Preis: Apotheken »fahrlässig vernachlässigt« |
Alexander Müller |
16.09.2025 13:40 Uhr |
ABDA-Präsident Thomas Preis bei der Eröffnung des Deutschen Apothekertags (DAT) 2025 in Düsseldorf. / © PZ/Alois Müller
Im vergangenen Jahr fand der DAT kurz vor dem Ende der Ampel-Koalition statt. Mit dem Regierungswechsel hat sich die Stimmung in den Apotheken leicht verbessert, wie Preis mit Verweis auf den gestern vorgestellten Apothekenklima-Index bemerkte. Bei genauerem Hinsehen und im Vergleich zu den Stimmungswerten vergangener zehn Jahre sei die Stimmung allerdings nicht wirklich besser geworden. »Damals wie heute war und ist die wirtschaftliche Situation unserer Branche und zahlreicher Apotheken dramatisch bis sehr unbefriedigend«, so Preis.
Hoffnung machen aus Preis‘ Sicht allein die Ankündigungen im schwarz-roten Koalitionsvertrag, insbesondere die versprochene Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro. Die Apotheken seien seit zwei Jahrzehnten »fahrlässig vernachlässigt« worden. Die Folge: Das Apothekennetz werde immer dünner. Dabei würden Apotheken als Teil der Daseinsvorsorge angesichts der demografischen Entwicklung immer wichtiger und müssten auch mit Blick auf die Resilienz in Krisensituationen gestärkt werden, so Preis. »Apotheken sind eine tragende Säule unseres Gesundheitssystems.« Dafür müsse die Politik »akzeptable wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Apotheken schaffen – auch und gerade in anspruchsvollen Zeiten«.
An die anwesende Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) gewandt, betonte der ABDA-Präsident, dass es nicht nur um berechtigte wirtschaftliche Forderungen gehe. »Wir wollen auch mehr Verantwortung in unserem Gesundheitswesen übernehmen, um die Menschen in unserem Land noch besser versorgen zu können.« Gemeint ist das Zukunftskonzept, das die ABDA am 9. April beschlossen hat. Gelockerte Abgaberegeln für eine schnellere Versorgung, Angebote in Prävention und Früherkennung sowie eine intensivere Patientenbetreuung zählen zu den konkreten Angeboten der Apothekerschaft.
Von der Politik, Teilen der Ärzteschaft, vielen Krankenkassen sowie Patientenvertretenden werde das Konzept gut aufgenommen, so Preis. Eine Forsa-Umfrage zeige zudem, dass die Ideen auch bei den Bürgerinnen und Bürgern Zustimmung finden. Beim Apothekertag werde das Zukunftskonzept am Mittwoch im Themenforum mit Stakeholdern des Gesundheitswesens diskutiert.
Als andauernde Sorgen im Alltag adressierte Preis in seinem Lagebericht noch die Lieferengpässe und die »laufenden Ausfälle des E-Rezeptes«. Beides gefährde die Versorgung der Patientinnen und Patienten und belaste die Apotheken zusätzlich durch erhebliche Mehrkosten und Umsatzausfälle. Allein das Handling der Lieferengpässe verschlinge jede Woche mehr als 20 Stunden Arbeitszeit in den Apotheken. Und statt einer angemessenen Entschädigung für die Mehrarbeit drohten die Krankenkassen noch mit Retaxationen. Preis wünscht sich von der Ministerin »mehr Beinfreiheit beim Austausch von wirkstoffgleichen Medikamenten«.
Der ABDA-Präsident kritisierte außerdem »das konstant gesetzes- und verordnungswidrige Verhalten« der Versender aus dem Ausland, ein aus seiner Sicht »völlig unakzeptabler Zustand«. Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Rx-Boni Mitte Juli habe sich die Situation verschärft. Und der Staat lasse sich auf der Nase herumtanzen. »Von Länderlisten, über Regeln für den temperaturgesicherten Transport von Arzneimitteln bis zum Boni-Verbot gibt es zahlreiche Regelungen, die offensichtlich immer noch nicht ausreichen, um dem systemzerstörerischen Geschäftsgebaren ausländischer Versandhändler Einhalt zu gebieten«, kritisierte Preis. Wer sich nicht an Recht und Gesetz halte, müsse von der Belieferung der GKV-Versicherten in Deutschland ausgeschlossen werden, ohne wenn und aber, forderte der ABDA-Präsident.
Preis setzt darauf, dass die Regierung den im Koalitionsvertrag vereinbarten Fahrplan umsetzt. Daher warte man jetzt gespannt auf die Ausführungen der Ministerin zu ihrem Apotheken-Reformgesetz.