Prophylaktische Gabe von Ivermectin senkt Malaria-Rate |
Theo Dingermann |
30.07.2025 13:00 Uhr |
In Kenia infizieren sich trotz der Verwendung von imprägnierten Mückennetzen noch immer viele Kinder mit Malaria. / © Imago Images/Zuma Press
Malaria stellt nach wie vor eine bedeutende globale Gesundheitsbedrohung dar. Alleine im Jahr 2022 wurden 249 Millionen Malaria-Fälle und mehr als 600.000 Todesfälle registriert. Trotz umfangreicher Einsätze von Mückennetzen, die mit langanhaltenden Insektiziden behandelt sind (LLIN), und Indoor-Spraying stagnieren die Fortschritte im Kampf gegen Malaria. Dazu tragen auch zunehmende Insektizid-Resistenzen und veränderte Stechgewohnheiten der Anopheles-Mücken bei.
Vor diesem Hintergrund entschieden sich Forschende um Professor Dr. Carlos Chaccour vom Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) und wissenschaftlicher Leiter des BOHEMIA-Konsortiums für eine klinische Studie, um den Einsatz von Ivermectin als neuartige Strategie zur Vektorkontrolle bei Malaria zu evaluieren. Der Wirkmechanismus von Ivermectin basiert auf der Reduktion der Überlebenswahrscheinlichkeit von Mücken nach der Blutaufnahme bei behandelten Personen. Im Gegensatz zu konventionellen Insektiziden greift Ivermectin nicht in das Nervensystem der Vektoren über Kontakt ein, sondern wirkt systemisch über das Wirtsblut – was evolutionäre Ausweichstrategien der Mücken deutlich erschwert.
Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt im Fachblatt »New England Journal of Medicine« publiziert. Die offene, clusterrandomisierte, kontrollierte Studie wurde in Kwale in Kenia, einer Region mit hoher Malaria-Endemizität und 85 Prozent LLIN-Abdeckung, durchgeführt. Es wurden 84 Cluster mit 28.932 Bewohnern definiert. Insgesamt bildeten 2871 Kinder im Alter von 5 bis 15 Jahren die Studienkohorte.
Die Kinder erhielten jeweils monatlich über drei Monate 400 µg/kg Körpergewicht Ivermectin (Verumgruppe) oder 400 mg Albendazol (Kontrollgruppe). Primäre Wirksamkeitsendpunkt waren die kumulative Inzidenz von Malaria-Infektionen und das Auftreten unerwünschter Ereignisse (UE) innerhalb von sechs Monaten.
Die Inzidenzrate betrug 2,20 Infektionen pro Kind und Jahr im Ivermectin-Arm versus 2,66 im Albendazol-Arm. Daraus errechnet sich ein aIRR (adjusted Incidence Rate Ratio) von 0,74, was einer Reduktion der Infektionsrate um 26 Prozent entspricht.
Zudem verlängerte sich die Zeit bis zur Erstinfektion unter Ivermectin signifikant (Median 120 versus 93 Tage). Die stärkeren Effekte ergaben sich bei höherer Populationsdichte, größerer Entfernung zur Clustergrenze und besserer sozioökonomischer Ausstattung.
Die Häufigkeit von schweren UE unterschied sich nicht statistisch signifikant zwischen der Verum- und der Kontrollkohorte. Insgesamt war allerdings die Rate an unerwünschten Ereignissen in der Ivermectin-Gruppe größer als in der Kontrollgruppe (6,19 versus 3,75 pro 100 Behandlungen). Die Kinder klagten vor allem über Fieber, Fatigue, Schwindel, Sehstörungen, Kopfschmerzen, Myalgien, Juckreiz und Exanthem.
Die Mehrheit dieser UE waren mild und selbstlimitierend. Kein UE wurden als behandlungsbedingt eingestuft.
Diese Studie liefert robuste Evidenz dafür, dass eine massenhafte Ivermectin-Gabe die Malaria-Übertragung signifikant senken kann – selbst in bereits durch LLIN gut geschützten Regionen. Sie erfüllt damit die WHO-Mindestanforderung von ≥ 20 Prozent Inzidenzreduktion für solche Interventionen.