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Netzwerkpharmakologie
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Rasant umdenken für neue Arzneitherapien 

»Die Zukunft der Medizin geht weg von der organbasierten Medizin hin zur Systemmedizin, zu Netzwerken und zur Netzwerkpharmakologie.« Davon ist Professor Dr. Harald H. H. W. Schmidt von der Universität Maastricht überzeugt.
AutorKontaktBrigitte M. Gensthaler
Datum 16.07.2025  11:30 Uhr

Die Medizin habe zwar enorme Erfolge erzielt, aber die rasante Mortalitätssenkung  im letzten Jahrhundert gehe nahezu komplett auf das Konto behandelbarer Infektionen, sagte der Arzt und Apotheker kürzlich bei einem Online-Vortrag, den die Stiftung Arzneimittelsicherheit gemeinsam mit dem Frankfurter House of Pharma veranstaltete. Schmidt forscht zur Systemmedizin und koordiniert das Plattform-Projekt der Europäischen Union »Precision Drug Repurposing for Europe and the World« (REPO4EU).

15 Krankheiten verursachen etwa 80 Prozent aller Krankheitskosten, nannte Schmidt exemplarisch Diabetes, koronare Herzkrankheit, Hypertonie, Rückenschmerzen, Adipositas, Krebs, Asthma und Arthritis. Die nicht übertragbaren Erkrankungen seien kaum verstanden und kaum ursächlich behandelbar. »Dennoch werden nur 1 Prozent der Kosten im Gesundheitssystem für Prävention ausgegeben – und darin ist die Früherkennung schon eingeschlossen.« Geld sei nicht die Lösung, um die Lebenserwartung zu steigern – man müsse vielmehr »rasant umdenken«.

Die meisten Medikamente seien nicht präzise genug, um Patienten wirklich zu nützen. »Die Folge der mangelnden Präzision ist eine Kostenexplosion in der Arzneimittelentwicklung bei nahezu gleichbleibendem Output. Hier werden wir ständig schlechter.«

Bislang nur Symptome behandelbar, meist keine Heilung

Die Gründe für das Scheitern sieht der Arzt, der selbst zur Systemmedizin forscht, im mangelhaften Krankheitsverständnis. Krankheiten würden nach Symptomen oder Organen aufgeteilt oder nach dem Entdecker benannt, ohne molekulares Verständnis der Ursache. »Daher kann man nur Symptome behandeln, aber nichts heilen.« Außerdem gelange »so gut wie keine Grundlagenforschung in die Anwendung« und mehr als die Hälfte der publizierten biomedizinischen Forschung sei nicht reproduzierbar.

Allein die Digitalisierung werde nichts grundlegend verbessern. »Wenn man ein überholtes Krankheitsverständnis digitalisiert, kommt man nicht weiter.« Schmidt forderte ein Umdenken, denn viele Krankheiten, die aktuell nach Organen getrennt betrachtet werden, gehörten genetisch zusammen. Man könne Krankheiten nach gemeinsamen Risikogenen, nach Komorbiditäten, gemeinsamen Symptomen oder Nachbarproteinen vernetzen und so Krankheitscluster erkennen.

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