Quälendes Tabuthema |
Erkrankungen im Intimbereich sind für viele Frauen ein absolutes Tabuthema. Deshalb schieben sie klärende Arztgespräche häufig auf. Doch Schmerzen an der Vulva erfordern eine passgenaue und meist kontinuierliche Therapie. / Foto: Getty Images/Teerasak1988
Als Vulva bezeichnet man die äußeren Geschlechtsorgane im Intimbereich der Frau. Sie umfassen den Venushügel (Mons pubis), die großen und kleinen Schamlippen (Labia majora und minora), den Kitzler (Klitoris) sowie den Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae). Der Scheidenvorhof liegt zwischen den kleinen Schamlippen und bildet den Bereich, in dem der Scheideneingang und die Harnröhrenöffnung liegen. Die Vulva ist größtenteils mit Haut bedeckt, Schleimhaut findet sich nur im Scheidenvorhof (Grafik).
Die Vulva ist also nicht zu verwechseln mit der Vagina (Scheide), die – ebenso wie die Gebärmutter (Uterus) und die Eierstöcke (Ovarien) – zu den inneren Geschlechtsorganen der Frau gehört und vollständig mit Schleimhaut ausgekleidet ist.
Abbildung: Anatomie der Vulva / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Im Folgenden soll es primär um schmerzhafte Erkrankungen der Vulva (nicht der Vagina) gehen. Schmerzen an der Vulva sind ein eher seltenes Symptom, verglichen mit dem Juckreiz, einem weit verbreiteten Anzeichen beispielsweise bei Pilzinfektionen oder Scheidentrockenheit. Steht also der Schmerz – nicht der Juckreiz – im Vordergrund, können folgende Erkrankungen zugrunde liegen: Lichen planus, primärer Herpes genitalis, Acne inversa, Vulvodynie (Burning Vulva) oder Vulvitis mit A-Streptokokken.
Schmerzhafte Erkrankungen am äußeren Intimbereich können sehr hartnäckig sein und werden oft fehldiagnostiziert. / Foto: Getty Images/SimpleImages
Aktuell wurden zudem Einzelfälle von Jugendlichen ohne Geschlechtsverkehr beschrieben, bei denen nach einer Coronainfektion oder -impfung sehr schmerzhafte, genitale Ulzerationen auftraten (1). Berichten Frauen von blitzartigen Schmerzen im Bereich zwischen Genitale und After, kann eine seltene Nervenerkrankung, die Pudendusneuralgie, vorliegen (2).
Insgesamt stellen Vulva-Schmerzen ein Tabuthema dar, das vom Apothekenpersonal nur sehr behutsam beraten werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vulva für viele Frauen ein unbekanntes Terrain ist, sie also ihre Schmerzen nicht anhand der passenden Begrifflichkeiten lokalisieren oder erklären können. Für eine genauere Abklärung der Ursache sollte man den Frauen zu einem Arztbesuch raten.
Drei Lichen-Erkrankungen können an der Vulva auftreten: Lichen sclerosus (auch Weißfleckenkrankheit genannt), Lichen planus (auch Knötchenflechte genannt) und Lichen simplex chronicus.
Die Unterscheidung anhand des klinischen Bildes im Intimbereich ist nicht einfach, da es sich um chronische Hauterkrankungen handelt, die jedoch aufgrund ihrer Lokalisation im Anogenitalbereich meist in gynäkologischen Praxen beurteilt werden. Laut Professor Dr. Werner Mendling aus Wuppertal befinden sich diese Erkrankungen daher quasi im medizinischen »Niemandsland« und werden teilweise als Candida-Infektionen fehldiagnostiziert (3). Folglich hätten die Frauen bis zur richtigen Diagnose häufig einen langen Leidensweg hinter sich, so der Gynäkologe (4).
Lautet die Diagnose »Lichen«, ist es wichtig zu wissen, welche Lichen-Erkrankung vorliegt. Denn bei L. planus schreiten die Veränderungen nicht nur deutlich schneller voran, es besteht auch ein höheres Risiko für ein Vulva-Karzinom als bei L. sclerosus. L. simplex chronicus ist dagegen nicht mit einer Malignität assoziiert (5).
