Public Health trifft Pharmazie |
Laura Rudolph |
08.11.2023 07:00 Uhr |
Nach der WHO-Definition soll Public Health Krankheiten verhindern, Leben verlängern und Gesundheit fördern. / Foto: Getty Images/franckreporter
»Public Health« oder »Öffentliche Gesundheit« bezeichnet eine interdisziplinäre Wissenschaft und Praxis. Das Konzept stellt statt der Gesundheit von Einzelpersonen die Gesundheit der Bevölkerung beziehungsweise von Bevölkerungsgruppen in den Mittelpunkt und fragt nach Krankheits- und Gesundheitsursachen. Public Health zielt zudem darauf ab, Krankheiten vorzubeugen, Rahmenbedingungen für eine gesunde Lebensweise zu schaffen und Menschen weltweit einen gerechten Zugang zu Gesundheitsleistungen zu ermöglichen.
»Dabei sollte die Public-Health-Wissenschaft immer eng mit der Public-Health-Praxis verknüpft sein und umgekehrt«, betont Puteanus im Gespräch mit der PZ. Der Apotheker aus Münster ist Vorstandsmitglied des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP), der sich unter dem Motto »Pharmazie in sozialer Verantwortung« auch für Public Health einsetzt.
Apotheker spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit. Sie haben den öffentlichen Auftrag, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen – und dienen damit laut Bundesapothekerordnung der Gesundheit des Einzelnen sowie des ganzen Volkes.
»Alle Apothekerinnen und Apotheker – egal an welcher Stelle sie pharmazeutisch tätig werden – sind damit zum Dienst an der Gesundheit der Bevölkerung im Sinne von Public Health verpflichtet«, betont Puteanus. Dies gelte nicht nur für Offizinapotheker, sondern etwa auch für Apotheker bei Krankenkassen, in der Industrie oder in Kammern und Verbänden. »Der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten unterstützt die Apothekerschaft bei ihrem Bemühen, am Gemeinwohl ausgerichtete Konzepte voranzubringen, beispielsweise den Ausbau der pharmazeutischen Dienstleistungen«, so Puteanus.
Ganz wesentlich sei auch der Kooperations- und Koordinierungsgedanke von Public Health. Apotheker könnten sich beispielsweise an kommunalen Gesundheitskonferenzen beteiligen oder in Netzwerken zu Prävention und Gesundheitsförderung oder zur Versorgung bestimmter Bevölkerungsgruppen, etwa in Demenznetzwerken, mitwirken.
»Probleme gemeinsam analysieren und bewerten sowie Maßnahmen koordiniert umsetzen – das sind wesentliche Inhalte lokaler Public-Health-Netzwerke«, sagt Puteanus und ergänzt, dass Offizinapotheker den Vorteil hätten, dass sie »ortsnah, niedrigschwellig, möglichst patientenorientiert, gegebenenfalls mehrsprachig und mit viel Vertrauen in der Bevölkerung unterwegs sind. Sie sind von daher prädestiniert für die Mitarbeit in kommunalen Public-Health-Netzwerken.«
Der VdPP setzt sich dafür ein, dem pharmazeutischen Nachwuchs das Thema Public Health bereits im Studium näherzubringen. »Angehende Apothekerinnen und Apotheker werden im Studium derzeit fast ausschließlich mit naturwissenschaftlichen Inhalten konfrontiert«, bedauert Puteanus. Public-Health-Themen wie Fragen nach der gesundheitlichen Ungleichheit, dem Einfluss von Umwelt, Psychologie und sozialem Status auf die Gesundheit oder der Steuerung von Gesundheitsleistungen dagegen fehlten gänzlich.
»Insofern fehlt Pharmazeutinnen und Pharmazeuten ein ganz wesentlicher Zugang zum Thema Gesundheit – ein Zugang, der Medizinerinnen und Medizinern in Fächern wie Sozialmedizin, medizinischer Psychologie oder Soziologiegewährt wird.«
Um Pharmaziestudierenden aufzuzeigen, in welchen Public-Health-bezogenen Berufsfeldern sie später einmal arbeiten können, hat der VdPP in Kooperation mit dem Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) in den vergangenen zwei Semestern bereits eine Online-Seminarreihe abgehalten. Kommendes Jahr soll es eine Fortsetzung geben.
»Nach der Vorstellung und Diskussion von mehr als 15 pharmazeutischen Berufsfeldern wollen wir kommendes Jahr dem pharmazeutischen Nachwuchs den Zusammenhang zwischen Pharmazie und Public Health nochmals im Grundsatz vorstellen«, erklärt Puteanus. Die Veranstaltung werde am 18. Januar stattfinden – mit den Schwerpunkten Apotheke und Öffentlicher Gesundheitsdienst, verrät Puteanus.
»Wir erhoffen uns dabei einen regen Austausch mit dem pharmazeutischen Nachwuchs. Für 2025 planen wir eine Wiederauflage der Seminarreihe und der Vorstellung unterschiedlicher Berufsfelder – denn bis dahin ist ja bereits eine weitere Generation an Pharmaziestudierenden herangewachsen.«
Auch wer seinen Abschluss bereits in der Tasche hat, kann sich im Bereich Public Health weiterbilden. Puteanus verweist hier etwa auf ein Angebot für Apotheker von der Landesapothekerkammer Bayern.
Wem eine Weiterbildung nicht genug ist, der kann sogar einen Aufbaustudiengang zu Public Health an einer Universität oder Fachhochschule absolvieren – teilweise auch berufsbegleitend. Apotheker und PTA, die zusätzlich einen Masterabschluss in Public Health erworben haben, möchte der VdPP mithilfe eines neuen Netzwerkes erreichen und deren doppelte Expertise zusammenbringen. Näheres hierzu findet sich auf der Webseite des Vereins.