteilung. Die Novelle, die binnen rund zwei Jahren national umgesetzt werden müsse, bedeute eine »unfaire Kostenverteilung«. Infolge der Richtlinie befürchten die Verbände »Gefahren für den Standort Deutschland« und warnen vor »womöglich gravierenden Arzneimittel-Engpässen«. Denn der Bau und Betrieb der vierten Reinigungsstufe werde die Pharma- und Kosmetikindustrie in den nächsten 20 Jahren mit hohen Kosten in Milliardenhöhe belasten.
Es sei nicht nachvollziehbar, warum nur zwei Branchen belangt würden, obwohl die zu entfernenden Verunreinigungen auch aus anderen Bereichen – etwa aus Pflanzenschutz- oder Reinigungsmitteln oder aus dem Verkehr – stammten. Zudem stehe die massive Belastung im Widerspruch zur politisch gewollten Stärkung des Pharmastandortes, heißt es.
Von den Folgen seien die Generika-Hersteller besonders stark betroffen. Da innerhalb des Erstattungssystems in Deutschland die Arzneimittelpreise nicht erhöht werden können, drohe die Produktion der betreffenden Arzneimittel für die Unternehmen unwirtschaftlich zu werden – was wiederum zu Marktrücknahmen führen werde. »Die Folgen könnten immens sein«, warnen die Verbände. Es drohten Engpässe unter anderem bei Krebsmitteln, Diabetes-Medikamenten oder Antibiotika.
Die Verbände fordern die Bundesregierung in der Mitteilung daher auf, bei der Umsetzung der Richtlinie »auf nationale Schadensbegrenzung« zu achten »und die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit eng im Blick« zu behalten.
Die Zustimmung der EU-Länder war der letzte notwendige Schritt im Gesetzgebungsverfahren. Die neue Richtlinie wird nun noch im EU-Amtsblatt veröffentlicht und tritt dann in Kraft.