Alle drei Lichen-Erkrankungen sind für die Betroffenen sehr belastend und mindern die Lebensqualität deutlich. So weisen 40 Prozent der Patientinnen mit einem neu diagnostizierten Lichen sclerosus Anzeichen einer Depression auf (6). Zudem zeigte eine Umfrage, dass jede fünfte Frau, die unter einer Vulva-Erkrankung leidet, an Selbstmord oder Selbstverletzung denkt (7). Informationen, auch zur Pflege der Seele, können Betroffene beim Selbsthilfeverein »Lichen Sclerosus Deutschland« erhalten (www.lichensclerosus.de).
Je nach Lichen-Erkrankung unterscheiden sich die Symptome und deren Stärke (Tabelle 1).
Parameter | Lichen planus | Lichen sclerosus | Lichen simplex chronicus |
---|---|---|---|
Art der Erkrankung | nicht infektiöse, entzündliche HauterkrankungAutoimmunerkrankung | nicht infektiöse, entzündliche HauterkrankungAutoimmunerkrankung | Hauterkrankung (Ekzem) durch Juckreiz aufgrund von Triggerfaktoren |
Betroffene | prä-, peri- und postmenopausale Frauen, selten Männer oder Kinder | vor allem ältere Frauen (50. bis 60. Lebensjahr), selten Männer oder Kinder | insbesondere Frauen (30. bis 50. Lebensjahr), halb so häufig bei Männern, selten Kinder |
Symptome | SchmerzenWundgefühl, Blutungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), Engegefühl am Scheideneingang | JuckreizRissneigung, Schmerzen, Dyspareunie, Blutungen, Engegefühl | massiver Juckreiz,imperativer Kratzzwang |
Befall der Schleimhaut | ja | nein | nein |
mögliche Lokalisation | Vulva: Innenseite der Labia minoraVaginaextragenital: Mundhöhle, Speiseröhre, Nägel | gesamte Vulva und perianalPenisselten extragenital | Vulva: Labia majoraextragenital: oberer Brustkorb, Arme, Hals, Beine |
klinische Merkmale | Schrumpfungs- und Verklebungsprozesse | Schrumpfungs- und Verklebungsprozesse | keine wesentlichen Veränderungen der Vulva-Architektur |
L. sclerosus kann symptomlos verlaufen, meist verspüren die Frauen jedoch einen unangenehmen Juckreiz, der bei L. simplex chronicus unerträglich werden kann. Wie Dr. Barbara Eberz aus Mürzzuschlag in Österreich berichtet, kratzen sich manche dieser Patientinnen mit einer Bürste die Vulva blutig (8). Dieser Kratzzwang löst einen Teufelskreis mit Entzündungsreaktionen und immer stärkeren Juckreizattacken aus. Frauen mit L. planus haben ebenfalls Juckreiz, bei ihnen überwiegt jedoch der Schmerz – der Leidensdruck ist deutlich höher als bei L. sclerosus.
Mit fortschreitender Erkrankung können Frauen mit Lichen-Erkrankung kaum noch ohne Beschwerden sitzen, reiten oder Fahrrad fahren. Darüber hinaus leiden sie unter Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder können diesen gar nicht mehr ausführen – was häufig zu Problemen in der Partnerschaft führt.
Bei L. planus und sclerosus werden die Symptome dadurch ausgelöst, dass die kleinen Labien (selten auch die großen Labien), die Klitorisspitze und die Dammregion schrumpfen und verkleben. Dadurch kann sich der Scheideneingang verengen und die Klitoris verdecken (im Englischen spricht man von buried clitoris, begrabener Klitoris). In fortgeschrittenen Stadien können diese Schrumpfungen auch zu Missempfindungen beim Wasserlassen führen, sofern der Harnleiterausgang betroffen ist. Schmerzhafte Risse und Wunden entstehen durch Atrophie (Gewebeschwund) der betroffenen Haut.
Beide Formen sind nicht infektiöse entzündliche Hauterkrankungen, die schubförmig verlaufen (Tabelle). Ihre Ursache ist noch nicht endgültig geklärt, doch geht man heute davon aus, dass es sich um Autoimmunerkrankungen handelt (9, 10).
Lichen simplex chronicus entsteht dagegen aufgrund einer Hautreizung, ausgelöst durch Triggerfaktoren wie Reibung, Wärme, Schweiß oder Chemikalien. Auch hier ist die eigentliche Ursache unbekannt. Die Erkrankung tritt häufig zusammen mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Krankheitsbildern wie Diabetes oder Allergien auf (11).
Die in den europäischen Leitlinien empfohlene Therapie für Lichen sclerosus und planus der Haut im Vulvabereich ist ähnlich (12, 13).
Mittel der Wahl sind hoch potente topische Glucocorticoide, die meist über drei Monate angewendet und anschließend langsam wieder ausgeschlichen werden. Für L. planus stehen etwa Triamcinolonacetonid, Fluocinolonacetonid, Betamethasondipropionat oder Clobetasolpropionat zur Verfügung (13). Triamcinolonacetonid kann auch in die betroffenen Hautbereiche injiziert werden (5 bis 20 mg/ml alle zwei bis vier Wochen). Bleiben diese Interven-tionen erfolglos, können Corticosteroide systemisch eingesetzt werden (Prednison oral: 30 bis 80 mg/Tag für vier bis sechs Wochen oder Triamcinolon intramuskulär: 40 bis 80 mg alle sechs bis acht Wochen). Als Erhaltungstherapie sind systemisch gegebene Retinoide (Acitretin) oder eine orale Prednison-Therapie (40 mg) möglich (14).
Bei Lichen sclerosus wird initial eine Stoßtherapie mit Clobetasolpropionat-Salbe (0,05 Prozent) über drei Monate empfohlen. Die Salbe ist einmal täglich am Abend dünn aufzutragen. Alternativ ist das vergleichbar wirksame Mometasonfuroat (0,1 Prozent) einsetzbar. Anschließend erfolgt eine Erhaltungstherapie mit Mometason-Salbe ein- bis zweimal wöchentlich. Je nach Verlauf ist diese Therapie lebenslang anzuwenden. Salben sind gegenüber Cremes oder Gelen zu bevorzugen, da sie ein geringeres Risiko für Kontaktdermatitis und eine bessere Barrierefunktion aufweisen (12, 14).
Als Zweitlinientherapie kommen bei beiden Lichen-Formen topische Calcineurin-Inhibitoren wie Tacrolimus (0,1 Prozent) oder Pimecrolimus (1 Prozent) infrage (off Label).
Lichen planus und sclerosus werden ähnlich behandelt. Erste Wahl ist die topische Therapie mit Glucocorticoiden; die Basispflege mit einer Fettcreme oder -salbe ist unerlässlich. / Foto: Adobe Stock/Dan Race
Wichtig ist die Basispflege mit einer Fettcreme oder -salbe, die in der akuten Phase und im weiteren Verlauf mindestens zweimal täglich anzuwenden ist (12). Fettsalben tragen zur -Symptomlinderung bei, indem sie die natürliche Barrierefunktion der Haut verbessern und die Haut elastischer und belastbarer machen (12).
Brennt die Haut, zum Beispiel beim Wasserlassen oder beim Schwimmen in chlorhaltigem Wasser, kann man den Frauen empfehlen, die Salbe direkt vorher aufzutragen. Insgesamt ist zu einer schonenden Genitalhygiene – nur tupfen, nicht reiben – zu raten.
Es gibt mehrere Behandlungsmöglichkeiten, denn die Erkrankung erweist sich häufig als sehr therapieresistent (11). Bei psychischen Begleiterkrankungen ist eine unterstützende psychotherapeutische Behandlung angeraten.
Gegen den massiven Juckreiz helfen am besten topische Glucocorticoide wie Betamethason- oder Triamcinolonacetonid-haltige Cremes oder Salben (kurzfristig auch als Okklusionsverbände). Alternativ lassen sich Tacrolimus-haltige Externa (0,03 Prozent) einsetzen. Auch regelmäßige Sitzbäder mit gerbenden Zusatzstoffen können die Beschwerden lindern. Dermatologische Klimatherapien wie Nordseebäder sowie Licht- und Bestrahlungstherapien, zum Beispiel eine Phototherapie mit Schmalband-UVB, erzielen teils gute Erfolge (11).
Foto: Getty Images/valentinrussanov
Hinter Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Geschlechtsverkehr können zahlreiche Ursachen im Bereich der Vagina stecken.
Trichomonaden:
Die einzelligen Parasiten (Trichomonas vaginalis) werden sexuell übertragen, befallen die Schleimhäute der Harnröhre und der Scheide und verursachen Brennen sowie Schmerzen beim Wasserlassen. Den Frauen fällt zudem ein gelblicher Fluor auf. Eine Therapie mit Metronidazol ist meistens bereits nach einmaliger oraler Gabe erfolgreich (vor den Mahlzeiten auf nüchternen Magen: 1,5 bis 2 g Metronidazol, Ausheilungsrate: 90 Prozent) (21). Auch wenn Sexualpartner oder -partnerin keine Symptome spüren, sollten sie immer mitbehandelt werden, um eine Wiederansteckung zu vermeiden.
Da bei einer Infektion mit Trichomonaden die Vaginalflora deutlich mitleidet, ist es ratsam, ein gesundes Mikrobiom wiederherzustellen, damit keine weiteren Infektionen auftreten. Dafür kann das Apothekenteam den Frauen etwa lokal applizierbare Laktobazillen empfehlen.
Pilzinfektionen:
Infektion mit Hefepilzen der Gattung Candida (C.) sind häufig und können bei schweren Entzündungen der Scheide oder der Harnröhre auch zu Schmerzen beim Sex oder beim Wasserlassen führen. Zur Therapie sind topische Antimykotika wie Ciclopirox, Bifonazol oder Clotrimazol als Vaginalzubereitung verfügbar (22). Problematisch ist die hohe Rezidivrate: Etwa 10 Prozent der Frauen erkranken trotz erfolgreicher Therapie immer wieder (22). Bei einer rezidivierenden Candidose mit dem häufigsten Erreger C. albicans können Itraconazol-Präparate (orale Ein-Tages-Therapie) oder eine einmalige Dosis Fluconazol helfen.
Chlamydien:
Eine genitale Chlamydien-Infektion kann sich ebenfalls durch Brennen beim Wasserlassen oder durch Unterleibsschmerzen zeigen. Allerdings verläuft die Mehrheit der Infektionen symptomlos und wird daher nicht behandelt. In der Folge können Komplikationen wie eine Entzündung des Bauchfells (Peritonitis) oder der Leberkapsel (Perihepatitis) auftreten. Gefürchtet ist auch die Eileiterschwangerschaft oder das Verkleben des Eileiters, wodurch die Frauen unfruchtbar werden können. Bei Schwangeren erhöht eine genitale Infektion mit Chlamydien das Risiko für eine Frühgeburt. In der Mutterschaftsvorsorge wird daher auf Chlamydien getestet.
Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika wie Tetrazyklinen (Doxycyclin), Makroliden (Erythromycin, Clarithromycin oder Azithromycin) oder Chinolonen (Beispiel Levofloxacin). Für Schwangere wird eine Tablette Azithromycin empfohlen, da Doxycyclin unter anderem die Zahnentwicklung des ungeborenen Kindes stören kann (23).
Scheidentrockenheit:
Ein nicht infektiöser Grund für Schmerzen beim Geschlechtsverkehr ist die Scheidentrockenheit, die natürlicherweise im Klimakterium aufgrund abnehmender Estrogen-Spiegel auftritt. Dies geht mit einer geringeren Durchblutung und Elastizität des Gewebes der Scheide einher. Die Schleimhaut wird insgesamt dünner und trockener. Das Risiko für Scheidentrockenheit ist zudem bei Frauen erhöht, die an Diabetes mellitus erkrankt sind, einen niedrigen Body-Mass-Index (BMI) haben oder in einer schlechten physischen Verfassung sind (24). Lokal anwendbare feuchtigkeitsspendende Vaginalgele oder -cremes – mit und ohne Hormone – können die Schmerzen sowie den häufig ebenfalls auftretenden Juckreiz oder das Brennen lindern.
Genitalherpes gehört zu den häufigsten sexuell übertragenen Krankheiten. Bei geschätzt 10 bis 15 von 100 Menschen in Deutschland persistieren die Erreger im Körper, führen jedoch nur bei etwa 10 bis 30 Prozent zu einem Ausbruch (15). Darunter leiden Frauen häufiger als Männer.
Insbesondere die Erstmanifestation verläuft oft schwer. Es kommt zu einer großflächigen Entzündung mit starken brennenden Schmerzen. Der typische schmerzhafte Ausschlag mit virushaltigen, hoch ansteckenden Bläschen entsteht 3 bis 14 Tage nach der Erstinfektion auf den Schamlippen, am Damm, um den Anus herum oder auf den Oberschenkeln. Zudem können die Vagina und der Gebärmutterhals betroffen sein. Bei Männern finden sich die Bläschen auf Penis, Vorhaut und Hoden.
Der Bläschenbildung können allgemeine Symptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Lymphknotenschwellungen in der Leiste vorausgehen. Die Symptome heilen beim ersten Ausbruch erst nach etwa 20 Tagen ab; weitere Ausbrüche verlaufen weniger stark und vergehen innerhalb von zehn Tagen. Komplikationen wie bakterielle Wund- und Augeninfektion sowie Gehirnhaut-, Lungen- und Leberentzündung treten vor allem bei Personen mit Immunschwäche auf.
Eine genaue ärztliche Abklärung ist bei Schmerzen im Intimbereich immer zu empfehlen. / Foto: Getty Images/SDI Productions
Einem Genitalherpes liegen zwei Virustypen zugrunde: Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) oder HSV-2. Letzterer ist für die Mehrheit der Infektionen verantwortlich und führt zu häufigeren Ausbrüchen. So kommt es bei 70 bis 90 Prozent der mit HSV-2 Infizierten innerhalb eines Jahres nach dem ersten Ausbruch erneut zu Beschwerden, bei HSV-1 nur bei 20 bis 50 Prozent (15).
Die Therapie sollte möglichst früh beginnen – optimalerweise innerhalb von 72 Stunden nach der Bläschenbildung (16). Virustatika können die Schmerzen verringern und die Heilung beschleunigen (17) (Tabelle 2). Für die Erstinfektion bei Schwangeren gilt Aciclovir als Mittel der Wahl. Diese Medikation wird in teils geringerer Dosis und verkürzter Dauer auch bei einem Rezidiv angewandt (Tabelle 2). Analgetika können bei Bedarf eingesetzt werden.
Wirkstoff | Tagesdosierung (peroral) | Therapiedauer (Tage) |
---|---|---|
Erstmanifestation | ||
Aciclovirin der Schwangerschaft | 3 × 400 mg5 × 200 mg | 7–1010 |
Famciclovir | 3 × 250 mg | 7–10 |
Valaciclovir | 2 × 500 mg | 7–10 |
Rezidivtherapie | ||
Aciclovir | 2 × 800 mg oder 3 × 400 mg3 × 800 mg | 52 |
Famciclovir | 2 × 125 mg2 × 1000 mg | 51 |
Valaciclovir | 2 × 500 mg1 × 1000 mg | 35 |
Hilfreich sind in der akuten Phase auch Sitzbäder mit desinfizierenden oder gerbenden Zusatzstoffen (Povidon-Jod, Gerbstoffe). Heilsalben, zum Beispiel mit Dexpanthenol, können die Abheilung unterstützen (16).
Um die Übertragung einzudämmen, wird empfohlen, auch in nicht akuten Phasen Kondome beziehungsweise Femidome zu verwenden. Ein vollständiger Schutz wird dadurch jedoch nicht erreicht.
Acne inversa (oder Hidradenitis suppurativa, HS) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die in den Hautfalten lokalisiert ist. Betroffen sind neben den Achselhöhlen oder Leisten auch der Anogenitalbereich von Männern und insbesondere von Frauen.
Die entzündlichen Knoten, Abszesse, Fisteln und Narben sind nicht nur schmerzhaft, sondern verursachen auch einen hohen Leidensdruck und beeinträchtigen die Lebensqualität (18). Dazu kommt, dass die Erkrankung auch bei Ärzten wenig bekannt ist und die korrekte Diagnose häufig erst nach vielen Jahren gestellt wird.
Die Ursache der komplexen multifaktoriellen Systemerkrankung ist noch nicht vollständig verstanden, doch sind mittlerweile einige immunologische Prozesse bekannt. So kommt es aufgrund einer Fehlregulation des Immunsystems zu einer überschießenden Entzündungsreaktion, bei der T-Helferzellen (insbesondere Th17-Zellen) sowie Entzündungsmediatoren wie Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Interleukin-1 (IL-1) und IL-23 eine wichtige Rolle für die anhaltenden Entzündungsvorgänge spielen (18).
Zugleich bieten diese Erkenntnisse neue therapeutische Ansatzpunkte, um die Symptome der bislang nicht heilbaren Erkrankung zu lindern. Die medikamentöse Therapie umfasst orale Antibiotika wie Doxycyclin oder Minocyclin, Clindamycin (bei leichten Formen auch topisch) sowie Rifampicin, das meist mit anderen Antibiotika kombiniert wird (18). Sie werden zeitlich begrenzt (für drei bis vier Monate) eingesetzt, um eine Resistenzbildung zu vermeiden.
Ist die Antibiose nicht ausreichend wirksam oder entstehen rasch Rezidive, stehen Immunmodulatoren wie Adalimumab, Secukinumab (2023 für Acne inversa zugelassen) und möglicherweise noch in diesem Jahr Bimekizumab zur Verfügung. Für Patienten mit therapieresistenter schwerer Acne inversa stellen operative Eingriffe und physikalische Maßnahmen, zum Beispiel eine Kombination aus intensiv gepulstem Licht und Radiofrequenz (LAIght®-Therapie), weitere Optionen dar.
Einfache Maßnahmen zur Symptomlinderung betreffen die Triggerfaktoren Adipositas und Rauchen. Auch die wiederholte Enthaarung oder Deodoranzien gegen vermehrtes Schwitzen im Intimbereich lindern die Entzündung.
A-Streptokokken können nicht nur die Atemwege und die Haut befallen, sondern selten auch den Intimbereich. Die Infektion betrifft vor allem Mädchen zwischen zwei und sieben Jahren und wird antibiotisch behandelt. / Foto: Getty Images/ozgurcankaya
Die Vulvitis mit A-Streptokokken äußert sich als akute schmerzhafte, brennende Rötung und Schwellung der Vulva und betrifft vor allem präpubertäre Mädchen zwischen zwei und sieben Jahren (19). Die Erkrankung ist selten (geschätzt <0,1 Prozent), aber gefährlich, da es durch eine aufsteigende Infektion zu einer hoch fieberhaften Entzündung im kleinen Becken (Rektum, Harnblase, Eierstöcke, Scheide, Gebärmutter) bis hin zur potenziell tödlichen Sepsis kommen kann.
Behandelt wird die Erkrankung mit oralem Penicillin über fünf bis zehn Tage. Alternativ kommen Amoxicillin, Cephalosporin oder Clindamycin infrage (19).
Eine weitere Ursache für Schmerzen am äußeren Genitale ist die Vulvodynie, auch bekannt als burning Vulva oder vulväres Vestibulitis-Syndrom. Die Frauen leiden unter Schmerzen oder brennendem Gefühl an der gesamten Vulva, die spontan oder bei Berührung auftreten. Geschlechtsverkehr, das Benutzen von Tampons oder Radfahren sind schmerzhaft oder nicht mehr möglich. Da sich weder eine Infektion noch eine Hauterkrankung feststellen lässt, werden die Betroffenen häufig über Jahre mit Antibiotika oder Antimykotika fehlbehandelt (20).
Die Ursache ist noch unklar. Aktuell geht man von einer somatoformen Schmerzstörung (ohne zugrunde liegende organische Krankheit) aus. Man vermutet ein komplexes Zusammenspiel von Schmerzmechanismen und psychischen Komponenten. So berichten viele Frauen von Traumata wie sexuellem Missbrauch oder körperlicher Gewalt in der Kindheit. Zugleich finden Gynäkologen bei der Untersuchung oft eine stark erhöhte Muskelspannung im Beckenboden, was den Schmerz zumindest teilweise erklären könnte (20).
Die multimodale Therapie ist langwierig und erfordert viel Geduld. Sie umfasst die Entspannung der Beckenmuskulatur sowie des Vulva-Damm-Bereichs durch spezialisierte Physiotherapeuten sowie psycho- oder verhaltenstherapeutische Ansätze. Eventuell ist eine Schmerztherapie mit topischem Lidocain oder Capsaicin-Creme oder mit oralen Antidepressiva, zum Beispiel Amitriptylin, hilfreich (20).
Marion Hofmann-Aßmus absolvierte eine Ausbildung als veterinärmedizinisch-technische Assistentin (VMTA) und studierte anschließend Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Promoviert wurde sie 1999 mit einer Arbeit zur molekularen Kardiologie an der Chemischen Fakultät der LMU München. Seither ist sie freiberuflich in verschiedenen Redaktionen und als Fachjournalistin tätig.